Arte zeigt Martin Scorseses Traumwelten in Kundun

02.08.2015 - 09:50 Uhr
KundunArthaus
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Heute Abend zeigt arte einen der untypischsten Einträge in der langen Filmografie des Martin Scorsese. In Kundun zeichnet er in Traumbildern das Leben des 14. Dalai Lama nach.

Kundun ist in gewisser Weise die Antithese von Die letzte Versuchung Christi. Präsentiert letzterer einen zutiefst vermenschlichenden seelischen Kampf mit der eigenen Bestimmung, bewegt sich Kundun in einer entfremdenden Distanz. Auch deswegen wird Kundun heute notorisch ignoriert, wann immer das Werk von Regisseur Martin Scorsese aufgerollt wird. Arte zeigt das biografische Traumbild über den 14. Dalai Lama heute 22:30 Uhr.

1937 steigt das Drehbuch von Melissa Mathison (E.T. - Der Außerirdische) ein, als eine Gruppe von buddhistischen Geistlichen in Tibet nahe der Grenze zu China die geistliche Manifestation ihres religiösen Führers ausfindig machen. Ein kleiner Junge aus einfachen Verhältnissen wird als 14. Dalai Lama erkannt, muss seine Familie verlassen und fortan ein Leben als religiöses wie politisches Oberhaupt seines Landes führen. Als die kommunistische Volksrepublik China Anspruch auf Tibet erhebt, gerät das Leben des Dalai Lama selbst in Gefahr.

Anders als etwa der im selben Jahr erschienene Sieben Jahre in Tibet verzichtet Mathisons Drehbuch auf einen Außenseiter zur Erkundung der tibetanischen Kultur und ihrer religiösen Eigenheiten. Das bewahrt Kundun einerseits vor exotistischen Erzählklischees, sorgt aber auch für eine Distanz, die den Status des Films (oder Mangel desselben) im Werk Scorseses begründet. Der Dalai Lama wird in Kundun dezidiert als Heiliger betrachtet, für den das Ringen mit der religiösen Berufung nie zur Wahl stand. Die episodische Erzählweise, die politische Entwicklungen abgesehen von einem Treffen mit Mao höchstpersönlich nur andeutet, tut ihr übriges, um Kundun die Leidenschaft so mancher Heldenreise aus Scorsese-Filmen zu entziehen. Nichtsdestotrotz (be)lohnt Kundun das Einschalten. Begleitet von Philip Glass' Score entführt uns Kameramann Roger Deakins in die Traum- und Symbolwelt einer Hauptfigur, in deren Umgebung sich das profane und übernatürliche ganz selbstverständlich kreuzen. Kundun ist bei aller Kritik eines: atemberaubend schön anzusehen.

Heute im TV: Kundun (1997)
Wann: 22:30 Uhr
Wo: arte

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