BrainDead - Die zynische Horrorkomödie im Pilot-Check

15.06.2016 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
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Der BrainDead-Pilot hat vor allem Mary Elizabeth Winstead und kaum originelle Einfälle. Die Horrorkomödie verrennt sich zunächst in ihren Bezügen zur Realpolitik und vernachlässigt das Groteske seiner Genre-Vorbilder. Zuversicht ist dennoch angebracht.

Über die Wahlkampf-Rhetorik in den USA und ihre Aufbereitung in den großen Late Night-Shows kommt so mancher ins Grübeln. Donald Trump zum Beispiel musste im März die Größe seiner Hände verteidigen („My hands are normal. Slightly large, actually“) und versichern, dass es bei ihm auch in anderen Körperregionen „kein Problem“ gebe, nachdem sein damaliger Konkurrent Marco Rubio geschlussfolgert hatte: "You know what the say about men with small hands: You can‘t trust them.“ Zum Wahlkampf, nicht beim Springbreak oder Super Bowl, spielen die Amerikaner verrückt.

Und jetzt kommt die Serie BrainDead von CBS und verschafft als satirischer Katalysator für die vom Glauben Abgefallenen auf ähnlich zynische Weise Linderung wie Jimmy Fallon, der seiner sardonischen Verständnislosigkeit in täglichen Stand-ups Luft macht und damit eine verzweifelte Fernsehgemeinde durch diesen zähen Wettkampf schleppt. Aber wo Fallon die zuweilen flehende Sind-die-oben-eigentlich-noch-ganz-dicht?!-Frage lediglich in wiederkehrenden Variationen aufbereiten kann, spinnt sich BrainDead eine Erklärung des wahnwitzigen Politiker-Gebarens  zurecht, die selbigem in vernunftloser Abwegigkeit nur wenig nachsteht.

Der BrainDead-Cast

Geben wir uns zunächst damit zufrieden, dass diese Erklärung mit einem Meteoriten zusammenhängt, der, wie das Meteoriten in Science Fiction-Filmen so machen, glühend auf die Erde rauscht.

Die satirische Klammer zur Realpolitik gibt’s auch sofort zu Beginn des Piloten serviert. In the year 2016, there was a growing sense that people were losing their minds and no one knew why… until now – blendet es im Intro vielsagend vor einer Monitorwand mit vielen kleinen debattierenden Sanders, Trumps und Clintons auf. Die amerikanischen Politiker fabrizieren so viel Dünnsinn, das kann nun wirklich nicht mit rechten Dingen zugehen – gebe sich der Zuschauer doch bitte dieser Wahrheit hin, die die ehemaligen Good Wife-Showrunner Michelle King und Robert King ihnen hier darreichen, denn mit der Diagnose eines Problems, und ist die noch so erschütternd, lässt es sich nachts doch wahrscheinlich schon besser schlafen. Zumal die Diagnose ja nur der erste Schritt hin zur Aufnahme des Kampfes ist. Der Kampf in BrainDead bedarf einer wahren Heldin.

Unsere Heldin ist Laurel Healy. Laurel Healy ist viel zu cool für Washington und die Politik überhaupt, dreht deshalb mit Crowdfunding-Cash Special-Interest-Dokumentionen, residiert eigentlich in L.A. und hat einen dicken Studienkredit aufgenommen, der ihr auf der Selbstverwirklichungsseele lastet. Ihre Senatoren-Sippe daheim in D.C. könnte ihre Schulden mit einem Fingerschnippen tilgen und da es mit dem Film über religiöse Musik auf den Salomonen gerade auch nicht so gut läuft, lässt sich Laurel von ihrem Vater in die Politik umsatteln. Für Fans der ziemlich tollen, aber irgendwie immer etwas unterpräsenten Mary Elizabeth Winstead ist es eine gute Nachricht, dass BrainDead ganz auf das schluffig intelligente Charisma der Hauptdarstellerin setzt. Die Handlung wird ausschließlich von Winsteads tougher, nur manchmal etwas verdutzt dreinschauender Laurel Healy vorangetrieben.

