Die Wiedergeburt des Horrors – Teil 2

28.08.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Wird Until Dawn die neue Horror-Hoffnung?
Sony
Wird Until Dawn die neue Horror-Hoffnung?
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Der Horror ist tot, lang lebe der Horror! Nicht nur bekannte Franchises und Reboots bringen ihn zurück in unsere Mitte, auch erst vor Kurzem angekündigte Spiele-Marken verhelfen ihm zu neuem Leben.

Totgesagte leben bekanntlich länger. Das scheint nicht nur auf Menschen, sondern auch auf Genres zuzutreffen. Obwohl viele den Horror in AAA-Spielen abgeschrieben haben, weil er sich angeblich nicht verkauft, zeigen die Neuankündigungen der letzten Monate, dass das nicht stimmt.

Darauf deuten nicht nur neue Teile bekannter Horror-Franchises und Reboots hin, über die ich letzte Woche geschrieben habe, sondern vor allem völlig neue Marken ohne Horror-Historie, die euch nun das Fürchten lehren wollen.

Das Böse in uns

Unter der Schirmherrschaft von Shinji Mikami arbeitet Tango Gameworks an dem Survival Horror-Titel The Evil Within, mit dem der Resident Evil-Vater dem Action-Fokus seiner Zombie-Reihe den Rücken kehren möchte. Stattdessen scheint er sich in perfiden, Sadismus-vernarrten Splatter-Streifen wie Saw Inspiration gesucht zu haben, um Spieler in eine psychotische Zwischenwelt voller Wahnsinn und Dämonen zu entführen.

Obwohl Mikami den Horror-Fokus betont, scheint er sich nicht ganz von der Action lösen zu können, wie erste Blicke auf The Evil Within zeigen. Die bedrohliche Atmosphäre, die in jedes Polygon des Survival-Titels gedrungen zu sein scheint, gibt aber Grund zur Hoffnung, dass der Schwerpunkt nicht auf Action allein liegen wird. Momentan erinnert The Evil Within ein wenig an eine Kreuzung aus dem Psychiatrie-Horror unzähliger Indie-Titel, späteren Saw-Teilen und Resident Evil 4. Wie diese Mischung zusammenpasst und was sich noch im Mix befindet, werden wir im Oktober erfahren.

Das Böse in der Nacht

“Vergesst alles, was ihr über Until Dawn wisst”, riet Supermassive Games Executive Producer Pete Samuels zu Beginn der Präsentation und ich glaube, jeder im Raum kam dem nur zu gerne nach. Die Begeisterung hielt sich in Grenzen als auf der gamescom 2012 der auf Bewegungssteuerung getrimmte Teenie-Horror für PS3 angekündigt wurde und niemand trauerte groß, als das Spiel für zwei Jahre von der Bildfläche verschwand.

Die Pause vom öffentlichen Licht hat Until Dawn merklich gut getan, denn das, was hinter verschlossenen Türen auf der gamescom gezeigt wurde, könnte den nun PS4-exklusiven Titel zur Horror-Hoffnung 2015 machen.

Das liegt weniger an der Klischee-Prämisse von ein paar jungen Leuten, die in einem so abgeschiedenen wie verlassenen Hotel in verschneiten Bergen Erholung suchen und den Schrecken finden, sondern vielmehr an der Art, wie Until Dawn sich in diesem Rahmen entfaltet. Ganz im Sinne des Schmetterlingseffekts hat alles, was ihr im Spiel tut, Konsequenzen und verändert den Verlauf der Handlung. Kleinigkeiten, wie ein optionales Objekt untersuchen oder den falschen Ton in einer Konversation treffen, sollen große Auswirkungen haben, die im Tod eines Charakters enden können. Jeder der acht spielbaren Hauptcharaktere kann in Until Dawn sterben und wen das Zeitliche segnet, der bleibt auch tot. Ähnlich wie in Heavy Rain gibt es keine zweiten Chancen, ihr müsst mit euren Entscheidungen leben. So ergeben sich nicht nur tausende kleine und große Handlungs-Variationen, jeder Moment bekommt durch seine Finalität etwas bedeutsames.

