American Gods: Endlich gibt's einen ordentlichen Kick in die richtige Richtung

26.03.2019 - 10:30 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
American GodsStarz
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In der neuen Folge von American Gods treffen wir alte Bekannte, alte Feinde mit neuen Gesichtern und neue Freunde. Die bringen sowohl Kriegs- als auch Serienhandlung so richtig ins Rollen.

Letzte Woche wurden die zerrissenen, in ihrer Identität verwirrten Überreste des alten American Gods langsam zu einer funktionierenden Einheit. In Episode 3 gewinnt das neue American Gods an Selbstbewusstsein, was sich offenbar auch in der vorzeitigen Verlängerung der Serie niederschlug. Staffel 2 steht also endlich auf eigenen Beinen, sagt sich endgültig von seiner Vergangenheit los und marschiert in Richtung Zukunft.

Dabei festigt sich der Eindruck einer abgespeckten Ästhetik, Allegorien und Metaphern sind nun noch weniger subtil als zuvor. Die Handlung macht dafür weiter Fortschritte, ebenso die Persönlichkeit unserer Charaktere, allen voran Mr. Wednesday alias Odin.

Mr. Wednesday und Shadow

Odin gibt von Anfang an den Ton an

Episode 3 trägt den klangvollen, kompakten Titel Muninn, den Namen eines von Odins Raben. Munin steht für Erinnerungen und Geist und natürlich Überwachung, ist er doch ein Kundschafter des nordischen Göttervaters. Dementsprechend wacht Odin über die gesamte Folge. Und das ist in jeder Hinsicht sehenswert.

Allein die ersten drei Minuten reichen, um Odins Macht eindrucksvoll zu demonstrieren. Noch letzte Folge glaubten wir, Odin wolle Black Betty einem anfahrenden Güterzug opfern. Doch nun zeigt sich: Der Güterzug war das Opfer. Der ganze Zug.

Betty ist die motorisierte Reinkarnation von Odins Streitross Sleipnir und trotz der Geschwindigkeit, Masse und Zerstörungskraft des Zuges zerschellen Lok und Waggons an Bettys Karosse. Sie badet spektakulär in Flammen und erlangt neue Kraft. Mit ihr erstarkt auch Odin. Der Krieg kann kommen.

Odin konferiert mit Munin

Alte Bekannte, neue Gespanne und die Suche nach Argos

Durch das Zugopfer werden Sweeney (Pablo Schreiber) und Laura (Emily Browning) mit Odin wiedervereint. Da Laura bei der Aktion ein wenig zerstückelt wurde und geflickt werden muss, kehren wir endlich zurück zu Mr. Ibis (komplett inklusive Märchenstunde). Hier dreht sich die Dynamik der bisherigen Gespanne.

Laura lässt ihren liebsten Streitpartner Sweeney für Odin stehen. Denn der verspricht ihr einen Weg, ihren verfallenden Körper zu retten. Der allsehende Argos (der zuletzt Mr. World mit seinen allsehenden Augen half) ist angeblich die Lösung.

Endlich wieder dabei: Mr. Ibis

Dass Odin wieder einmal eigene Ziele verfolgt und Laura nur ködert, ist klar. Und doch hält Ian McShanes Allvater in dieser Folge die Fäden so fest und entschlossen in der Hand, dass wir und Laura ihm folgen wollen. McShane überstrahlt in dieser Folge alle. Fort ist das gewollt Schrullige aus Folge 1. Stattdessen sind er und sein Charakter im Aufwind, mystisch, dominant und bedrohlich.

Zur selben Zeit muss sich Technical Boy (Bruce Langley) ebenfalls mit Argos anlegen. Dabei steht ihm die endlich aufgetauchte New Media (Kahyun Kim) zur Seite. Die beiden geben wie Laura und Sweeney ein bizarres Paar ab, in dem beide gern dem anderen den Kopf abreißen würden und sich die Schauspieler so richtig schön aneinander messen können. Der Verlust Gillian Andersons ist schnell vergessen.

New Media

Shadow auf dem Weg zu seinem Schicksal

Shadow bleibt nach dem Zugunglück zurück. Odin will, dass er seinen Weg und seine Rolle in diesem Krieg selbst findet. Odin glaubt an Shadow. Laura glaubt an Shadow. Vielleicht können wir es ja auch.

