Wenn nächste Woche zum Auftakt der Berlinale 2016 wieder der rote Teppich ausgerollt wird und die Stars im Ruhmesglanz der Blitzlichter erstrahlen, flirren unsere rasenden Reporter mit schlaflosen Augen durch das Geschehen, um euch vom Festival an der Spree zu berichten. Um bei diesem ganzen Trubel zwischen dem 11. und 21. Februar nicht schon im Vorfeld die Übersicht zu verlieren, stellen wir euch jetzt die vielversprechendsten Anwärter vor, die dieses Jahr am 66. Wettbewerb des wichtigsten Filmereignisses in deutschen Landen teilnehmen. Ebenso haben wir ein Auge auf besonders spannende Debütanten und weitere Wild Cards geworfen. Auf ins Gewirr!
Aller guten Dinge sind drei, wusst' schon Reinhard Mey
Mit Hail, Caesar! werden die Internationalen Filmfestspiele Berlin 2016 bereits zum dritten Mal mit einem Film von Joel und Ethan Coen eröffnet. Davor leitete das Geschwisterpaar 1998 mit der Stonerkomödie The Big Lebowski und 2011 mit dem Western-Remake True Grit den Berlinale-Wettbewerb ein. Zudem wird mit Spike Lees satirischem Hip-Hop-Musical Chi-Raq ein weiterer hochkarätig besetzter Film außerhalb der Konkurrenz gezeigt. Das mit zahlreichen Stars aufwartende Gangster-Epos thematisiert die Waffengewalt in den USA mit Rückgriff auf die antike Komödie Lysistrata des Aristophanes, in der Sexentzug zum weiblichen Widerstand gegen die gewalttätige Männerwelt wird. Der Filmtitel leitet sich aus den Worten "Chicago" und "Iraq" ab. Damit soll auf den Umstand aufmerksam gemacht werden, dass in Chicago seit 2000 mehr Menschen durch Waffengewalt ums Leben kamen, als es amerikanische Todesopfer im Irak und in Afghanistan zu beklagen gab. In den Staaten löste der Film mit Wesley Snipes, Angela Bassett, John Cusack und Samuel L. Jackson zum Kinostart eine Debatte aus. Spike Lee wurde vorgeworfen, die Bandenkriminalität in Chicago mit seiner sexuell aufgeladenen Komödie trivialisiert zu haben. Ob Chi-Raq auch hierzulande auf die große Leinwand kommt, steht noch nicht fest.
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Der dritte US-amerikanische Spielfilm, der auch als einziger in der Konkurrenz antritt, ist der Science-Fiction-Thriller Midnight Special von Jeff Nichols. Trotz seiner noch relativ kurzen Filmographie zählt der 37 Jahre junge Nichols in den Staaten bereits jetzt zum filmischen Establishment. In bisher all seinen Filmen, deren Drehbücher er ebenfalls stets selbst schreibt, wirkt sein Stammschauspieler Michael Shannon mit, so auch in Midnight Special, wo er einen besorgten Vater mimt, der seinen übernatürlich veranlagten Sohn vor dem FBI beschützen muss. In weiteren Rollen sind der Star Wars 7-Star Adam Driver sowie Kirsten Dunst, Joel Edgerton und der Newcomer Jaeden Lieberher zu sehen. Der deutsche Kinostart von Midnight Special ist der 18. Februar.
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Du musst es dreimal wagen, hörte man Mephisto sagen
Sowohl der französische Drehbuchautor und Regisseur André Téchiné als auch der aus dem Iran stammende Rafi Pitts sind dieses Jahr schon zum dritten Mal mit einem Wettbewerbsbeitrag vertreten. Nicht allein deshalb gelten beide als große Favoriten bei der diesjährigen Bärenjagd. Téchiné, der zuvor 2005 mit Changing Times und 2007 mit Die Zeugen angetreten war, stellt dieses Mal mit Being 17 einen Film um zwei ungleiche Jugendliche vor, die eine tiefe Feindschaft füreinander empfinden.
Rafi Pitts, der im Ausland studierte und mittlerweile in London lebt, blieb seinem Heimatland stets verbunden und kehrte für viele seiner Regiearbeiten in den Iran zurück, weshalb er zu den renommiertesten Vertretern des aktuellen iranischen Kinos zählt. Der bereits mit zahlreichen internationalen Festivalpreisen bedachte Chronist der Krisen tritt dieses Jahr auf der Berlinale mit Soy Nero an, in dem die Geschichte eines 19-jährigen illegalen Immigranten erzählt wird, welcher sich bei der US-Armee verpflichtet, um an eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung zu gelangen. Pitts' Filme sind stets autobiografisch gefärbt und zeichnen sich durch starke Frauenfiguren aus, während die Männer meist als zögerlich dargestellt werden, so auch in seinen bisherigen Berlinale-Beiträgen Es ist Winter (2006) und Zeit des Zorns (2010).
Mit Mani Hanghighi tritt dieses Jahr ein weiterer Iraner im Wettbewerb an. Dessen neuer Film A Dragon Arrives! wühlt mit kritischem Blick auf das politische System die aktuellen Probleme seines Landes auf. Auch Haghighi ist auf dem Filmfestival an der Spree längst kein unbekannter Gast mehr, denn im Forum zeigte er 2006 bereits Men at Work und 2012 Modest Reception - Die Macht des Geldes. Vielleicht schafft er es ja mit seinem dritten Film, es Jafar Panahi (ebenfalls Iraner) gleichzutun, der im Vorjahr den Goldenen Bären für seinen unter Hausarrest und Arbeitsverbot entstandenen Film Taxi Teheran gewann.