Bloodborne: The Old Hunters Test — Im Hauptspiel weinte ich leiser

30.11.2015 - 14:30 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Bloodborne: The Old Hunters
Sony Computer Entertainment
Bloodborne: The Old Hunters
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The Old Hunters ist der erste und zugleich finale DLC zum PS4-exklusiven Action-RPG Bloodborne. Und während ich durch das Hauptspiel hindurchspazierte wie eine aufgeplusterte Henne, ließ mich From Softwares gnadenlose Erweiterung Blut und Tränen schwitzen — zu Recht.

Der Start von Bloodborne: The Old Hunters ist so undurchschaubar, dass man ohne Anleitung  wohl tagelang vergebens nach dem richtigen Pfad suchen würde. Voraussetzung, um überhaupt in das erste Gebiet des DLCs schreiten zu können, ist das Bezwingen von Vikarin Amelia, jene schrill kreischende Bestie mit wallendem weißen Haar, die am Ende des Kathedralenbezirkes auf unwissende Jägerseelen wartet. Der Zeitpunkt, an dem die Inhalte von The Old Hunters verfügbar sind, stellte sich für mich als recht ungünstig heraus: Ich befand mich im New Game Plus — und zwar noch ganz am Anfang Spiels. Aus Angst, dass The Old Hunters in diesem Modus möglicherweise zu schwer für mich sein könnte, entschied ich mich dafür, einen ganz neuen Spielstand anzufangen.

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Ich begann also wieder bei Null. Sieben Monate nach meinem kräftezehrenden Sieg über Gehrmann, erster Jäger und letzter Boss von Bloodborne, standen ich und mein neuer Alter Ego wieder vor den Toren Yharnams. Fast schon behaglich kam mir die Gegend vor, in der ich im vergangenen April hunderte Bildschirmtode starb und tausende Schimpfworte von mir gab. Bis zum Kathedralenbezirk wirbelte ich mich elegant und unbeeindruckt durch Horden von wahnsinnigen Bewohnern Yharnams, tollwütigen Hunden und skelettierten Friedhofswächtern. Gelegentlich kam es mir so vor, als wäre ich an einem Samstagmorgen in meiner Heimatstadt auf dem Weg zum Bäcker.

Hölle zum Herunterladen

Ich hatte Bloodborne nicht verlernt, kannte es in- und auswendig. Mit schier unendlicher Arroganz ließ ich mich in den Albtraum des Jägers, den ersten Bereich von The Old Hunters, teleportieren. Um zu kapieren, wie falsch ich meine eigenen Fähigkeiten einschätzte, brauchte ich gerade einmal 20 Schritte zu gehen.

Willkommen in The Old Hunters

Der erste Gegner, auf den ich traf, war ebenfalls ein Jäger, der mich mit Gebrüll und dem Schuss aus seiner Donnerbüchse empfing. Entschlossen stürzte ich mich auf den Kerl, der mindestens zwei Köpfe größer war als meine eigene Jägerin, und verpasste ihm einen gezielten Hieb mit Ludwigs Heiliger Klinge. Doch das Schwert ließ mich im Stich. Ich richtete nichts aus, zog lediglich eine Kleinfingerbreite von seiner Lebensleiste ab. Mein Feind hingegen benötigte nur zwei Hiebe mit seiner riesigen Kettenpeitsche, um mich zuerst von einem Elefanten zur Mücke werden zu lassen und im Anschluss so zu zerquetschen, wie es eine solche verdient.

Ich hatte fast schon vergessen, wie es sich anfühlt, von einem Spiel der Marke „Souls“ erniedrigt und eines Besseren belehrt zu werden. Ja, auch Bloodborne war herausfordernd, doch so schwer wie seine Geschwister im Geiste Dark Souls und Co. empfand ich den PS4-exklusiven Serien-Nachkömmling nie.

Tja, da hatte ich es nun, ich hochnäsige Idiotin. Bereits nach zwei Minuten Aufenthalt im Albtraum des Jägers wurde ich auf den Boden der Tatsachen zurückversetzt. Der Peitschen schwingende Unhold war nur der Anfang des Bösen und meine Niederlage gegen ihn nicht die Letzte.

Eine Strafe der Götter

The Old Hunters ist weitaus schwerer als das Hauptspiel. Während der 15 bis 20 Spielstunden, die ich im DLC verbrachte, fühlte ich mich wie die griechische Sagengestalt Sisyphus, der die höheren Mächte im Olymp verärgerte. Die Buße, die ihm deshalb auferlegt wurde, war peinigend und unmenschlich: Tagtäglich musste er einen Felsbrocken, schwerer und größer als er selbst, einen Berg hinaufrollen. Doch er entglitt ihm wieder und wieder, sodass er stets von vorne anfangen musste.

Der Albtraum des Jägers ist eine bizarre Alternative des Kathedralenbezirks.

