Das Jerusalem-Syndrom – Böse Christen in Israel

11.12.2013 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Das Jerusalemsyndrom
SWR/Vered Adir
Das Jerusalemsyndrom
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Mit Das Jerusalem-Syndrom versucht sich eine israelisch-deutsche TV-Koproduktion am Genre des Psychothrillers und schafft es… fast.

Eine hochschwangere Frau, langes wallendes Haar und Leinenhemd, läuft panisch durch die Straßen des heutigen Jerusalem. Sie bittet Passanten um Hilfe, doch die Menschen laufen an ihr vorbei. Das ist der durchaus steile Anfang von Das Jerusalem-Syndrom, ein TV Film, der deutlich mehr zu bieten hat, als der Titel es vermuten lässt.

Der Mutter-Gottes-Wahn
Wer denkt bei der oben angerissenen Szene nicht umgehend an die Mutter Jesu? Tatsächlich ist der Name der jungen Frau Maria. Und tatsächlich ist Maria (Leonie Benesch) die Mutter Gottes. Zumindest glaubt sie das, denn Maria leidet – so die Diagnose des behandelnden Arztes Dr. Peled (Benjamin Sadler) – unter dem Jerusalem-Syndrom, einer psychischen Erkrankung, die Besucher der heiligen Stadt glauben macht, sie seien Figuren aus der Bibel. Da Maria sich nicht nur für ihre heilige Namensvetterin hält, sondern auch glaubt, den Messias zur Welt zu bringen, muss ihre ältere Schwester Ruth (Jördis Triebel) anreisen. Die wiederum ist Biologin und hält von all dem religiösen Geschwafel herzlich wenig. Doch noch bevor sie Maria zur Raison bringen kann, zieht sich die selbsternannte Heilige zurück in den Schoß ihrer christlich-fundamentalistischen Sekte. Und die führt nichts Gutes im Schilde.

Psychosen, die Realität und Wahn miteinander verschwimmen lassen, kommen im Film immer gut. Psychiatrien wiederum sind ein toller Spielort, weil hier so viele extreme Charaktere auftreten können. Und ach, ist das gruselig, wenn dann auch noch der Strom ausfällt. Das Jerusalem-Syndrom bedient sich all dieser Mechanismen, ohne jedoch zu übertreiben oder zu stark ins Klischee abzugleiten. Regisseur Dror Zahavi und Drehbuchautor Don Bohlinger können das Genre, mit dem sie arbeiten, eben einfach bedienen. Und das ist erst mal positiv zu werten! Auch religiöser Wahn ist gerade im Trend. Im Kino lässt Katrin Gebbe in Tore tanzt einen modernen Messias auftreten, bald kämpft Der Medicus gegen die bösen Gläubigen, die der modernen Medizin im Wege stehen, und nächstes Jahr dürfen wir uns auf Noah freuen. Das Jerusalem-Syndrom greift also ein Thema auf, dass uns – und dazu später mehr – gerade auf der Seele zu liegen scheint. Und auch das ist positiv.

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