Pilot-Check - The Night Manager & die Einsamkeit des Agenten

20.02.2016 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
The Night ManagerAMC/BBC/Berlinale
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Mit The Night Manager bringt Susanne Bier den gleichnamigen Roman von John Le Carré als Miniserie ins Fernsehen. Die ersten zwei Episode des Formats mit Tom Hiddleston und Hugh Laurie in den Hauptrollen feierten auf der Berlinale 2016 ihre Premiere.

Der erste Eindruck zu The Night Manager wurde bereits zur Premiere auf der Berlinale 2016 geschrieben. Nun ist die Agentenserie, die auf dem gleichnamigen Roman von John le Carré basiert, auch in Deutschland beim ZDF zu sehen. Ausgestrahlt werden die sechs Episoden der 1. Staffel in wöchentlichen Doppelfolgen Montags ab 20:15 Uhr auf ZDF.

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Bond. James Bond. Erst im vergangenen Jahr sorgte der wohl bekannteste Agent im Geheimdienst ihrer Majestät für Krawall auf der großen Leinwand - damit war er allerdings alles andere außer alleine: Neben James Bond 007 - Spectre erlebte der Agentenfilm durch Werke wie Codename U.N.C.L.E., Mission: Impossible 5 - Rogue Nation, Spy - Susan Cooper Undercover, Bridge of Spies - Der Unterhändler und Kingsman: The Secret Service geradezu eine Renaissance. Auch auf dem heimischen Bildschirm blieb die Entwicklung nicht unbemerkt, so näherten sich beispielsweise London Spy, Marvel's Agent Carter und Agent X jenen toughen Frauen und Männern an, die für Krone und Vaterland ihr Leben aufs Spiel setzen.

Auch 2016 sind die Agenten immer noch ein großes Thema. Während Jason Bourne in Kürze aus dem Ruhestand zurückkehrt, sorgt The Night Manager dafür, dass Spione auch im seriellen Erzählen weiterhin mit Präsenz glänzen. Im Rahmen der Special Series feierten die ersten zwei Episoden der US-amerikanisch-britischen Koproduktion von AMC und BBC am vergangenen Donnerstag ihre Premiere auf der Berlinale. Wir waren für euch vor Ort und haben einen Blick auf die Adaption des gleichnamigen Romans von König, Dame, As, Spion-Mastermind John Le Carré geworfen, der hierzulande unter dem Titel Der Nachtmanager veröffentlicht wurde. Im folgenden Text haben wir unseren ersten Eindruck der Serie zusammengefasst.

Tom Hollander und Tom Hiddleston in The Night Manager

Über zwei Dekaden ist es her, dass The Night Manager in Form gedruckter Seiten zum ersten Mal das Licht der Welt erblickte. Dementsprechend zehrt die Geschichte noch sehr vom Agenten-Feeling des Kalten Kriegs. Drehbuchautor David Farr, seines Zeichens Co-Autor von Wer ist Hanna? und Regisseur von The Ones Below, der zufälligerweise auch im Panorama der Berlinale 2016 zu sehen ist, transportiert diese Stimmung mit all ihren typischen Eigenheiten gekonnt in die 2010er Jahre und wählt den Arabischen Frühling als Einstiegspunkt. Anpassungen und Veränderungen sind dabei natürlich unvermeidlich, schaden der Übertragung ins TV-Format keineswegs. So bereichert zum Beispiel Olivia Colman das Ensemble in einer Nebenrolle, namentlich Burr, die in der Romanvorlage noch dem anderen Geschlecht zugeschrieben wurde.

Der Kern von John Le Carrés Geschichte bleibt jedoch der gleiche und hat auch heute nichts in puncto Aktualität eingebüßt. Spielend verknüpft Regisseurin Susanne Bier, die alle sechs (beziehungsweise acht) Episoden der Miniserie inszeniert hat, die klassischen Elemente eines Spionage-Thrillers mit den zeitgenössischen Mechanismen des Genres. Besonders die (anfängliche) Verortung des Geschehens in einem Hotel in Kairo sorgt für romantisierte Agenten-Gefühle mit elegantem Touch - von der angespannten Atmosphäre, die im Hintergrund erneut den Kalten Krieg heraufbeschwört ganz zu schweigen. Später nimmt The Night Manager aber (politische) Dimensionen an, die keinen Zweifel mehr daran lassen, dass sich die Geschichte in der Gegenwart ereignet. Etwas aus der Zeit gefallen wirkt lediglich Tom Hiddleston als titelgebender Protagonist mit wechselndem Namen. Er ist einfach zu perfekt, wie es Burr in einer kurzen Unterredung hinsichtlich seines neuen Auftrags anmerkt.

