Der amerikanische Freund kommt zu Bruno Ganz' Geburtstag

22.03.2016 - 10:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Bruno Ganz in Der amerikanische FreundKinowelt
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Schauspieler Bruno Ganz feiert heute seinen 75. Geburtstag. Aus diesem Grund haben wir uns noch einmal seine erste Zusammenarbeit mit Regisseur Wim Wenders angesehen. Der Thriller Der amerikanische Freund ist vor und hinter der Kamera spannend.

Wim Wenders' Filme sind vielleicht nicht jedermanns Sache, allerdings gibt es diverse Gründe, sich Der amerikanische Freund aus dem Jahre 1977 anzusehen. Nicht zuletzt weil das heutige Geburtstagskind Bruno Ganz in dem Thriller seine erste große Kinohauptrolle abliefert. Darum geht heute Mein Herz für Klassiker an die packende Romanverfilmung.

Zwischen großer Freude und purem Stress

Eigentlich wollte Wim Wenders ein anderes Buch von Patricia Highsmith verfilmen. Der Schrei der Eule war immer sein Liebling, allerdings ist er einfach nicht an die Verfilmungsrechte gekommen. Highsmith selbst bot ihm dann exklusiv die Möglichkeit, ihren neuesten und zu dem Zeitpunkt noch unveröffentlichten Roman Ripley's Game auf Zelluloid zu bannen. Das Endprodukt ist Der amerikanische Freund, jedoch war der Weg dorthin ein steiniger.

Stellt euch vor, ihr wollt einen Film mit John Cassavetes (Rosemaries Baby, Das dreckige Dutzend) drehen, der will aber nicht und empfiehlt Dennis Hopper. Der wiederum kommt zum Drehbeginn direkt vom Set von Apocalypse Now angedüst und ist, gelinge gesagt, noch nicht ganz frei von Schadstoffen. Während der Arbeiten kriegen sich deine Hauptdarsteller (Ganz und Hopper) in die Wolle, es fliegen sogar die Fäuste. Sie trinken die Nacht durch und kommen am nächsten Tag wieder zur Arbeit, alles ist geklärt. Zeitgleich habt ihr mit Nicholas Ray (... denn sie wissen nicht, was sie tun) auch einen eurer liebsten Regisseure am Set, schreibt für diesen sogar noch einmal das Drehbuch um. Zudem ist mit Lisa Kreutzer (Alice in den Städten) auch eure derzeitige Lebensgefährtin in einer Hauptrolle zu sehen. Das alles klingt nach Stress, viel zu viel Arbeit und einer großen Portion potentieller Glückseligkeit. Willkommen im damaligen Leben von Wim Wenders.

Realität versus Fiktion

All das merkt man dem Endprodukt von Der amerikanische Freund nicht an. Es bleibt ein bedrückender Thriller, der (einmal mehr in Wenders' Werken) die Grenze zwischen Gut und Böse verwischt. Ganz spielt den todkranken Bilderrahmenhersteller Jonathan Zimmermann, Hopper den Bildhändler Tom Ripley. Durch diverse Verstrickungen, einer Handvoll Lügen und fehlgeleitetem Ver- und Misstrauen entbrennt nicht nur die Flucht vor einem Gangstertrupp, sondern irgendwie auch vor der eigenen Person. Wir sehen Zimmermann zunächst hadern, weil er einen Menschen umbringen soll. Dann ist ihm alles egal, weil er ja eh bald sterben soll und er somit seiner Familie ein gutes Sümmchen, sozusagen als private Lebensversicherung, hinterlassen kann. Daraufhin muss er feststellen, dass ein theoretisch gefasster Plan in der Praxis mit diversen Eventualitäten rechnen muss. Die Wenders'sche Lebensweisheit quasi mit dem Zaunpfahl ins Gesicht geklatscht.

In Der amerikanische Freund ist irgendwie niemand so richtig sympathisch. Schlimm ist das Ganze nicht, denn die beklemmende Geschichte würde dem Zuschauer wohl um einiges mehr an die Nieren gehen, wenn dem so wäre. So bleibt der Abstand und wir können uns um einiges besser fragen, wie die Menschen sich gegenseitig so in den Rücken fallen können, sei es aus Egozentrik oder sogar Empathie. Es scheint, als würden wir so oder so immer das Falsche machen und am Ende dann doch allein in alle Winde verstreut nach Neuem zu streben. Wenders'sche Bildsprache at its best!

Und was kommt danach?

Für Wenders führte dieses Streben übrigens in die USA. Für Francis Ford Coppola drehte er mit Hammett seine erste Hollywood-Produktion, nur um die ernüchternden Ereignisse während der Dreharbeiten in Der Stand der Dinge zu verarbeiten. Dennis Hopper bedankte sich nach dem Dreh mehrfach bei Wenders, denn er ist der Ansicht, ohne den Regisseur wäre er in der Post-Apocalypse Now-Drogenhölle hängen geblieben. Kreutzer und Wenders haben sich wieder getrennt. Nicholas Ray hat kurz vor Drehbeginn von Der amerikanische Freund seine Krebsdiagnose erhalten. Zusammen mit Wenders drehte er die halbgeskriptete Fast-Dokumentation Nick's Film - Lightning Over Water, die seine letzten Wochen bis zum Tod begleitet. Und Geburtstagskind Bruno Ganz? Er hat in Wenders einen Regisseur gefunden, der seine Stärken genau richtig einzusetzen weiß. So liefert das Gespann mit Der Himmel über Berlin den wahrscheinlich besten Film der beiden Karrieren ab. Dass sie danach noch die überflüssige Fortsetzung In weiter Ferne, so nah! abgeliefert haben, darf gerne gleich wieder vergessen werden.

Zurück bleibt mit Der amerikanische Freund ein vielleicht etwas zäher, jedoch umso bedeutungsschwangerer Film, bei dem es sich durchaus lohnt, ihn anzusehen, allein schon der Schauspieler wegen.

Was haltet ihr von Der amerikanische Freund?

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