Shadow ist in dieser Folge nicht viel zu sehen, doch jede Sekunde seiner Zeit ist wichtig und gehaltvoll. Auf seinem Weg nach Cairo hat Shadow nämlich eine Schlüsselbegegnung: Sam Black Crow. Sam (Kawennáhere Devery Jacobs) ist ein gut getroffenes, moderneres Abbild ihres Buchgegenstücks und ein Charakter, den ihr im Auge behalten solltet.

Sam und Shadow

Sam ist wie Shadow ein Kind mehrerer Welten. Ein Freund, ein Begleiter und zugleich ein Motivator. Endlich ein menschlicher Gegenpart, um Shadow abseits der vereinnahmenden Götter zum Lächeln und in Verlegenheit zu bringen. Plötzlich glimmt da ein Funke Magie in seinen Augen auf. Ein eifriger Schwarm Glühwürmchen untermalt diese Wandlung.

Die Gewinner der neuen Folge von American Gods

Odin: Ian McShane aalt sich in seiner bissig-manipulativen Göttlichkeit und gibt seinem Charakter und der Handlung einen ordentlichen Kick.

Shadow: Scheint endlich hinter seiner Fassade hervorzukriechen und für uns Zuschauer nahbarer zu werden. Zudem schlägt er den Weg seiner Vorlage ein.

Shadow macht endlich Fortschritte

Laura: Geht zwar neben dem großartigen Odin ein wenig unter, macht das jedoch durch einen erschütternden Erkenntnismoment wieder wett.

Die Neuankömmlinge: New Media funktioniert als ekelerregend zuckersüßes, Emojis spuckendes Social Media-Gurugirl erstaunlich perfekt und ist dazu die Personifikation von "Kill 'em with Kindness". Sam ist eine liebenswert aneckende Seele von einem Charakter.

Der Humor: Da Sweeney weiterhin auf seiner eigenen Lösung für Lauras Haltbarkeitsproblem beharrt, macht er sich auf den Weg zum Baron von New Orleans. Was folgt sind einige urkomische, bitterböse Pechunfälle des münzlosen Leprechaun, die in einer Begegnung mit einer erzchristlichen Rockband gipfeln.

Sweeney hat Pech

Die Einheit Stil-Substanz: Visuell verabschieden wir uns endgültig von Bryan Fullers prägnantem, visionären Stil der 1. Staffel, doch was bleibt, ist nach wie vor schön. Und vor allem solide genug, um die gewichtigere Handlung zu tragen.

Die Verlierer der neuen Folge von American Gods:

Der soziale Kommentar: Was vorher angedeutet und hübsch verpackt wurde, wird nun wie bereits festgestellt eher eingehämmert. Dabei scheitert diesmal leider auch die Handhabung sensiblerer Themen. Besonders die Thematisierung von Sams indianischer Herkunft ist zu holprig, um zu funktionieren.

Salim und der Dschinn: Erreichen ihr Ziel anscheinend mühelos, womit eine potentiell spannende Storyline erstaunlich schnell ein Ende findet. Zudem schwankt der immer großmäuliger werdende Easy-Rider-Dschinn gefährlich zwischen cool und unerträglich.

Dschinn und Salim: Der momentan vielleicht schwächste Teil von American Gods

New Media: Wird ebenfalls zum Opfer der verlorenen Ästhetik und Subtilität. Eine Sexszene, die in Fullers Welt vielleicht noch funktioniert hätte, ruft diesmal eher Kopfschütteln hervor.

Mr. World: Wirkt in dieser Folge erstaunlich handzahm.

Göttliches und Gottloses am Rande

  • "The quickest way for Shadow to get where he's going is sometimes ... the longest."
  • Techboy über New Media: "How the F*** is that an Upgrade?" Gute Frage, Tech. Gute Frage.
  • Jede augenrollende Grimasse von Pablo Schreiber würde ein großartiges T-Shirt-Motiv abgeben.
  • Neben Mr. Ibis (Thot) und Mr. Jacquel (Anubis) residiert noch eine ägyptische Gottheit im Bestattungsinstitut. Wer hat sie entdeckt?

Alle Recaps zur 2. Staffel von American Gods

Die neuen Folgen der 2. Staffel von American Gods erscheinen hierzulande immer montags auf Amazon Prime.

Was sagt ihr zu den jüngsten Entwicklungen in American Gods?

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