Dennoch beginnt BrainDead trockener als es die stilisierten Promobilder vermuten ließen. Laurel setzt sich auf Geheiß ihres mächtigen Vaters in die Beschwerdeabteilung ihres Bruders Luke, ebenfalls Senator, und wird dort mundgeruchnah an das einfache Wahlvolk herangelassen. In einer Print-Karikatur würden über den Köpfen der mäkelnden Wähler Schilder wie Krankenversicherung, Sozialversicherung und Nationale Sicherheit stehen und über Laurels Kopf Studienkredit, also all jene gesellschaftlichen Probleme, mit denen sich junge und alte Amerikaner derzeit rumschlagen. Aber dann wird es interessant: Die letzte Frau, die in Laurels Büro ihr Leiden vortragen darf, ist fest davon überzeugt, Irgendetwas habe Besitz von ihrem Mann ergriffen. Der trinkt nämlich plötzlich nicht mehr zehn Bier am Abend und ist auch sonst ungewöhnlich ausgeglichen. Was wahrscheinlich so viel heißen soll wie, selbst wenn, rein hypothetisch, ein Schwarm außerirdischer Käfer Gehirne kapern und die geistigen Geschicke der Politik-Elite steuern würde, wäre das vielleicht gar nicht so schlecht. Lieber den Käfer im Kopf als die Flasche in der Hand sozusagen.

Wer bist du? Und was hast du mit meinem Mann gemacht?

Laurels Ahnung ist bald des Zuschauers Gewissheit. Wir sehen die außerirdischen Käfer, die wie Wichtel nächtens im Gänsemarsch in ein Politiker-Gemach krabbeln und dann direkt durch die Ohren ins zerebrale Zentrum des Republikaners Red Wheatus (Tony Shalhoub), der darauf einen Teil seines Gehirn durch die arme Ohrmuschel aufs Bett presst. Das erste, was er am nächsten Morgen tut, ist den Song You Might Think von The Cars in seiner Playlist anzuwählen.

Laurel geht derweil dem Hinweis der Frau nach. Deren Mann arbeitete auf einem Frachtschiff und ein Mitschnitt zeigt ihn bei der Kontrolle verdächtiger Ladung, bis die Aufnahme (Achtung, Genremarker) abrupt und offenkundig gewaltsam abbricht. Die charakterliche 180°-Wendung des Mannes wird Laurel damit erklärt, dass jeder Mann nach vier Wochen See doch ein wenig verändert zurückkommen würde. Als sie diese Beschwichtigung das dritte Mal, allerdings von unterschiedlichen Personen, hört, kann sie den exakten Wortlaut mitsprechen. Dreimal hört sie außerdem diesen immergleichen 1980er-Popsong.


Laurel wird also misstrauisch und stößt zum Ursprung des Schlamassels (der Meteorit) vor. Schlauer ist sie nicht, nachdem ihr die gelierte Gehirnmasse eines Forschers ins Gesicht spritzt, derer sie sich duschend entledigt, aber während das Fremdblut verdünnt in den Abfluss sickert, merken wir, dass in Laurel eine entschlossene Erkenntnis reift. Und als BrainDead in der Abschlussszene dann endlich das reizvolle Körperfresser-im-Weißen-Haus-Versprechen einlöst, scheint sie endgültig Bestätigung zu erfahren. Dort spielt Lukes Sekretärin zum vierten Mal den altbekannten The Cars-Song an, worauf die der erstarrten Laurel ein hohles unheilverkündendes Grinsen schenkt. Fuck, die Käfermenschen stehen auf 80er-Mucke!

Das ist endlich die groteske Auflockerung, die so ein Körperfresser-Streifen einfach braucht, mit der BrainDead im Piloten auffällig sparsam umgeht, die dann allerdings den in guten Ansätzen versackten Karren aus dem Dreck zieht. Vorher ist da etwas zu viel It’s funny cause it’s-true-Humor, zu penetrant beigebrachter Realitätsbezug, der überdies wirkt, als wäre er nachträglich eingefügt. Da war den Autoren die Realität ein wenig zu funny. Der Abschluss gelobt jedoch Besserung für die nächsten zwölf Episoden.

Was haltet ihr von BrainDead? Spricht euch die Story an?

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