Bethesda schwimmt im Trend der Zeit & droht zu ertrinken

15.06.2015 - 07:08 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Die E3 hat begonnen und Bethesda legt vor
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Die E3 hat begonnen und Bethesda legt vor
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Die diesjährige E3 wurde von Bethesdas Pressekonferenz offiziell eröffnet, die zum ersten Mal in ihrer Firmengeschichte auf der amerikanischen Spielemesse Rede und Antwort standen – und einen eindeutigen Trend erkennen ließen.

Obwohl die Präsentationen von Ubisoft, Electronic Arts, Microsoft & Co. noch ausstehen, bildete die Pressekonferenz von Bethesda am Eröffnungstag der diesjährigen E3 bereits für viele Zuschauer den Höhepunkt der Spielemesse. Dank der großen Namen von Fallout 4 , Doom  und Dishonored 2  waren die Erwartungen hochgesteckt: Rund 300.000 Augenpaare verfolgten den Auftritt der Entwickler via Live-Stream und direkt vor Ort, doch nach der knapp zweistündigen Präsentation blieben neben all der Euphorie auch einige Sorgenfalten auf den Gesichtern der Zuschauer zurück. Ich habe meine Eindrücke der Titel-Giganten noch einmal Revue passieren lassen.

Facelifting für den Shooter-Opa: Doom kehrt zurück

Doom  ist zurück! Seit der Begründer des Shooter-Genres vor über 20 Jahren erstmals über unsere Röhrenmonitore geflackert ist, waberte dieser große Name immer wieder durch die Spielelandschaft. Auf der Pressekonferenz zeigte ID Software nun ihren neusten Versuch, das Spielprinzip von Doom gründlich zu überholen und neben modernen Genre-Geschwistern bestehen zu lassen. Ihre Ideen und Ansätze demonstrierte das Team in einem Gameplay-Video, während der Executive Producer von ID Software die Tugenden des Franchises ins Mikrofon brüllte: Verdammt große Waffen, verdammt große Aliens, verdammt hohe Spielgeschwindigkeit.


All das scheint das neue Doom auch zu bieten: In zeitgemäßer Grafik schnetzelt der gesichtlose Protagonist extrem explizit durch Alienhorden und erledigt auf Knopfdruck seine Gegner mit spektakulären Exekutionen. Das Publikum tobt und jubelt, während ein weiterer Dämon in seine Einzelteile zerspringt und einen Haufen Gesundheitspacks und Rüstungsteile fallen lässt, die vom Spieler aufgesammelt werden. Apropos aufsammeln: Während der Gameplay-Demo nimmt der Marine immer wieder neue Waffen in Form einer hübschen Animation an sich, statt den generisch-typischen "Drücke X um Y aufzunehmen"-Knopf einzublenden. Das wirkt modern, stromlinienförmig und sorgt für einen gewissen Flow – ganz im Gegensatz allerdings zum Spielgefühl selbst, das wie eine lahmende Kreuzung aus Halo und Unreal Tournament wirkt.

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Doom ist schnell – allerdings nicht so schnell, wie es Fans eins kennengelernt haben. Das Aufrufen des Waffenmenüs verlangsamt das Geschehen, während die überspitzt blutigen Exekutionen immer wieder die Geschwindigkeit aus dem Spiel nehmen. Hinzu kommen die beiden Level, die während der Pressekonferenzen gezeigt wurden, die generisch, altbacken und uninspiriert wirken. Doch die johlende Menge hatte ohnehin nur Augen für die vernichtende Wirkung der Kettensäge oder der Schrotflinte, die fast im Sekundentakt Alien-Gliedmaßen von Alien-Körpern trennte. Well played, Bethesda.

Doom kehrt zurück


Die großen Neuerungen folgten gegen Ende der Präsentation: Ein Leveleditor wird euch selbst Arenen bauen lassen, die ihr dann im ebenfalls taufrischen Multiplayer-Modus spielen und teilen könnt: Snapmap heißt dieses neue System und soll für noch mehr gemeinsamen Spielspaß sorgen. Und während den Entwicklern für diesen Schritt laut applaudiert wird, frage ich mich noch immer, ob das neue Doom 2.0 wirklich noch Teil des beliebten Erbes sein wird, oder es sich vielmehr um einen 08/15-Shooter mit Doppelsprung und High-End-Grafik handelt, das seine fehlende Inspiration und spielerische Abwechslung durch einen überzogenen Gewaltgrad kompensieren will.

