Ein neuer Konkurrent für Battlefield und Counter-Strike?

08.04.2015 - 09:38 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Rainbow Six Siege
Ubisoft
Rainbow Six Siege
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Mit Rainbow Six: Siege versucht Ubisoft, ein angestaubtes Genre zurück auf unsere Festplatten zu holen: den Taktik-Shooter. Ich habe mich durch die Closed Alpha gespielt, um herauszufinden, ob Rainbow Six: Siege das Zeug zum nächsten großen Ding hat.

Als eine der größten Überraschungen des Abends stellte Ubisoft während der E3 im vergangenen Jahr mit einem gigantischen Paukenschlag Rainbow Six: Siege  vor, den neusten Teil der traditionsreichen Taktik-Shooter-Serie, die das unübersehbare "Tom Clancy" dick im Namen trägt. Der Ankündigungs-Trailer gab einen Vorgeschmack auf das Spielgefühl, das im fertigen Spiel auf uns warten sollte.

Räuber und Gendarm. Und Geiseln?

Im Mittelpunkt von Rainbow Six: Siege stehen zwei Teams zu je fünf Spielern, die sich aus unterschiedlichen Spezialisten zusammensetzen. Während die Terroristen eine Geisel in ihrer Gewalt haben und alles dafür tun, damit dies auch so bleibt, versucht das polizeiliche Einsatzkommando, das wehrlose Opfer in seine Gewalt zu bringen und sicher aus dem Gefahrengebiet zu eskortieren. Neben diesem Hauptziel kann eine Runde allerdings auch durch die vollständige Auslöschung eines Teams enden. Über zehn Runden hinweg tauschen beide Teams abwechselnd die Rolle bis die Gruppe mit den meisten Siegen schließlich gewonnen hat. So weit, so einfach – doch wie spielen sich Räuber und Gendarm nun in der Praxis?

Tatsächlich sieht die Wirklichkeit der Alpha doch deutlich anders aus, als uns noch im Ankündigungstrailer versprochen wurde. Während auf der E3 die Kontrolle über die Geisel das wichtigste Missionsziel darstellte, entwickelt sich nun in der Alpha fast jedes Match zu einem Team Deathmatch, das die Rettung beziehungsweise den Schutz des Zivilisten zweitrangig macht. Während in den sehr knackigen Vorgängerspielen diese Vorgehensweise innerhalb von Sekunden vom Gegnerteam bestraft werden würde, scheint der aktuelle Zustand von Rainbow Six diesem Spielverhalten noch unter die Arme zu greifen.

Zu Spielbeginn wählen beide Teams jeweils heimlich ihre Startpunkte.

Vor allem auf Reddit  sperrten die Entwickler von Ubisoft Montreal kurz nach Launch der Alpha ihre Ohren weit auf, um das erste Feedback auswerten zu können. Tatsächlich sprossen seit dem Erwachen der Server ununterbrochen und ungebremst zahlreiche Beschwerde-Threads aus dem digitalen Boden, die Unmengen an Kritikpunkten auflisteten, die sich das Ubisoft-Team zu Herzen nehmen soll.

Geiselnahme in Lichtgeschwindigkeit

Und ein Großteil der Klagen ist nicht so einfach von der Hand zu weisen. Während zwar viele Beschwerden, wie zum Beispiel noch fehlende, dedizierte Server-Listen, ein mangelhafter Netcode, der zu Lags führt oder einige Glitches, die spielentscheidend sein können, ganz eindeutig mit dem noch sehr frühen Entwicklungsstand des Spiels zusammenhängen, hinterfragen einige Kritiken ganz grundlegende Design-Entscheidungen.

So spielt nun im Gegensatz zu den Vorgängertiteln das sogenannte Run and Gun, also das schnelle, fast blinde Aufeinanderstürmen, eine wesentlich größere Rolle: Die größte Schuld an dieser grundlegenden Änderung des Spielgefühls trägt die deutlich größere Resistenz der Spieler gegen Feindbeschuss. Statt nach schon einem Schuss aus der Runde auszuscheiden, steckt mein Soldat nun so viele Treffer weg, dass ich mir einen offene Schießerei leisten kann. Durch die so erhöhte Geschwindigkeit in den einzelnen Runden wird der Sinn vieler Gadgets, die von jedem Mitstreiter zusätzlich zu den Waffen ins Feld geführt werden, ad absurdum geführt.

