17 Millionen Spieler oder wie Destiny sich selbst belügt

11.03.2015 - 18:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Wo sind eigentlich die ganzen Spieler?
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Wo sind eigentlich die ganzen Spieler?
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Bungie hat im Rahmen der GDC neue Statistiken veröffentlicht. Demnach würde Destiny mittlerweile 17 Millionen registrierte User verzeichnen. Ich erkläre, warum das rein gar nichts bedeutet.

Ich liebe Destiny . Tatsächlich spiele ich momentan nichts anderes. Ich höre sogar gerade den Soundtrack des Spiels, während ich diese Zeilen schreibe. Das liegt nicht etwa an der tollen Handlung (haha), einer großartigen, lebendigen Spielwelt (pff) oder den vielen Möglichkeiten, mit anderen zu interagieren (hm?), sondern schlicht an dem tadellosen Gameplay.

Bungie vereint in dem Online-Titel all das, was ich rein mechanisch von einem Shooter erwarte und genau das ist es, was mich jeden Tag die PS4 anschalten lässt. Dabei kann ich darüber hinwegsehen, dass mich das Spiel stets an die gleichen Schauplätze schickt, damit ich dort immer das Gleiche mache. Und damit scheine ich nicht alleine zu sein, denn laut neuen Statistiken, die Bungie veröffentlicht hat, verzeichnet Destiny mittlerweile 17 Millionen registrierte User. Das klingt viel, bedeutet allerdings überhaupt nichts.

Die unverhoffte Ehrlichkeit der Trophäen

Das liegt zunächst an der reinen Begrifflichkeit. Was ist ein registrierter Spieler? Wenn ich sie richtig verstehe, muss ein Spieler dazu nicht mehr tun, als einen einzigen Charakter zu erstellen. Das war bereits in der Beta möglich, weswegen ich annehme, dass Bungie für die Statistik auch Charaktere miteinbezieht, die in eben jener Testphase kreiert wurden. Das bedeutet, dass ein registrierter Spieler gar nicht spielen muss, um als solcher zu gelten.

Um diese These zu untermauern, habe ich das Trophäensystem im PSN durchforstet und mir angeschaut, wieviele Spieler welche Inhalte bewältigten. Demnach haben gerade einmal 30,5 Prozent einen exotischen Gegenstand erhalten. Nach eigener Erfahrung sollte es nach Erreichen von Level 20 nur wenige Wochen dauern, bis ein solches Item in das Inventar wandert. Weiter geht es mit PvE-Inhalten: Der erste Strike in Destiny ist ab Stufe 8 verfügbar, trotzdem haben nur circa 63 Prozent aller Spieler die Trophäe für das Absolvieren eines eben solchen auf ihrem Account verzeichnet. Im Falle der Raids, die den Endgame-Content des Titels darstellen, sieht es deutlich magerer aus: Gerade einmal 18,6 Prozent aller Spieler haben einen beendet. Zudem hat nur knapp die Hälfte mindestens 25 Engrams entzaubert. Dabei belohnt Bungie uns fast ständig mit eben solchen Item-Vorlagen.

Was machen alle anderen Spieler, nachdem sie die Maximalstufe erreicht haben? Messen sie sich im PvP-Modus? Falls ja, tun sie das nicht besonders intensiv, denn nur 15,7 Prozent aller Spieler haben die Trophäe für das Maximum an wöchentlichen Crucible-Punkten erhalten. Im Falle der Vanguard-Marken sieht es etwas besser aus: Immerhin 23,8 Prozent haben das Maximum dieser Punkte bereits mindestens ein Mal erreicht. Mir ist bewusst, dass die Abbruchquote bei Videospielen sehr hoch ist, hier geht es jedoch um einen reinen Online-Titel, der seine komplette Motivation aus den Inhalten für die Maximalstufe ziehen sollte. Gerade deshalb ist es so unverständlich, dass Bungie sich trotz der Statistiken mit einer Zahl von 17 Millionen Spielern rühmt.

