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Anime-Serien im Kino – Mein Abend im Überwachungsstaat

03.05.2016 - 13:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Akane und ihr Dominator in Psycho-PassFuji TV, KAZÉ
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Aus dem Ghul-verseuchten Tokio der Gegenwart geht es bei Psycho-Pass: The Movie nun in die Zukunft des 22. Jahrhunderts: Willkommen im Tokio des Jahres 2116 und in einem Leben unter den wachsamen Augen des omnipräsenten Sibyl-Systems.

Am 23. Februar startete KAZÉs Anime-Night mit den ersten drei Folgen von Tokyo Ghoul √A. Vergangenen Dienstag folgte mit Psycho-Pass: The Movie der zweite Teil dieser Reihe und entführte mich und einen Freund 100 Jahre in eine düstere Zukunft.

Anders als Tokyo Ghoul basiert Psycho-Pass auf keiner Manga-Vorlage, sondern auf einer Idee des Produktionsstudios Production I.G., die sich von Klassikern wie Ghost in the Shell oder Blade Runner für ihr Werk inspirieren ließen. 2012 startete die erste Staffel des Anime in Japan und konnte beachtliche Erfolge erzielen. Der Anime umfasst mittlerweile 22 Episoden und führte zu weiteren Projekten, die das Universum ausbauen sollten. Dazu zählen bis heute diverse Videospiele, Romane, Manga und ebenso besagter Film, der vergangenes Jahr in Japan seine Premiere feierte. Psycho-Pass gehört somit zu den erfolgreichsten Produktionen der letzten Jahre und konnte weltweit schnell eine große Fan-Gemeinde um sich versammeln.


Worum geht es in Psycho-Pass?

Das Psycho-Pass-Logo

Im Japan des 22. Jahrhunderts bestimmt das Sibyl-System das Leben der Menschen. Dieses als unfehlbar geltende System analysiert und überwacht permanent die Bevölkerung und protokolliert dabei jede noch so kleine Regung. So schreibt das System den Menschen ihre ideale Beschäftigung zu, vermittelt sie an optimale Partner oder untersucht den psychischen Zustand eines jeden Individuums. Durch letzteres wird jeder Bürger auf sein kriminelles Potenzial hin untersucht. Sollte der Wert dieses Potenzials einen bestimmten Punkt überschreiten, so gilt man für das System als latenter Verbrecher, der von der Exekutive des Systems verfolgt wird. Inspektoren und sogenannte Vollstrecker, Ermittler, die vom System ebenfalls als latente Verbrecher eingestuft wurden, sollen die Verdächtigen aufspüren und, abhängig von der Farbe des Psycho-Pass dieser Person, für eine Resozialisierung festnehmen oder umgehend exekutieren. Im Zentrum der Geschichte steht dabei Akane Tsunemori, die gerade erst als frischgebackene Inspektorin ihren Dienst bei der Polizei angetreten hat. Zusammen mit einer Gruppe ihr unterstellter Vollstrecker muss Akane fortan Mordfälle aufklären und Verbrechern hinterherjagen, während sie allmählich feststellen muss, dass Sibyl nicht so perfekt ist, wie es den Anschein hat. Denn das System scheint Schwachstellen aufzuweisen, die manche Leute gezielt für Verbrechen ausnutzen.

