Eine der besten Serien des Jahres bei Disney+: Nervenzerfetzende Spannung über 247 Minuten

26.12.2022 - 16:00 UhrVor 1 Jahr aktualisiert
The BearDiseny/FX
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Schweißtreibender als jeder Horrorfilm: The Bear ist die größte Serien-Überraschung des Jahres und ich habe mich immer noch nicht von dieser rauschhaften Erfahrung erholt.

2022 war ein sehr aufregendes Serienjahr. Neue Geschichten aus Mittelerde und Westeros testeten die Blockbuster-Grenzen des Mediums aus, während mit Better Call Saul eine der letzten großen Dramaserien à la Die Sopranos und Mad Men ihr Ende nahm. Dass diese Titel in zahlreichen Endjahreslisten Erwähnung finden, wundert mich nicht. Mit einer anderen Serie hingegen habe ich nicht gerechnet: The Bear.

Egal wie aufmerksam ich die monatlichen Startlisten studiere: Es ist unmöglich geworden, sämtliche Serien der Streamer und Sender im Blick zu behalten. Immer wieder gibt es Projekte, die aus dem Nichts kommen und mich überrumpeln. Wenn ich ehrlich bin, sind Überraschungen wie The Bear die schönsten in einem Serienjahr. Plötzlich kann man ungeahnt mehrere Stunden in einer fremden Welt versinken.

Vergesst Ratatouille, das ist der ultimative Stresstest der Küchenfilme

Im Fall von The Bear waren es genaugenommen 247 Minuten, die mich in den hektischen Küchenalltag eines Restaurants katapultiert haben. Vergesst die Gemütlichkeit von Ratatouille: Das ist die Küchenversion von Adam Sandlers rastloser Glücksspiel-Odyssee in Der schwarze Diamant – eine schweißtreibende Erfahrung.

Hier könnt ihr den Trailer zu The Bear schauen:

The Bear - S01 Trailer (English) HD
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The Bear dreht sich um den talentierten Koch Carmen "Carmy" Berzatto (Jeremy Allen White), der eigentlich in der Welt des Fine Dinings  in New York zu Hause ist. Nach dem Tod seines Bruders kehrt er in die Heimat nach Chicago zurück, um dessen Restaurant zu übernehmen. Was folgt, ist – und ich übertreibe nicht – ein erbarmungsloser Überlebenskampf. Schon in der ersten Folge steht alles auf dem Spiel.

Serienschöpfer Christopher Storer, der zuletzt einzelne Episoden der ausgezeichneten Apple TV+-Serien Dickinson und Little Voice inszenierte, hat eine Serie geschaffen, die ihre Figuren ohne Vorwarnung in die schlimmstmöglichen Situationen manövriert. Für jedes Problem, das Carmy löst, kommen zwei neue dazu. Durchatmen kann er sich nicht leisten, denn womöglich brennt in diesem Augenblick das ganze Restaurant ab.

The Bear bei Disney+: Jeden Tag im Restaurant ein neuer Weltuntergang

Fehlende Gäste, falsche Lieferungen, Stress in der Familie: Persönliche wie berufliche Konflikte rauben Carmy den Schlaf, ganz zu schweigen von den Geldschulden, die ihm der Verstorbene hinterlassen hat. Die größte Herausforderung ist jedoch: Carmy muss als neuer Chef des alten, hinterbliebenen Teams einen Weg finden, den Laden zu schmeißen. Hier treffen grundlegend verschiedene Philosophien aufeinander.

The Bear

Die Meinungsverschiedenheiten reichen vom Essen bis zur Arbeitsmoral. Jede der acht halbstündigen Episoden ist vollgepackt mit hektischen Dialogen und Bewegungen, die ganze Lebensgeschichten beinhalten. Ein unachtsamer Schritt in der Küche kann einen ganzen Weltuntergang nach sich ziehen. Storer zeigt uns eine Welt, in der eigentlich keine Zeit für Nuancen ist und trotzdem jede einzelne zählt.

Schwindelerregend wirbelt die Kamera durch dampfende Umgebungen, während im Sekundentakt neue Bestellungen eingehen. Dabei müsste Carmy dringendst auf die Stopptaste drücken. Alles anhalten, ausschalten – und dann auf den Kopf stellen und überprüfen. Er steckt fest, aber die Welt dreht sich so schnell weiter, dass er nicht einmal überlegen kann, wie er aus der Sackgasse herauskommt.

Zwischen all der Rastlosigkeit von The Bear kommt das Rohe zum Vorschein

Die vibrierende Inszenierung von The Bear fängt dieses Gefühl perfekt ein. Trotz ihrer Kürze waten die Episoden mit einem Berg an Informationen auf, der uns mehr über die Infrastruktur der Küche, die Gastronomieszene in Chicago und die familiären Beziehungen erzählt, zwischen denen Carmy um sein Überleben kämpft. Doch The Bear ist nicht nur unfassbar gut darin, seinen Protagonisten in die Ecke zu treiben.

The Bear

Meisterhaft wird die Serie immer dann, wenn sie die Gefühlswelten der anderen Figuren Carmy gegenüberstellt. Rasend und mit Scheuklappen bewegt er sich durch die Küche. Völlig unerwartet trifft ihn die Erkenntnis, dass er sich genauso auf die Menschen um ihn herum einlassen muss wie diese sich auf ihn. Storer sucht in Extremsituationen nicht nur Nervenzusammenbrüche, sondern vor allem Begegnungen.

Zwischen Herdplatte, Kühlschrank und Tresen gibt es sowieso kaum Möglichkeiten, sich aus dem Weg zu gehen. Also lässt Storer die Figuren direkt ineinander krachen und bleibt so lange bei ihnen, bis sie sich beruhigt haben. Selbst in den aussichtslosesten Situationen können wir in diesen Szenen etwas Aufrichtiges beobachten, das Serie einen Schritt weiterbringt, ohne formelhaft zu wirken. Ganz roh, ganz nah.

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Habt ihr schon einen Blick in The Bear geworfen?

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