Darkest Dungeon im Test — Diese Nachtwanderung macht glücklich

19.01.2016 - 09:30 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Darkest Dungeon
Red Hook Studios
Darkest Dungeon
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Darkest Dungeon von Red Hook Studios hat die Verwandlung vom Early Access-Projekt zum fertigen Spiel erfolgreich vollzogen. Ob sich der Ausflug in die düsteren Kellergewölbe lohnt, verrate ich euch in meinem Review.

Eine Gruppe abenteuerlustiger Helden durchquert mit erhobenem Schild und gezücktem Schwert die Ruine eines alten Schlosses, um die glitzernden Schätze von allerlei Monstern, Banditen und Ungeheuern zu rauben: Zahllose Brett- und Videospiele werden nicht müde, diesen Urtypus einer klassischen Lagerfeuergeschichte immer wieder zu wiederholen, den Jahrhunderte und Jahrtausende vor ihnen Figuren wie Gilgamesch, Odysseus oder König Arthur durchgestanden haben. Darkest Dungeon scheint sich auf den ersten Blick in diese Tradition einzureihen, doch unter der Oberfläche der gotischen Spielarchitektur verbergen sich überraschende und erfrischende Ideen.

Der düstere Schauplatz von Darkest Dungeon.

Rost auf den Rüstungen

In jedem Spieldurchgang schicken wir eine von uns zusammengestellte Gruppe Abenteurer je nach Missionswahl in dunkle Kavernen, Höhlen oder Schlossruinen um einen bestimmten Bossgegner zu besiegen, alle Schatztruhen zu plündern oder jeden Raum von seinen grusligen Bewohnern zu säubern. Die von uns angeführten Helden rekrutieren sich aus rund einem Dutzend verschiedener Klassen, die jeweils verschiedene Fähigkeiten in den Kampf führen. Neben den klassischen Rittern und Heilern gibt es auch fantasiereichere Streiter wie einen Beschwörer, der sich und den Feinden mit Tentakeln das Leben schwer macht oder einen Werwolf, der unter Umständen auch seiner eigenen Gruppe viel Angst einjagen kann.

Die Kämpfe sind fordernd und abwechslungsreich.

Apropos Angst: Darkest Dungeon verdiente die Preise, die es seit dem Start seines Early Access-Programms einheimste, vor allem einer spannenden Innovation, die mich das Spiel seit Monaten lobpreisen lässt: echte Emotionen mit spürbaren Folgen.

Die Abenteurer, die wir Ausflug um Ausflug in die düsteren Ruinen schicken, sind alles andere als die Helden in strahlender Rüstung, die jegliches Unheil mit unbewegter Mine besiegen. Ganz im Gegenteil: Jeder von ihnen verträgt nur eine gewisse Menge an Stress. Bricht dieser mentale Geduldsfaden schließlich unter gegnerischen Angriffen oder während der Raubzüge in der zunehmenden Dunkelheit, so erleidet die Psyche des gestressten Opfers einen bleibenden Schaden. Eigenschaften wie “Habgier”, “Angst im Dunkeln” oder “Neid” beeinflussen ab sofort das Spielverhalten des Betroffenen spürbar und sorgen für den unberechenbaren Überraschungsfaktor, der jeden Ausflug in die Ruinen so einmalig macht.

Vom Dorfplatz aus organisiert ihr neue Raubzüge und erholt eure Helden.

Plötzlich verweigert Ritter Kunibald aus falschem Stolz, Heiltränke zu benutzen und Jäger Gerald schiebt die schwache Magierin an die Front, weil er seit seinem letzten Abenteuer Angst vor Riesenspinnen hat. Nicht selten kosten euch diese Momente viele Nerven und hin und wieder auch einen der ganz und gar nicht unsterblichen Abenteurer, in den ihr im schlimmsten Fall etliche Spielstunden gesteckt habt, pflegt und im Rang aufsteigen lasst. Einrichtungen wie die örtliche Taverne oder das Kloster lassen den Stressbalken eurer Recken glücklicherweise wieder Richtung Null rutschen — doch das braucht wertvolle Zeit.

Hübsch schaurig

Die interessante Spielmechanik wird durch eine so punktgenaue Präsentation abgerundet, wie ich sie seit langem nicht mehr in einem Videospiel erleben durfte. Die sonore Stimme des Sprechers aus dem Off kommentiert jeden Schritt und Fehltritt unserer Helden, während das Ächzen, Stöhnen und Schreien der Monster und Abenteurer gleichermaßen aus dem Lautsprecher quillt: Darkest Dungeon hört sich nach kettenklirrenden Geistern und pfeifendem Wind an, der durch die Schlossruinen heult — und irgendwann nehme ich meinen Helden auch nicht mehr übel, wenn sie den Malus "Angst vor dem eigenen Schatten" erleiden. Mir würde es da nicht anders gehen.

Das Design der Abenteurer ist charakterstark und schlichtweg wunderschön.

Lobende Worte will ich auch dem Charakterdesign entgegen schmeißen: Die verschiedenen Klassen, aus denen sich unsere Helden rekrutieren, sind sehr charakterstark gezeichnet und ziehen ihre Inspiration aus verschiedenen Quellen. So gesellt sich an die Seite des klassischen mysteriös brabbelnden Totenbeschwörers eine hellenbardenschwingende Kriegerin mit blau bemalten Gesicht oder ein in Ganzkörperrüstung gehüllter Ritter, der direkt dem europäischen Hochmittelalter zu entsprungen sein scheint. Emotional ist jedes Individuum bis zu seinem ersten Ausflug unter unserer Führung ein unbeschriebenes Blatt, die Klassen definieren lediglich das Fähigkeiten-Inventar der Krieger.

Fazit

Ich verfolge die Entwicklung von Darkest Dungeon seit seiner frühesten Kickstarter-Tage Anfang 2015. Vom ersten Tag an bewiesen die Entwickler von Red Hook Studios ein Händchen für die Betreuung ihrer Community und lieferten jede Woche neue Inhalte und Updates. Nun nähert sich dieser Fleiß-Marathon dem Ende, der Release ist erreicht: Und was für ein großartiges Spiel das Team da auf unsere Festplatte zaubern will. Darkest Dungeon ist wohl der beste Dungeon Crawler, der derzeit auf Plane Erde erhältlich ist und legt die Messlatte für das Genre kilometerweit hoch.

Besonders die spannende Idee, die belastendsten Momente der Abenteurer in die Spielmechanik zu übersetzen, macht das Spiel zu einem einzigartigen und abwechslungsreichen Erlebnis. Die gelungene Präsentation und das fantastische Design der Schauplätze, Wesen und Helden ist schließlich das i-Tüpfelchen auf der besten Nachtwanderung durch Gewölbe, Schlösser und Ruinen, die ich je erlebt habe. Ich habe schon viele, viele Spielstunden mit Darkest Dungeon verbracht und kann euch bis heute noch immer keinen Grund nennen, dieses Spiel zu ignorieren.

Dieses Review wurde mit Hilfe einer privat erworbenen PC-Version erstellt.

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