Psycho-Pass konnte mich bereits als Serie aus mehreren Gründen begeistern. Einmal wegen der detailliert gezeichneten düsteren Dystopie, die eine große Faszination auf mich ausübte. Scheinbar jeder Mensch unterwarf sich dem Sibyl-System und lässt sich von diesem sein gesamtes Leben diktieren, im Austausch für eine scheinbare universelle Sicherheit. Andererseits stellen nicht nur Akane und ihr Team fest, dass dieses System durchaus seine Makel hat, was zu einem interessanten Gegensatz führt: Als Inspektorin ist es ihre Aufgabe und Pflicht alles daran zu setzen, um sicherzustellen, dass Sibyl auch weiterhin das Leben eines jeden Bewohners kontrollieren kann, doch gleichzeitig muss sie feststellen, dass der für diese illusorische Sicherheit gezahlte Preis womöglich doch zu hoch war. Dieses anfängliche Trugbild eines scheinbar perfekt funktionierenden Systems beginnt somit immer stärker zu bröckeln, während man sich als Zuschauer fragt, wie es überhaupt soweit kommen konnte. Daraus ergeben sich viele philosophische Fragen, etwa wie viel dem Menschen die Sicherheit wert ist und wie viel er dafür zu opfern bereit ist, um diese zu erhalten. Doch auch Animationen und Soundtrack wussten über die 22 Episoden durchweg zu gefallen, wobei mir gerade das erste Opening Abnormalize von Ling Tosite Sigure besonders gut in Erinnerung geblieben ist. Die für die hiesige Fassung gewählten Sprecher konnten überzeugen und waren stets passend zur jeweiligen Figur gewählt. Wenn man jedoch bedenkt, dass mit Gen Urobuchi ein Autor dabei ist, der besonders mit Puella Magi Madoka Magica sein Talent für die spannende wie überraschende Dekonstruktion eines Genres bewiesen hat, konnte ich mich des Gefühls zeitweise nicht erwehren, etwas des zweifelsohne vorhandenen Potenzials wäre, besonders in der zweiten Staffel, auf der Strecke geblieben.


Mein Abend mit Psycho-Pass: The Movie

Das offizielle Kinoplakat

Wie schon zuletzt Tokyo Ghoul √A habe ich mir auch Psycho-Pass: The Movie gemeinsam mit einem guten Freund im CinemaxX Bremen angesehen. Das Kino-Personal war wie immer sehr freundlich und der Saal schön sauber. Die Stimmung war ebenfalls sehr gut, weshalb alles für einen angenehmen Kinoabend sprach. Langsam scheint sich hier ein Trend abzuzeichnen, denn wieder verirrte sich kein Eisverkäufer zu uns in den Saal, obwohl ich das ehrlich gesagt als gar nicht mal so schlimm empfand. Anders als bei Tokyo Ghoul √A ging es, nach einem Trailer zu eben diesem Anime, direkt mit dem Film los. Wirklich ungewohnt, doch selbstverständlich sehr willkommen, da man sonst meist erst 20 Minuten oder länger eine Flut an Werbespots und Film-Trailern über sich ergehen lassen muss, ehe der Film endlich startet.

Dann startete, wie gesagt, auch schon der Film. Die Handlung von Psycho-Pass: The Movie setzt vier Jahre nach der ersten Staffel an und zeigt zu Beginn eine kleine Gruppe, die, wie sich wenig später herausstellen sollte, ein Attentat auf das Sibyl-System plant. Als die Täter gerade ein nichtregistriertes Fahrzeug von einem zwielichtigen Händler erwerben wollen, greifen Akane und ihr Team an. Eine wilde Schießerei beginnt, die, aufgrund ihres verfärbten Psycho-Pass, kaum einer der Attentäter überlebt. Lediglich einer von ihnen kann festgenommen werden, da er nach einem Autounfall überwältigt wurde. Kurze Zeit später erfährt Akane, dass die Täter nicht aus Japan, sondern der SEAU (South East Asia Union) stammen. Dies ist das erste Land, in welches das Sibyl-System importiert wurde, um das vom Bürgerkrieg gebeutelte Gebiet zu stabilisieren. Als Akane schließlich erfährt, dass die Rebellen der SEAU von einem ehemaligen Mitglied ihres Teams, Shinya Kogami, im Kampf gegen das Sibyl-System unterstützt werden, bricht sie auf, um zu erfahren, was es damit wirklich auf sich hat.

