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Causa Sauce tartare

14.10.2014 - 12:00 Uhr
Bild zu Causa Sauce tartare
United International Pictures GmbH
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Meine Lieblingsszene:

Auslöser: Den Grund weiß sie nicht. Sie weint, ist traurig, möchte mich nicht verletzen. Ich bleibe wie immer lieb und tröste sie. Ich spende Trost an eine Person, welche mir soeben indirekt klar gemacht hat, dass meine Menschenzüge für ihre Vorstellung von Liebe nicht ausreichen. Natürlich aber lobt sie mich über alle Maßen. Es war schon toll, die Zeit! Aber irgendetwas fehlte eben.

Nun, was fehlte denn? Warum enden Beziehungen, bei denen keiner der Beziehungsteilnehmer am Ende klar mitteilen kann, wieso diese Beziehungen enden? Reflexionsfolien sind gefragt! Aha, eine mögliche Antwort erhalte ich durch eine meiner Lieblingsszenen aus Gore Verbinskis „The Weather Man“: Französische Tartarensauce!

How did I fucked this up? Seriously. What if I remembered the tartar sauce?“ (Spritz)

Szene: Der Film handelt passenderweise von einem Single, der nicht recht verstehen kann, warum seine Ehe in die Brüche ging. Der konkrete Auslöser für die Trennung ist wenig nebulös: David Spritz hat es versäumt, Sauce tartare einzukaufen. Und das, obwohl er mehrfach und ausdrücklich daran erinnert wurde. Besagte Szene zeigt, wie dieser Fauxpas zustande kam. Spritz läuft zum Supermarkt und hat seinen Auftrag binnen kürzester Zeit schlichtweg vergessen. Klingt unspannend, ist aber eines der tragikomischsten Highlights des gesamten Films. Der Zuschauer nämlich, oder in dieser Szene viel wichtiger - der Zuhörer, kann durch den Einsatz einer Off-Stimme an der Gedankenwelt von Spritz teilnehmen. Diese Gedankengänge und das am Einkauf anschließende Streitgespräch zwischen Spritz und Ehegattin brachten mich zu allerlei Interpretationen über das allgemeine Beziehungswirrwarr zwischen liebenden Menschen. Die Sauce tartare ist nichts anderes als ein Symbol für die Erwartungshaltungen zwischen zwei Partnern innerhalb einer Beziehung.

Man, how I´d like to put my face in there. Right in there. Tartar sauce.“ (Spritz, auf einen Po starrend)

Interpretationen: Sauce tartare ist eine Beilage zu Mahlzeiten, welche die Speise insgesamt schmackhafter machen soll. Es ist eine Verfeinerung fürs perfekte Geschmäckle, eine Jubelei für den Gaumen. Wenn die gesamte Kost nun symbolisch für eine Liebesbeziehung und die Zutat `Tartarensauce` für das I-Tüpfelchen innerhalb einer solchen Partnerschaft steht, dann wird klar, dass Davids Ehefrau ganz spezifische Bedürfnisse an die Ehe heranträgt, welche sie auch mit Nachdruck einfordert. Spritz versucht diesen Erwartungen gerecht zu werden. Er gibt, zugegebenermaßen etwas unfreiwillig, dem „Druck“ nach und versucht die Sauce zu erwerben. Jedoch scheint ihm seine eigene individuelle Bedürfnisnatur im Wege zu stehen. Spritz hätte lieber zwei Pimmel und widmet sich vorwiegend der Entertainment- und Kuriositätenwelt, als sich voll und ganz dem Begehren seiner Frau zu widmen. Zwar gibt er im Streit als explizite Ursachen für das Nichtbeachten der fraulichen Bedürfnisse bspw. Stress auf Arbeit und allerlei zusätzliche Verantwortungsübernahmen an, in den impliziten Gedankenstrukturen auf dem Weg zum Supermarkt wird jedoch deutlich, dass es sich um teils hedonistische und triebgesteuerte Interessen handelt, welche scheinbar stärker wiegen, als die herangetragenen Wünsche der Partnerin. Im Gegensatz zu bewusst gewählten Gesprächsinhalten zeigen spontane Gedanken die „wahren“ bedeutsamen Relevanzbereiche eines Menschenlebens an. Die geistige Anstrengung ist dabei viel geringer, also selbstverständlicher. Demnach könnte man konstatieren, dass die männliche Natur von Spritz Schuld am Beziehungshinscheiden ist.

Tartar sauce? Fuck. Noreen, are you serious?“ (Spritz)

Oder auch nicht. Wie bereits beschrieben, ist Sauce tartare eine spezifische Zugabe für Essensgerichte. Eine nuancierte Ergänzung, welche das Mahl zwar besonders macht, jedoch nicht zwingend erforderlich ist. Fisch und Fleisch schmecken auch ohne ganz gut. Zudem könnte man auch einfach auf Mayo oder passende Gewürze zurückgreifen. Irgendeine Bratensoße war bei Familie Spritz sehr wahrscheinlich vorhanden, sodass ein Einkauf eventuell gar nicht nötig gewesen wäre. Muss es also unbedingt Tartarensauce sein? Waren die Erwartungen der Ehefrau an eine Liebesbeziehung zu hoch und gar zu verhärtet? Es ist nicht leicht abzuwägen, inwieweit man seinen eigenen Anspruch an eine Beziehung hochschraubt und die in diesem Anspruch enthaltenen subjektiven Postulate vom jeweiligen Partner einfordert. Die Grenze zwischen Partnerschaflichkeit und egoistischem Verhalten ist eine schmalspurige. Sich Sauce tartare zu wünschen ist legitim. Kostet nicht so viel und wenn es schmeckt, völlig in Ordnung. Aber vehementes Einfordern, ohne eine Alternative zuzulassen, kann schädlich sein. Es ist egal wie gut der Hackbraten schmeckt, wenn man lieber Ketchup möchte, aber immer nur Tartarensauce serviert bekommt und obendrauf noch dazu angehalten wird, sie gefälligst zu besorgen.

Schlussfolgerung: Eine Beziehung zwischen Liebenden lebt von einem Austarieren und vor allem Sichtbarmachen von Erwartungen. Dazu gehört eine selbstreflexive Fähigkeit, mit welcher man eine Zusammenschau über eigene Bedürfnisse, Interessen und Wünsche gewinnt. Wurden diese kommuniziert, ist es wohl eine gemeinsame Aufgabe der Partner, zu entscheiden, wer welchen Anteil an den jeweiligen Bedürfnisbefriedigungen übernehmen soll oder überhaupt kann. Eine gewünschte Sauce tartare kann von beiden Partnern eingekauft werden, d.h. der Wunschträger darf den Wunsch nicht all zu sehr in die Angelegenheiten des Partners verschieben. Werden Erwartungen angesprochen und so gut wie möglich angepasst, besteht die Chance auf einen glücklichen Einkauf zu zweit (zu dritt, zu viert...), welcher auf einem gemeinsam geteilten Einkaufszettel basiert. Für die Auswahl der Zutaten sind alle verantwortlich. Eine leckere Sauce tartare kann natürlich ein Teil dessen sein. Guten Appetit.


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