Destiny und der madige Kern

Bleiben wir bei den Raids. Die Raids sind der Endcontent von Destiny, das Herzstück. Dabei finden sich sechs Spieler in einem Fireteam zusammen, um dann ziemlich viel Zeit in instanzierten Gebieten miteinander zu verbringen. Das Feature an sich ist auch gut gelungen, allein der Raid Vault of Glass ist sehr beeindruckend und vor allem angenehm anspruchsvoll. Je nach Gruppe können dabei gern einmal zwei volle Stunden verstreichen. Bei schlechteren Teams, in denen eine Person noch nicht alle Abläufe kennt, sorgt das natürlich für jede Menge Frust, umso schöner ist es dann jedoch, nach getaner Arbeit dann den wohlverdienten Loot abzugreifen. Warum spielen also so wenige Spieler bis dahin?

Ich mache im Fall von Destiny das nicht existente Matchmaking verantwortlich. Sowohl PvP als auch Strikes (mit Ausnahme der Nightfall-Variante) verfügen über ein System, das mich in eine Warteschlange einreiht, um dann passende Mitspieler zu finden. Das funktioniert auch außerordentlich gut, zumindest meistens. Für Raids existiert so ein System schlicht nicht. Stattdessen werde ich gezwungen, auf Reddit  oder bestimmten Webseiten  nach Gruppen zu suchen. Das ist nicht nur unheimlich umständlich, sondern auch irgendwie unangenehm, denn so landen ständig neue Leute in meiner PSN-Freundesliste, die ich da eigentlich nicht haben möchte. Das Adden ist nötig, damit ich mit meinen Mitstreitern den Party-Voicechat der PlayStation benutzen kann, denn der Fireteam Chat innerhalb Destinys ist ein großer Haufen Mist.

Angenommen, ich habe ein Team gefunden, ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich darin mindestens ein Elfjähriger befindet, der permanent singt, sehr hoch. Das hat zur Folge, dass ich regelmäßig nur mit drei der sechs Spieler reden kann, denn den Rest musste ich stumm schalten. Hinzu kommt dann noch, dass gefühlte 70 Prozent aller Gamer dieser Welt offenbar ein selbst gebautes Headset besitzen, das bei Leerlauf piept, knarzt oder anderweitig meine Nerven auf die Probe stellt.

Die Ignoranz der Selbstzufriedenheit

Bungie scheint das wenig zu interessieren: Bislang erklärte das Studio  mehrfach, dass es keine Absichten gibt, ein Matchmaking für Raids einzuführen. Der Gedanke, sich wirklich eine Gruppe suchen zu müssen, sei etwas, das der Entwickler auf jeden Fall forcieren will. Damit soll wohl angeblich der soziale Aspekt gestärkt werden. Außerdem sei die Community für so etwas sehr offen. Aber warum soll die Community auf externe Websiten zugreifen? Warum gibt es kein vernünftiges Gruppen-Tool im Spiel oder wenigstens auf der Website von Bungie? Im Jahr 2015 wirkt das eher wie Faulheit oder Desinteresse an aktuellen Trends.

Viele Spieler springen schon ab, bevor sie überhaupt die Maximalstufe erreicht haben – das liegt schlicht an den großen anderen Problemen, die das Spiel hat – und diejenigen, die es bis Level 20 schaffen, werden dann auch noch mit einem so uninspirierten Design bestraft.

Wenn der Endcontent von Destiny etwas zugänglicher wäre, würde vielleicht ein größerer Teil der 17 Millionen Spieler auch wirklich aktiv spielen. So ist diese Statistik nur bloße Augenwischerei, die darüber hinwegtäuscht, dass der Titel seinen Ansprüchen, ein sozialer Shared World-Shooter zu sein, einfach nicht gerecht werden kann. Da ist es umso trauriger, dass dieser Zustand bereits durch kleine Änderungen verbessert werden könnte. Aber Bungie will offenbar nicht und die Community nimmt es hin.

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