Der Film weiß über seine gesamte Laufzeit von knapp zwei Stunden durchgehend zu unterhalten und besticht dabei mit denselben Qualitäten, welche bereits die Serie auszeichneten. Die Animationen bewegen sich erneut auf einem äußerst hohen Niveau und wissen besonders in den exzellent choreographierten Nahkämpfen zu begeistern. Bei jedem ausgeteilten und eingesteckten Schlag spürt man förmlich die Wucht, die dahintersteckt, was diese Szenen äußerst intensiv macht.

Wie schon in der Serie werden auch im Film erneut philosophische Fragen thematisiert, die für diesen Film eine noch düsterere Dystopie etablieren, als man sie aus dem Anime-Tokio gewohnt ist. In der SEAU liegt inmitten des Kriegsgebiets eine scheinbar sichere Zuflucht: Shambala. In dieser vom Militär kontrollierten sicheren Zone dürfen jene leben, deren Psycho-Pass unterhalb des kritischen Wertes liegt. Doch auch Leute, die vom System als latente Verbrecher eingestuft werden, dürfen in diesem vermeintlichen Utopia leben, allerdings mit Einschränkungen. Für jedermann ersichtlich müssen diese Personen ein Halsband tragen, welches permanent ihre psychische Verfassung überwacht. Sollte der zulässige Grenzwert überschritten werden, bekommt der Träger ein tödliches Gift injiziert. Somit entwickelte sich schnell eine Zweiklassen-Gesellschaft, in der latente Verbrecher als Sklaven arbeiten müssen, wenn sie denn überhaupt eine Anstellung finden sollten. Dieses neue System und vor allem die Selbstverständlichkeit, mit der viele Bewohner Shambalas auf dieses reagieren ist verstörend und faszinierend zugleich.

Wirklich negativ aufgefallen sind mir indes eher Kleinigkeiten. Die Animationen, sowie die detailreich gezeichnete Welt sind große Pluspunkte des Films, doch mit diesen schönen Zeichnungen beißt sich in meinen Augen der überdosierte Gebrauch von CGI. Seien es manche Hintergründe, Fahrzeuge oder Drohnen, diese übermäßige Nutzung computergenerierter Objekte stört leider das ansonsten sehr harmonisch wirkende Gesamtbild. Auch die Szenen, in denen manche Figuren (besonders Bewohner der SEAU) Englisch sprechen, wirkten befremdlich, da es sehr emotionslos und unmotiviert klang. Da ich den Film nicht im japanischen Original gesehen habe, kann ich natürlich nicht beurteilen, ob dies beabsichtigt war, doch so hörte es sich leider, nicht nur für mich, nicht sonderlich gut an. Ansonsten leisteten die aus der Serie gewohnten Sprecher hingegen erneut gute Arbeit und vermochten es, die Emotionen ihres jeweiligen Charakters gut zu vermitteln. Auch der Soundtrack wusste zu überzeugen und unterstützte die Geschichte durch eine Mischung aus bekannten und neuen Musikstücken. Wer bis ganz zum Schluss sitzen blieb, wurde außerdem noch mit einer zusätzlichen Sequenz belohnt, die Raum für einen potenziellen Nachfolger offen lässt.

Somit ging dann auch dieser schöne Kinoabend zu Ende und im Juni geht es dann bereits weiter mit Kiseiju – Parasyte – Part 1 :)


Hier die eingangs erwähnten Titel in der Übersicht :

  • 23. Februar: Tokyo Ghoul √A (Ep. 1-3)
  • 26. April: Psycho-Pass – The Movie
  • 28. Juni: Kiseiju – Parasyte – Part 1 (Realfilm)
  • 26. Juli: Sommer-Sneak-Preview (so heiß, dass wir’s noch nicht verraten dürfen … aber direkt aus dem japanischen Kino auf unsere Leinwände)
  • 27. September: Attack on Titan – Part 1 (Realfilm)
  • 29. November: Project Itoh – Empire of Corpses

Das war also mein Abend im Überwachungsstaat. Was haltet ihr von Psycho-Pass und wollte ihr euch den Film ansehen?

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