Dieser Film, sagte Mark Zuckerberg 2014 , habe eine Menge Zeug erfunden, das ihn verletzt habe. Codes zu schreiben und daraus ein Produkt zu erschaffen, sei wohl nicht glamourös genug, um darüber einen Film zu machen. "Das hat es ziemlich schwer gemacht, das ernst zu nehmen". Zuckerberg erkennt, versteht hier aber nicht die wertvolle Gleichgültigkeit von The Social Network gegenüber den sicher spannenden Feinheiten des Programmierens, über die sich ja höchstens Informatiker freuen würden.
The Social Network ist daran genauso wenig interessiert wie an historischer Genauigkeit oder überhaupt irgendeiner Form der Imitation. The Social Network erhebt sich über lästige Details, mit denen andere Biopics sich den Schutzanzug der Authentizität überstreifen, der sie vor nichts anderem bewahrt als dem Vorwurf, nicht authentisch zu sein.
Es hätte bestimmt Schauspieler gegeben, die Mark Zuckerberg ähnlicher sehen als Jesse Eisenberg. Und es hätte bestimmt Drehbuchautoren und Regisseure gegeben, die einen Film gemacht hätten, der Mark Zuckerberg besser gefallen hätte. The Social Network hätte ein normales, langweiliges Biopic werden können.
Spannende Fakten zu The Social Network
- The Social Network steht auf Platz 1 unserer Besten Film des Jahrzehnts.
- Sony ermöglichte der Produktion eine der teuersten Oscar-Kampagnen der Geschichte. Den Oscar für den Besten Film gewann 2011 jedoch The King's Speech - Die Rede des Königs. Aaron Sorkin erhielt einen Oscar für sein adaptiertes Drehbuch.
- The Social Network basiert lose auf dem Buch Milliardär per Zufall: Die Gründung von Facebook – eine Geschichte über Sex, Geld, Freundschaft und Betrug
- Bei Moviepilot hält der Film eine Bewertung von 7.1.
Zum Glück ist es das nicht. Zum Glück hat das niemand versucht. Indem Aaron Sorkin und David Fincher die reale Rahmung aufweichen und den Fall zu ihrer Geschichte umformen, wurde The Social Network zum Film über Social Media im Allgemeinen. Oder auch einfach: Ein Film über Menschen und ihr Verhältnis zu Freundschaft, Vertrauen und Vertrauensmissbrauch.
Jesse Eisenbergs Mark Zuckerberg ist der Prototyp des Internet-Drecksacks
Jesse Eisenberg, der Mark Zuckerberg spielt, sieht seinem Vorbild nicht ähnlicher als jedem anderen blassen dünnen Mann mit lockigen Haaren. Viel interessanter ist ja, was der Film aus dem Rohmaterial der Popfigur Mark Zuckerberg macht. Einen Mann nämlich, der übermenschlich schnell spricht, im Internet Frauen beleidigt, milliardenschwere Ideen klaut (vielleicht), seinen besten Freund verrät (vielleicht) und grundlos betrügt (vielleicht). Der Prototyp des Internet-Drecksacks.
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Diesen Mark schreibt der Film zur hasserfüllten Keimzelle des Monsters Facebook um, der all seine menschlichen Schwächen, Ängste und seinen Hass in einem Moment der Zurückweisung und Kränkung in seine Schöpfung einprogrammiert. In einer Parallelmontage früh im Film stürmt ein wütender, sitzen gelassener Mark mit Scheuklappen über den Campus von Harvard, im Kopf reift schon die Idee von FaceMash heran.
The Social Network erahnte die Verbreitung von Hass im Internet
Es blitzen Bilder von feiernden Verbindungsbrüdern auf, dem echten Leben, die alles haben, was Mark nicht hat. Tatsächlich war Mark Zuckerberg bei der Gründung in einer Beziehung mit seiner heutigen Ehefrau Priscilla Chan. Aber das ist egal, denn das Ergebnis dieses Abends, Facebook, wird so, ganz wie der Film, zu einem Werk, das wir im Kontext sich fortbewegender Zeit neu lesen und interpretieren können.
Der Film zeigt anschließend in dem schleichenden Entstehungsprozess des Monsters Facebook, wie unvorbereitet Menschen von anonymen Angriffen im Internet getroffen werden. Er ahnt das Unheimliche, das Geisterhafte am rachsüchtigen Online-Profil voraus.
Es ist zum Beispiel wichtig, dass eine Freundin von Erica Albright (Rooney Mara) ihr die schrecklichen Dinge vorliest, die Mark über sie ins Internet geschrieben hat. Jeder hat es gesehen, bevor du sie gesehen hast. Alle wissen Bescheid. Im entsetzten Gesicht von Rooney Mara spiegelt sich die Machtlosigkeit aller späteren Opfer von Cyber-Mobbing und Hate-Speech.
Die Bedeutung von The Social Network im Wandel der Zeit
Immer, wenn sich Facebook in den letzten 9 Jahren seit Veröffentlichung von The Social Network weiterbewegt hat, bewegte sich auch der Film weiter. Mit jeder Verschiebung in der Realität ändert sich der Betrachtungswinkel auf das Werk und bringt neue Erkenntnisse hervor.
2010, im Jahr der Veröffentlichung, mag The Social Network noch wie eine vielleicht sogar etwas naive Überlegung über die Ökonomisierung von Freundschaften gewirkt haben.
“You can’t make 500 million friends without making a few enemies” prangt als Untertitel auf den Kinopostern. Der Zuckerberg im Film erschafft ein digitales Netzwerk, das Menschenleben in einem fiktiven Raum zusammenzurren soll, während die Freundschaften im Film nach und nach zerbrechen.
Mittlerweile hat Facebook 1,9 Milliarden Mitglieder weltweit, löst aber ganz andere Sorgen aus. Darüber, auf Facebook Zeitungsartikel zu teilen und zu verbreiten, dachte damals zum Beispiel noch niemand nach. Heute sind sich Social Media-Experten sicher, dass der Algorithmus von Facebook und die gesteuerte Verbreitung von Fake News eine US-Präsidentschaftswahl zumindest mitentschieden hat.
Gegenüber der erdrückenden Facebook-Gegenwart wirkt der einsame Schluss des Films zerbrechlich klein. Den berühmten Gründer beobachten wir hier zurückgeworfen auf seinen menschlichen Schatten im trüben Licht des Laptops. Hoffend auf irgendeine ferne Regung im leeren digitalen Raum.
Wo steht The Social Network auf eure Liste der besten Filme des Jahrzehnts?