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Die Wegbereiter von Bonnie & Clyde, True Romance & Co.

16.01.2015 - 18:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Gun Crazy
Warner Bros.
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Sicherlich hat der ein oder andere von euch den Begriff Road Movie schon einmal gehört oder einen Film selbigen Genres geschaut. Mein Text schaut nun auf einen kleineren Korpus der Road Movies, den sogenannten Lovers on the Run.

Im neuen Jahr wollte ich auch mal den Moviepilot-Blog austesten und so verfasse ich nun meinen ersten Artikel. Die Idee zu dem Artikel kam mir tatsächlich durch den unsäglichen Honig im Kopf. Auch wenn es sich bei Til Schweigers neustem Machwerk nicht gerade um eine typische Road-Movie-Geschichte handelt - und erst recht nicht um Lovers on the Run - besitzt die Episode, in der Dieter Hallervorden und Emma Tiger Schweiger nach Venedig reisen durchaus Road-Movie-Motive. So, genug Worte über Honig Im Kopf verloren. Wir reisen nun ein paar Jährchen in der Filmgeschichte zurück und schauen uns die Anfänge der Lovers on the Run an. Ob es sich dabei um ein Subgenre des Road Movies handelt sei mal dahingestellt.

Ein jeder von euch wird wohl den prominentesten Vertreter Bonnie und Clyde aus dem Jahre 1967 kennen. Auch Filme wie True Romance oder Natural Born Killers sind nicht gerade unbekannt. Aber was verbindet all diese Filme miteinander? Wir haben zwei Liebende - ausgenommen vielleicht Ridley Scotts Gender-Variation Thelma & Louise - gegen den Rest der Welt. Zwei Outlaws, die einer Freiheitslust nacheifern und aus der reglementierten Gesellschaft ausbrechen. Sie sind nirgendwo zu Hause und müssen ständig in Bewegung bleiben. Am Ende ihrer Reise steht meist der Tod. Unterschiedlich hingegen formulieren die einzelnen Filme die Rolle der Gewalt.

Nach dieser ganz groben Skizzierung des Korpus möchte ich nun auf die Anfänge blicken. Welche Filme mit Lovers on the Run Motiven vor 1967 kennt ihr? Gut, Jean-Luc Godards Elf Uhr nachts von 1965 ist noch recht einfach. Aber gehen wir noch weiter zurück, wird das Feld kleiner und auch die Bezeichnung Lovers on the Run schwieriger, da es zur damaligen Zeit den Begriff des Road-Movies noch gar nicht gab.

Gehetzt, der im Original übrigens abgekürzt YOLO heißt (vermutlich eine kleine popkulturelle Referenz vom Zeitreisenden Fritz Lang auf die heutige Hashtag-Jugend), aus dem Jahre 1937 muss hier zwar als stilbildendes Paradigma gesehen werden, steht allerdings ein wenig alleine da. Ein weiterer Vorreiter (oder vielleicht schon der erste Vertreter dieses speziellen Typus des Road-Movies) sollte noch ganze 11 Jahre auf sich warten lassen. Exkurs Anfang: Gehetzt enthält auf ästhetischer Ebene Merkmale, die im Film Noir zu verorten sind und gilt somit auch als Vorreiter des Film Noirs. Exkurs Ende. An dieser Stelle muss ich darauf hinweisen, dass auch Tay Garnetts Reise ohne Wiederkehr aus dem Jahre 1932 als ganz früher Road-Movie-Vorläufer gesehen wird. Der sehr verspielte Charakter des Films gestaltet den Bezug zu den klassischen Vertretern des New Hollywoods oder den modernen Interpretationen der Lovers on the Run sehr schwierig und so soll es an dieser Stelle lediglich bei einer Erwähnung bleiben.