Horror, Terror und Ekel sind die drei Formen des Grusels, auf die sich Supermassive Games konzentrieren will. Den Terror einer unsichtbaren Gefahr. Den Horror, wenn ihr mit dieser Gefahr konfrontiert werdet. Den Ekel, wenn das Geräusch, wie Fleisch zerschnitten wird, aus euren Lautsprechern dringt.

Die Inspiration bei neuen und alten Horror-Klassikern wird schnell deutlich und die Entwickler machen keinen Hehl daraus, sich Medien-übergreifend ordentlich an allem zwischen Psycho und Saw bedient zu haben, wobei die Konzentration auf dem aktuellen Zeitgeist liegen soll. Das lässt sich nicht nur an den vielen kleinen Hinweisen erkennen, sondern auch an der cineastischen Ästhetik und Atmosphäre, die das Spiel aufgreift und die sich vor allem in der Lichtstimmung wiederzufinden scheint.

Während die atmosphärische Nähe zum Film Until Dawn im ersten Moment gut zu tun scheint, hat der kurze Einblick, den ich bekommen konnte, noch nicht gezeigt, ob sich das auch über die Handlung sagen lässt. Inspiration und Klischee liegen sehr nah bei einander und Until Dawn könnte Gefahr laufen, die Balance kippen zu lassen und ins Lächerliche abzudriften. Das ist bei Horror zwar sehr häufig der Fall, dank der offensichtlichen Inspiration und bizarren Dialogen (“Hashtag there is a freaking ghost after us!”; "Suck an egg!") ist sie allerdings noch etwas präsenter als sonst.

Horror im Mainstream

Sowohl der Quick Time Event-Minimalismus des Gameplays als auch die Schmetterlingseffekt-artige Aufspaltung der Handlungsstränge erinnern sehr an Spiele wie Beyond: Two Souls. Until Dawn wirkt daher ein wenig, als hätte sich Quantic Dream dazu entschlossen, ein Horrorspiel zu entwickeln. Ob das nun gut oder schlecht ist, hängt von der Gesamtkomposition ab, allerdings steht die Chance so besonders gut, dass Action aufgrund reduzierter Mechanik eine eher untergeordnete Rolle spielt.

Zudem ist es ein großer Schritt für den Horror in ein Mainstream – sowohl im Bezug auf Gaming als auch darüber hinaus. Aufgrund der spielerisch leichten Zugänglichkeit, involvierten Schauspielern wie Hayden Panettiere und Brett Dalton und seinem Genre wirkt Until Dawn wie ein Spiel, das vor allem für Fans von Horrorfilmen gemacht wurde – egal, ob sie jemals einen Controller in der Hand gehalten haben oder nicht. Genre und Stimmung sollten aber verhindern, dass der Titel dabei Casual wird und die narrative Vielfalt könnte erfahrenen Spielern einen Anreiz geben, selbst wenn das Gameplay das nicht tun sollte.

Die Mischung aus Einsteigerfreundlichkeit, Core-Thematik und dem spielerischen Schmetterlingseffekt bietet interessante Möglichkeiten, die es so in Horror-Spielen noch nicht gab. Obwohl Until Dawn thematisch sehr klassisch, um nicht zu sagen kitschig, wirkt, eröffnet der ungewöhnliche Ansatz neue Möglichkeiten für die Zukunft.

Dass gleich an zwei neuen und noch dazu großen Horror-Marken gearbeitet wird, ist für Grusel-Fans in jedem Fall ein gutes Zeichen. Ob sie es letztendlich schaffen, das komatöse Genre zurück in den Mainstream zu bringen, bleibt abzuwarten. Sollten sich die AAA-Experimente bewahren, dürfen sich Horror-Anhänger in Zukunft sicherlich über weitere Titel dieser Art freuen. Und zur Not bleiben uns ja immer noch Indies.

Was haltet ihr von den Horror-Neuankündigungen? Freut ihr euch auf Until Dawn und The Evil Within?

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