Schön: Auch Frauen dürfen zum Schießprügel greifen.

Während momentan meist keine Zeit bleibt, nach Rundenstart noch ausgiebig feindliche Stellungen auszuspähen oder zu markieren, profitieren einige wenige Ausrüstungsgegenstände extrem vom Run and Gun-System: Der Herzmonitor beispielsweise erlaubt es einem Spezialisten, durch Wände hindurch Gegner anhand ihres Pulsschlages verzögerungsfrei zu orten und diese Information an Mitspieler weiterzugeben. Im Prinzip ist dieses Gadget nichts anderes als ein Wallhack und würde in anderen Spielen zum Server-Bann führen, bringt in Rainbow Six: Siege hingegen "nur" das Balancing der Teams durcheinander.

Andere neue Features wie die Möglichkeit, verwundete Kameraden mehrfach wieder auf die Beine zu holen, ein ständig eingeblendetes Fadenkreuz oder die Anzeige von Trefferfeedback sorgen für weitere Sorgenfalten in der Community, die sich mit Rainbow Six: Siege unfreiwillig in der direkten Nachbarschaft eines Call of Duty, Battlefield oder Counterstrike gerückt sehen.

Viel Potenzial, aber auch viel Luft nach oben

Doch von all diesen kleineren und größeren Problemen abgesehen, lässt sich eines nicht abstreiten: Nach mehr als acht Stunden in der Alpha habe ich deutlich mehr als einmal einen Anflug von Freude gespürt, wenn ein Angriff besonders gut funktionierte oder per (momentan leider noch nicht abschaltbaren) Voice-Chat im Team noch letzte wichtige Anweisungen ausgeteilt wurden.

Die Zusammensetzung der Klassen mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Spezialgebieten ergibt Sinn und es freut mich sehr, dass auch weibliche Streiter ihren Platz in den Riegen von Rainbow Six: Siege gefunden haben. Davon abgesehen ist das Spielprinzip unheimlich reizvoll, auf den relativ kleinen Karten jede einzelne der zahlreichen Möglichkeiten auszutesten, an sein Missionsziel zu gelangen. Hier sehe ich viel, viel Potenzial für um die Ohren geschlagene Nächte, in denen ich mit meinen Freunden am perfekten Einsatz feilen werde.

Dank des mobilen Schildes konnte ich mir eine hervorragende Position im Treppenhaus sichern.

Aber es gibt noch viel zu tun. Aktuell bewegt sich Rainbow Six: Siege trotz der teilweise immer wieder spannenden Runden und den vielversprechenden Grundlagen noch immer in gefährlicher Nähe zu Shootern wie Counterstrike, Battlefield und Call of Duty, die bereits jeweils ihre eigene Nische gefunden haben. Rainbow Six, das seine Wurzeln im langsamen, überlegten Taktik-Shooter hat, zu einem Sammelgefäß aus allen modernen Shooter-Elementen zu machen, könnte den Langzeitspaß und damit auch den Erfolg des Spiels schnell gegen Null treiben. Die Serie hat in der Vergangenheit ganz eigene Stärken bewiesen, die die Entwickler spätestens bis zum Release schnell wieder für sich entdecken sollten. Ist Rainbow Six: Siege also eine neue Konkurrenz für Battlefield & Co.? Es wäre im Interesse von Ubisoft, diesen Vergleich möglichst zu meiden.

Wir werden euch in den kommenden Tagen noch ein kommentiertes Gameplay-Video präsentieren, das ihr dann auf unserem Youtube-Kanal finden werden könnt. 

Wenn ihr noch weitere Fragen zur Alpha habt, schreibt diese gerne in die Kommentarsektion unter diesem Artikel und ich werde mich möglichst schnell um die Beantwortung kümmern. Roger, roger!

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