"This boy ... and this girl - were never properly introduced to the world we live in ..." heißt es zu Beginn von Im Schatten der Nacht von Nicholas Ray aus dem Jahre 1948 (wie schon erwähnt 11 Jahre nach Gehetzt). Daneben gilt der 1950 entstandene Gefährliche Leidenschaft von Joseph H. Lewis als weiterer maßgeblicher Wegbereiter für Bonnie & Clyde & Co. Auch wenn Im Schatten der Nacht der vermutlich bessere Film ist, halte ich Gefährliche Leidenschaft für den stilistisch und dramaturgisch interessanteren Film in Hinblick auf die hier behandelte Lovers on the Run-Thematik.

Falls an diesem Punkt überhaupt noch jemand von euch am Lesen ist und auch gewillt ist weiterzulesen, soll er nach bisher etwa 500 verfassten Worten gewarnt sein: Es wird nicht spannender oder besser. Kommen wir nun also auf Gefährliche Leidenschaft zu sprechen.

Wir befinden uns im Jahre 1950. Auf dem Höhepunkt des Film Noirs, zu Zeiten des Studiosystems und während des Hays-Codes. Diese Rahmenbedingungen sollten wir uns im Hinterkopf behalten. Um es nochmals deutlich zu machen, auch wenn ich den Film als Vorreiter des Road-Movies erachte, spreche ich dem Film nicht seinen Film-Noir-Charakter ab. Ganz im Gegenteil, ähnlich wie zum Beispiel Paul Schrader oder Norbert Grob, halte ich Gefährliche Leidenschaft für einen der wichtigsten Vertreter des Film Noirs. Insbesondere, weil sich an dem Film sehr schön aufzeigen lässt, dass der klassische Film Noir sich so langsam im Umbruch befindet. Allein dazu lässt sich ein eigener Text verfassen, also lasse ich das einfach mal als Aussage im Raum stehen.

Der Aufbruch der beiden Liebenden oder der Beginn des Abenteuers auf der Straße vollzieht sich erst nach einer halben Stunde Filmlaufzeit (von insgesamt 86 Minuten). Im Vergleich dazu startet Bonnie & Clyde direkt mit dem Aufbruch. Schon gleich der erste größere Überfall unserer Liebenden stellt den Höhepunkt des Films dar. In einer gut vierminütigen Plansequenz schauen wir unseren Protagonisten bei einem Raubüberfall von der Rückbank des Autos zu. Wir fahren mit ihnen in die Stadt hinein, lauschen ihnen bei den Gesprächen darüber, dass die Stadt sehr voll ist und auf welchen Parkplatz sie sich vor der Bank stellen sollen. Bart geht als Cowboy verkleidet in die Bank, Annie wartet im Fluchtwagen. Ein Polizist positioniert sich vor der Bank. Annie muss aussteigen, um ihn abzulenken. Bart rennt aus der Bank raus und Annie schlägt den Polizisten K.O.. Alles muss schnell gehen, sie flüchten mit dem Wagen aus der Stadt und erst nachdem die sichtlich erregte Annie mehrfach bestätigt, dass sie keine Verfolger haben, erfolgt der Schnitt.

Eine solch aufwendige Plansequenz war für die damalige Zeit untypisch und zeigt ein weiteres Mal, dass der Film mit Stilmitteln arbeitet, die ihrer Zeit voraus waren. Da ich gerade merke, wie viele Worte ich bereits verfasst habe, möchte ich zum Ende kommen. Die amerikanischen Filme Gefährliche Leidenschaft, Im Schatten der Nacht und auch der sehr früh entstandene Gehetzt dürfen gerne als Vorreiter des später genauer definierten Genres gesehen werden. Sie weisen zwar nicht immer die archetypische Struktur auf und sind auch in Hinblick auf Gewalt und Sexualität etwas gemächlicher - auch wenn Gefährliche Leidenschaft für die damalige Zeit schon recht offensiv und radikal war. Diese und weitere Punkte können natürlich noch viel genauer ausgeführt werden, als kleiner Einblick soll dies aber mal reichen. Ich möchte an dieser Stelle Schluss machen. An alle, die sich wirklich bis zum Ende durchgelesen haben, möchte ich meinen Dank aussprechen. Ich hoffe, ihr konntet vielleicht ein wenig dazulernen und es war nicht zu langweilig oder anstrengend dem Text zu folgen.

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