Die Game of Thrones-Spin-offs werden den Mythos Westeros beerdigen

17.06.2018 - 09:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Game of Thrones
HBO
Game of Thrones
16
6
Der Pilot zu einem Game of Thrones-Prequel ist beschlossene Sache, doch in der Vergangenheit wurden schon viele Kühe zu Tode gemolken. Eine gewisse Besorgnis ist daher angebracht.

Es ist kaum zu fassen, aber momentan wird an gleich vier Spin-offs gearbeitet, die in Westeros spielen und uns die Zeit nach der Mutterserie Game of Thrones so angenehm wie möglich gestalten sollen. Zwischenzeitlich war gar von fünf Ablegern des Fantasy-Hits die Rede, einer davon liegt momentan jedoch auf Eis. Dass die größenwahnsinnigen Pläne von HBO kein Scherz sind, wissen wir spätestens seit vergangener Woche, als die Pilotfolge zum Spin-off von Jane Goldman grünes Licht bekam. Zwar ist einerseits verständlich, dass die Sender-Verantwortlichen ihr großes Zugpferd nicht einfach so sterben lassen und den Hype um Game of Thrones möglichst lange aufrecht erhalten wollen. Schließlich sieht es ganz danach aus, als könne weder Westworld noch eine andere aktuelle HBO-Serie die schon bald klaffende Lücke schließen. Einiges spricht jedoch dafür, dass es mit dem kommenden Game of Thrones-Prequel sowie auch potentiellen weiteren verwandten Projekten in jeder Hinsicht nur bergab gehen kann.

Game of Thrones lebt von seinen menschlichen Figuren

Mit seiner Buchreihe, die der Hauptserie zugrunde liegt, schuf Autor George R.R. Martin eine soghafte fiktive Welt, die David Benioff und D.B. Weiss meisterhaft fürs Fernsehen adaptierten. Für Fabelwesen wie Drachen ist hier ebenso Platz wie für Gewaltexzesse, feministische Figuren, menschliche Dramen und generell das Verhandeln der conditio humana. Gerade diese elektrisierende Mischung macht Game of Thrones seit jeher zu einer Ausnahmeerscheinung in der Serienwelt. Das Prequel von Jane Goldman indes ist Berichten zufolge mehrere tausend Jahre vor den Geschehnissen der Originalserie angesiedelt und wird sich anscheinend mit einem besonders finsteren Kapitel von Westeros befassen: der Langen Nacht. Sie bezeichnet eine mehrjährige Phase, in der der Winter besonders unerbittlich zuschlug und in der auch die gefährlichen Eiszombies der White Walker erstmals gesehen wurden. Die Frage danach, inwieweit (richtige) Menschen hier überhaupt noch - beziehungsweise: schon - eine Rolle spielen, drängt sich auf.

Game of Thrones

Die Probleme sind schon durch die Mutterserie absehbar

Möglicherweise wagt das bestätigte Spin-off den entscheidenden Schritt in Richtung High-Fantasy und verschreibt sich damit klar erkennbar einem (Sub-)Genre. Dies allerdings stünde ganz im Sinne der aktuellen Entwicklung der Mutterserie, die spätestens seit Staffel 7 endgültig von Drachenpower und der Untoten-Armee des Night King vereinnahmt wird. Die Charaktere blieben dabei zuletzt eher auf der Strecke, vielmehr wurden panisch Allianzen geschmiedet und eine Romanze im Rosamunde Pilcher-Stil zwischen Jon Snow (Kit Harington) und Daenerys Targaryen (Emilia Clarke) beschworen, die sich mit lautem Trommelwirbel angekündigt hatte. Ambivalente Figuren wie Littlefinger (Aidan Gillen) kann die Serie indes nicht weiter gebrauchen und es liegt nunmehr an Cersei Lannister (Lena Headey), das letzte Bisschen menschlicher Game of Thrones-Abgründigkeit aufrecht zu erhalten, bevor das fade Spektakel alles überrollt.

Seit Staffel 6 muss das Autorenteam von Game of Thrones ohne die literarische Vorlage George R.R. Martins auskommen, was bislang erschreckend negativ zu Buche schlägt. Der Serie ist anzumerken, dass sie zwar ihr Ziel kennt, aber nicht recht weiß, wie sie möglichst elegant dorthin gelangt. Folglich wählen die Macher einfach den kürzesten Weg, was ihnen angesichts der knappen Bemessung der vergangenen Staffeln (Staffel 7 weist nur 7 Episoden auf) jedoch nur bedingt verübelt werden kann - jedenfalls aus logistischer Sicht. Erzählerisch hingegen muteten insbesondere die letzten beiden Folgen wie eine Bankrotterklärung an und Besserung ist kaum in Sicht. Vermutlich braucht es einfach die führende Hand eines George R.R. Martin, um Westeros lebendig zu halten, doch der berühmte Autor nimmt bei dem kommenden Prequel nach aktuellem Stand lediglich die Rolle eines Produzenten ein und und hilft mit, eine grobe Richtung für die Geschichte abzustecken. Mit Blick auf die schon bestehende Game of Thrones-Serie sind dies wahrlich nicht die besten Neuigkeiten.

Lena Headey in Game of Thrones

Game of Thrones wird seiner Magie beraubt

Game of Thrones verfügt über eine kunstvolle Mythologie, die ihren Glanz gewiss nicht dadurch behält, dass sie vollumfänglich ausgleuchtet wird. Über die faszinierenden White Walker wissen wir zum Beispiel schon durch Game of Thrones, dass einst die Kinder des Waldes sie erschufen und die Macher des Prequels müssen sorgfältig abwägen, was sie uns über diese Wesen eigentlich noch erzählen wollen. Die Gefahr einer Entzauberung ist groß, womöglich werden gar Fragen adressiert, die zuvor niemand gestellt hat. Ein Mythos aber lässt sich ohne Geheimnisse nicht aufrecht erhalten.

Das Serienuniversum von Game of Thrones sollte zusammen mit der finalen Episode der Hauptserie sterben, denn diese war in ihren ersten Staffeln eine gewaltige Bereicherung fürs Fernsehen und hat es nicht verdient, dem anhaltenden Franchise-Wahn zum Opfer zu fallen. Stattdessen sollte sich HBO darauf konzentrieren, komplett neue Ideen zu entwickeln - oder zumindest bekannte Stoffe umsetzen, an die sich bislang noch niemand herangetraut hat. Immerhin zählte Game of Thrones bis 2011 auch dazu.

Was haltet ihr von den Spin-off-Plänen um Game of Thrones?

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News