Die Rückkehr von Dishonored

Es war fast unangenehm zu beobachten, wie sich das Team hinter Dishonored 2  auf die Bühne schleppte und etwas betreten in die erwartungsvollen aber auch wissenden Augen im Publikum blickte. Einen Tag vor der Pressekonferenz war das Undenkbare passiert:  Versehentlich enthüllten Mitarbeiter von Bethesda die Fortsetzung des Meuchelspiels und nahmen damit enorm viel Zugkraft aus der eigentlichen Präsentation, die nun folgen sollte. Gezeigt wurde ein kurzer Render-Trailer, der Dishonored 2 in eine mediterrane Kolonialstadt verfrachtete und nur sehr wenig über das kommende Spiel aussagte. Es war eindeutig spürbar, dass der große Hype nach dem Leak bereits ein Stückchen verflogen war, doch eine Überraschung gelang dem Team dann doch: Der Attentäter, die Hauptfigur des Spiels, wird weiblich sein!


So wenig wir bisher über den Titel wissen, so sehr sollten wir uns über diese Entscheidung der Entwickler freuen: Während die Frage nach der Qualität von Dishonored 2 noch völlig unbeantwortet bleiben muss, haben sich das Team bereits jetzt Lob für den Schritt verdient, eine Frau zur Hauptfigur ihrer Geschichte zu machen und dafür die Kritik unzähliger "Hardcore Gamer" zu riskieren. Wenn das Spiel selbst diesen Mut nun wiederholt und sich mehr traut, als nur die Erfolgsformeln des Vorgängers zu reproduzieren, dann könnte uns ein echtes Highlight erwarten, das auch die Sorgenfalten der Entwickler wieder glätten werden kann.

Fallout 4 und der Zahn der Zeit

Fallout 4  schließlich bildete den unmissverständlichen Höhepunkt des Abends: Bereits übereifrig von den TV-Moderatoren zu Beginn des Live-Streams angekündigt, warb auch Bethesda am Ende ihrer Pressekonferenz noch einmal um ungeduldig knirschende Zahnreihen, als Game Designer Todd Howard zunächst nur eine Reihe Artworks der neuen Fallout-Welt zeigte. Dann endlich folgte ein Gameplay-Video, das für Jubel sorgte.


Fallout 4 wird erstmals vor der großen Apokalypse beginnen und euch (entweder als Mann oder Frau) ein kleines, ruhiges Vorstadtleben in der heilen, amerikanischen Welt genießen lassen. Natürlich kommt es dennoch irgendwann zur unvermeidlichen Katastrophe, die das Spiel schließlich auf die gewohnt postapokalyptischen Wege bringt – doch die Entscheidung, euch zunächst Eindrücke aus einer unbeschwerten Zeit vor dem Chaos sammeln zu lassen, ist ebenso klug wie plump: Erst so wird das Niemandsland der Einöde, in der ihr einen Großteil der Spielzeit verbringen werdet, so richtig weh tun – wenn ihr am eigenen Leib den Verlust spüren könnt.

Eine interessante, angedeutet vielversprechende Geschichte, ein Fallout mit knackigen, knalligen Farben, eine Spielwelt, in die viel Liebe zum Detail geflossen ist: Hier hätte die Präsentation guten Gewissens enden können, doch das Team hatte noch mehr zu zeigen: Crafting, Crafting und noch mehr Crafting. Sowohl über 700 Waffenaufsätze und Rüstungen bis hin zu einer eigenen Siedlung können in entsprechenden Menüs aufgeschraubt, zusammengebaut und eingerichtet werden: Der Fallout-Spieler ist nicht mehr Opfer seiner Umwelt, in der er verbissen überleben muss, sondern übernimmt die Initiative.

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Ihr bekommt die Gelegenheit, die Einöde teilweise nach euren Belieben zu verändern und mit den Werkzeugen eines Editors Betten, Wände, Türen und Schränke auf den virtuellen Zentimeter genau zu platzieren. Das sorgt für einen enormen Stimmungswechsel im Spiel, der zwar modern ist, aber am Grundgefühl des Spiels viel ändern wird. Fallout war bisher das große Abenteuerbuch der Post-Apokalypse, voller Geschichten und Charaktere – die heutige Präsentation hingegen ließ diese alte Stärke auf der Zielgeraden vermissen.

Die Zukunft von Fallout 4 bleibt ungewiss


Es war auf eine seltsame Weise befremdlich zu sehen, wie der Fallout-Überlebende im Trailer mit einer Pandamütze auf dem Kopf (Lachen im Publikum) Gegnerhorde um Gegnerhorde über den Haufen schoss, während ein treudoofer Schäferhund nach einem Stöckchen suchte. Ja, es heißt, dass sich Krieg niemals ändern werde – Videospiele allerdings scheinen dem nagenden Zahn der Zeit nicht widerstehen zu können. Und in diesem Fall tut es mir gegenwärtig leid um Fallout und das, wofür die Serie einst stand.

PS:

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