Als Jonathan Pine wird er vorgestellt, später wählt er ein Pseudonym, um sich bei Richard Onslow Roper einzuschleichen, der von einem grandios aufspielenden Hugh Laurie verkörpert wird. Mit diesem verbindet ihn bereits eine düstere Vergangenheit. Wie es das Schicksal jedoch will, kreuzen sich die Wege der beiden Männer einige Jahre später erneut - und dieses Mal erhält Pine die Möglichkeit, den Übeltäter zur Strecke zu bringen, der sich in der Öffentlichkeit als wohlwollende Persönlichkeit mit guten Absichten präsentiert. Im Spiel der Identitäten verliert sich Pine in einem Netz aus Lügen. Schon bald scheint es so, als würde die Situation außer Kontrolle geraten. Dank cleverer Zeitsprünge versteht es Susanne Bier jedoch, dynamisch einen Gang hoch und runter zu schalten, während David Farr für unerwartete Entwicklungen am laufenden Band sorgt - und das, obwohl das Setting unheimlich vertraut wirkt.

Hugh Laurie in The Night Manager

Entsteht nach der ersten Episode der Eindruck, dass bereits die Hälfte der Geschichte erzählt wurde, begeben sich die nächsten 60 Minuten auf ein völlig neues Level, wodurch die gesamte Serie ungeahnte Größe erlangt. Auf einmal findet sich Pine im Kreis von Ropers vertrautem Umfeld wieder, zu denen neben Gattin Jed Marshall (Elizabeth Debicki) und Handlanger Corcoran (Tom Hollander) auch ein Sohn gehört, der dem Antagonisten sehr am Herzen liegt, wie eine inszenierte Geiselnahme spektakulär zur Schau stellt. Allgemein nimmt der Akt der Inszenierung in The Night Manager eine hervorgehobene Rolle ein und David Farr sowie Susanne Bier investieren viel Zeit, um die ausgeklügelten Vorgänge des Spionage-Handwerks begreifbar zu machen. Keinem kann getraut werden, selbst die Kollegen beim MI6 müssen hintergangen werden, um Pines Tarnung absolut wasserdicht zu machen. Eine kleine Geste kann bereits die gesamte Operation auffliegen lassen.

Folglich steht einiges auf dem Spiel. Die Geschichte ist unlängst an einem Punkt angekommen, wo das Geschäft nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Pine ist in persönlicher Mission unterwegs und Roper avanciert zur unberechenbaren Instanz. Die Suspense könnte nicht größer sein und The Night Manager macht es sich durchaus zu Vorteil, uns Zuschauer deutlich mehr Informationen anzubieten, als den einzelnen Figuren im Handlungsgeflecht zuteil werden. Zum Schluss tritt zudem eines von John Le Carrés prägnantesten Motiven in den Vordergrund, nämlich die Einsamkeit des Agenten. Ganz egal, wie viele Freunde und Feinde sich Pine im Verlauf der Serie macht: Am Ende ist er komplett auf sich alleine gestellt und weiß, dass die wenigen Verbündeten, die er überhaupt besitzt, im Zweifelsfall jegliche Verbindung leugnen müssen. Und sowohl Susanne Bier als auch David Farr wissen bestens um die tragische Melancholie dieses beängstigenden Schicksals.

Tom Hiddleston in The Night Manager

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The Night Manager startet am 21.02.2016 auf BBC in Großbritannien und ist zwei Monate später auf AMC in den USA zu sehen, konkret ab dem 19.04.. Bei uns in Deutschland hat sich Amazon die Rechte gesichert und zeigt die Miniserie ab dem 28.03. in acht Teilen. Der Episodenunterschied gestaltet sich wie folgt: In der BBC-Fassung umfasst The Night Manager insgesamt sechs einstündige Episoden. In der AMC-Fassung - und diese entspricht auch der von Amazon - wird die Geschichte allerdings auf acht Episoden mit einer jeweiligen Lauflänge von rund 45 Minuten gestreckt.

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