Die stolpernde Rückkehr eines Klassikers im Test zu Kings Quest

03.08.2015 - 18:00 Uhr
King's Quest
The Odd Gentleman
King's Quest
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Mit King's Quest wagen sich die Entwickler von The Odd Gentlemen an ein besonders schweres Erbe: Das Adventure-Epos aus den frühen 90er Jahren hat den Geist moderner Tage atmen müssen und ich habe mich diesem Neustart zähneknirschend gestellt.

Remakes sind riskante Projekte: Entwicklerteams wagen sich an Spielprinzipien und Geschichten, die vor Jahren eine große Community aufgebaut haben und diese Fans vergessen nicht so einfach, wieso sie ihr Lieblingsspiel vor langer Zeit in einem Kinderzimmer oder Hobbykeller zum persönlichen Klassiker erhoben haben. Die Remakes müssen diesen alten Geist einatmen und dabei irgendwie versuchen, die Spielmechaniken an den modernen Geschmack anzupassen: Klingt schwer, ist schwer — für alle Beteiligten.

King's Quest 1 — ihr seht die Herausforderung, richtig?


Nun war es für mich soweit, dem Remake eines meiner Herzensspiele in die polierten Augen zu blicken: Mit King's Quest versucht sich The Odd Gentlemen an der Wiederbelebung des vielleicht bekanntesten Point'n'Click-Adventures der frühen 1990er Jahren. Ihre Strategie? Der Märchen-Charakter der alten Teile inklusiver Zauberwald, Trollen und einem jungen Helden, der sich erst noch bewähren muss, bleibt erhalten — das behäbige Point'n'Click-System wird hingegen durch die Mechaniken eines Sidescrollers, einigen Quick Time Events und der Episodenstruktur ersetzt. Nur eine Umdichtung des klassischen King's Quest-Stoffs in ein Scifi-Drama wäre riskanter gewesen.

Ein Märchen mit frischen Zutaten

Um es kurz zu machen: Ja, es war ein goldener Moment in der Geschichte von The Odd Gentleman, als eines Tages im Meeting beschlossen wurde: "Kommt, wir machen einfach einen Sidescroller draus. Es blinkt nur, was wichtig ist." Statt mit einem Mauszeiger Pixel um Pixel nach nützlichen Items abzugrasen, dürfen wir nun auf unserem Weg von links nach rechts die wirklich hübschen Szenerien und Landschaften bestaunen: Der Grafikstil bewegt sich irgendwo zwischen Wasserfarben-Gemälde und detailreicher Fotografie. Mit beachtlicher Sorgfalt wurde jedem Bildschirm Leben eingehaucht und immer wieder blieb ich stehen, um den vielen Geräuschen im Hintergrund zu lauschen. Hach, schön.

Slapstick und Situationskomik spielen eine wichtige Rolle im Remake.


Spielerisch werden wir durch unser Abenteuer mit beachtlicher Unbarmherzigkeit am fest geknoteten, roten Faden durch die Geschichte gezogen: Die Erzählstruktur erinnert an die Geschichten von Telltale Games, wenn wir in mitunter recht langen Zwischensequenzen von einem Ort zum nächsten gebracht und dort schließlich mit einigen Rätsel konfrontiert werden. Diese drehen sich entweder um einfache Kombinationsrätsel oder verlangen von euch ein wenig mehr Grips: In beiden Fällen spielt eine ordentliche Portion Situationskomik eine wichtige Rolle, wenn unser etwas tollpatschige Held quer durch die Geschichte stolpert und hin und wieder auch wichtige, unveränderliche Entscheidungen treffen muss — deren Tragweite muss allerdings erst noch die Zukunft zeigen.

Slapstick als Geheimwaffe

Wer in den 90er Jahren noch fleißig einen Mauszeiger über die Pixelbilder der King's Quest-Spiele geschoben hat, dürfte spätestens jetzt fragen: "Aber Dom! Kann unser Held denn auch wie früher sterben?" In der Tat ist dies möglich: Nur segnen euren Helden nicht mehr mit ernsten Todesbotschaften und dramatischen Sterbeszenen das Zeitliche, sondern ihr bekommt den durchaus gelungenen Kniff des Remakes zu spüren. Die Abenteuer von King's Quest werden nun von unserem Helden selbst erzählt, der bereits ein hohes Alter und den Königsthron erreicht hat. Machen wir im Abenteuer einen tödlichen Fehler, korrigiert sich der Erzähler schmunzelnd und betont, dass er so ein Ungeschick niemals hätte geschehen lassen! Eine sehr elegante und erfrischende Möglichkeit, den Spieler, nicht aber die Immersion der Geschichte sterben zu lassen.

In der Parallelgeschichte erzählt der alte Held der jungen Gwendolyn von den Abenteuern.


Mit rund sechs Spielstunden bringt die erste Episode dieses Abenteuers eigentlich auch ein recht stattliches Gewicht auf die Waage und würde meinen wirklich positiven Eindruck noch deutlicher zeichnen. Allerdings kam es in der Mitte des Spiels zu einem ärgerlichen Vorfall, der meine Euphorie über Episode 1 deutlich trübte: Hier wird dem Spieler freie Hand gelassen, in welcher Reihenfolge er drei zu erledigende Rätsel angehen möchte. Ich entschied mich hier unwissentlich für die ungünstigste Reihenfolge und endete in einer Situation, in der ich nicht mehr weiterspielen konnte: Das Spiel hatte mich in eine Sackgasse geleitet und dank Autosave-Systems gab es auch keinen Weg mehr zurück. Das sind Fehler, die zu Zeiten des originalen King's Quest gängige Realität waren, heute allerdings angesichts des Entwicklungsaufwands eine ärgerliche Fahrlässigkeit der Entwickler. Trotzdem freue ich mich auf die kommenden Episoden und hoffe, dass The Odd Gentlemen das Kind in mir auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht lachend von der Nostalgie-Klippe stoßen werden.

Diese Review wurde mit Hilfe eines vom Publisher zur Verfügung gestellten PS4-Keys erstellt.

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