The Old Hunters war die Strafe der Götter für meine Hybris. Das Spiel riss mich regelmäßig an den Anfang zurück und raubte mir jegliches Gefühl des Fortschritts — wesentlich öfter als es Bloodborne je tat.

GESTORBEN, GESTORBEN, GESTORBEN.

Nach jedem virtuellen Tod startete ich erneut an der ersten Lampe des Albtraum des Jägers, mit Wut im Bauch und keinerlei Blutechos in den Händen. Doch ich versuchte es stets aufs Neue, wollte sehen was noch kommt. Was finde ich in der nächsten Nische? Welche Gestalten treffe ich an der kommenden Kreuzung? Was erwartet mich am Ende? Was sehe ich, wenn ich das allerletzte Gebiet erreiche?

Neue Waffen, neue Gegenden, neue Bosse

Wie auch das Grundspiel entfachte The Old Hunters eine solche Neugier und einen solchen Erkundungsdrang, dass ich mich durch das Spiel biss, als wäre ich selbst einer dieser unzähligen tollwütigen Hunde, die der DLC regelmäßig aus seinen dunklen Ecken hetzt. Das Leveldesign ist wie gewohnt hervorragend: Jede Abkürzung und jede Lampe, zu der ich mich Stück für Stück, Wutanfall für Wutanfall, durchschlug, sind intelligent und dankbar platziert. Die zusätzlichen Waffen und Kleidungsstücke — egal ob Eruptionshammer, Wirbelsäge oder Alter Jäger-Kluft — belohnten jede waghalsige Entscheidung, die verdienten Blutechos nicht in den Traum des Jägers zu tragen, sondern stattdessen einen Blick in die Felsspalte unter mir oder in die dunkle Höhle am anderen Ende des Hauptpfades zu werfen.

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Die hartnäckige Lust am Erkunden und Entdecken ist nicht zuletzt der wundervoll horrenden Atmosphäre geschuldet, mit der sich The Old Hunters schmückt. Überall grunzt und röchelt es, hier ein klirrendes Schwert, dort das donnernde Aufstampfen eines drei Meter großen Kolosses. Eigentlich ist es paradox: Jedwedes Signal, welches das Spiel sendet, hätte meinen Körper zum panischen Weglaufen animieren sollen, aber trotzdem blieb ich. Der Albtraum des Jägers und die zwei anderen großen Hauptbezirke der Erweiterung sind unheimlich und einladend zugleich. Die gleiche Anziehungskraft, die mich an Bloodborne fesselte, nahm mich in The Old Hunters erneut in Beschlag.

Ludwig der Verfluchte ist der erste Boss des DLCs

Die Atmosphäre ist das eine, die Bosskänpfe sind das andere. Insgesamt vier Hauptbosse und einen optionaler Boss wollten mir den Jägermantel über die Ohren ziehen. Bereits schon der erste Engegner, Ludwig der Verfluchte, ließ mich mit seinem abartigen Design und seinen schwer kalkulierbaren Bewegungen weinen und schwitzen. Bevor ich auf die Idee kam, mir bei der Lampe in der Nähe einen NPC zur Hilfe zu holen, rauschte gewiss über zehn Mal der unbeliebte rote Schriftzug über meinen Bildschirm. Die nachfolgenden Bosse hingegen fielen vergleichsweise einfach aus. Wie in Bloodborne auch (Stichwort Pater Gascoigne) sind die ersten Stunden wohl die größte Hürde des DLCs, die es zu meistern gilt — auch wenn sie unüberwindbar erscheint.

Oh, aber einen Unterschied zum bestraften Sisyphus gibt es doch: Er hat es niemals geschafft, den Stein hinauf zur Bergspitze zu bringen. Ich hingegen schon. Und das Hochgefühl nach dem Sieg, diese schier unendlich waltenden Begeisterung, die sich kitzelnd durch die Venen wirbelt und den Herzschlag bis ins Unermessliche antreibt, ist das, wofür es sich zu sterben lohnt.

Fazit

Bloodborne: The Old Hunters versucht nichts Neues, sondern macht das Altbekannte extremer. Nachdem ich die Bossgegner und Hinterhältigkeiten des Hauptspiels bezwungen hatte, dachte ich, dass ich die Erweiterung mit einem Fingerschnippen ad acta legen kann. Doch ich irrte mich — zum Glück. Dank The Old Hunters wurde ich erneut dazu gezwungen, hunderte Male meinen bockigen Schweinehund zu bezwingen, der mir konstant ins Ohr flüsterte, mich lieber leichteren Aufgaben zu stellen. Doch die faszinierenden Gegenden, die begehrenswerten neuen Waffen und die abartigen Bossgegner ließen mich niemals an meinem Vorhaben zweifeln, auch diese viel größere Herausforderung zu bestehen.

Dieses Review wurde mit einem vom Publisher zur Verfügung gestellten PS4-Key erstellt.

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