Er hatte seine Karriere beendet: Game of Thrones-Star Jack Gleeson kämpft mit dem Joffrey-Schatten, aber sein neuer Thriller ist ein erster Schritt zur Befreiung

11.09.2023 - 11:00 UhrVor 8 Monaten aktualisiert
Jack Gleeson in Game of ThronesHBO
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Als Joffrey Baratheon versetzte Jack Gleeson Westeros in Angst und Schrecken. Neun Jahre nach seinem Game of Thrones-Abgang nimmt er es mit Liam Neeson auf.

Jack Gleeson spielte in etwas mehr als drei Staffeln von Game of Thrones einen dermaßen abscheulichen Charakter, dass sich Gerüchte um sein Wohlbefinden breitmachten. Fans sollen ihre Wut auf Joffrey Baratheon an dem Schauspieler ausgelassen haben, hieß es. Aus Frust habe er sogar seinen Beruf hingeschmissen.

Gleeson hat diese Gerüchte widerlegt , mit 22 Jahren beendete er seine erste Karriere trotzdem. Andere träumen von einem Schauspiel-Sprungbrett wie Game of Thrones, Jack Gleeson tauschte es gegen eine Immatrikulationsbescheinigung. Mittlerweile hat der Ire die Pläne einer akademischen Laufbahn aufgegeben. Gleeson dreht wieder Filme und Serien. Sein bis dato prominentestes Projekt aus der Post-GOT-Ära ist ein Thriller mit Liam Neeson, der vergangene Woche bei den Filmfestspielen von Venedig Premiere feierte.

Der Thriller mit Game of Thrones-Star Jack Gleeson entführt in die 70er Jahre

In the Land of Saints and Sinners heißt der neue Film des Joffrey-Darstellers und er spielt wieder einmal einen Sünder. Gleeson übernimmt die Rolle eines Auftragskillers, der schadenfroh darüber berichtet, wenn seine Opfer um ihr Leben betteln.

Zunächst stellen sich Déjà-vus zu den guten alten Folterzeiten bei Game of Thrones ein, als er eine Armbrust statt eines Jagdgewehrs schwang. Nach seiner ersten Szene fürchtete ich schon, dass die dunkelbraunen Haare nur als Camouflage der verzogenen Seele eines Joffrey 2.0 dienen. Ich lag falsch.

Jack Gleeson in In the Land of Saints and Sinners

In the Land of Saints and Sinners spielt im Jahr 1974, was schon mal die Frisur des ehemaligen Westerosi erklärt. Nach einem Terror-Anschlag in Nordirland flüchten IRA-Leute über die Grenze zur Republik, wo sie in einem Dorf untertauchen. Unglücklicherweise will ein Ex-Auftragskiller (Liam Neeson) gerade in diesem Örtchen seinen Lebensabend mit Blumenbeeten und nachbarschaftlichen Flirts antreten. Als einer der Terroristen seinen Groll auf sich zieht, verfällt der Killer in seine alten Methoden. Die grimmige Anführerin der IRA-Truppe (Kerry Condon) lässt das nicht auf sich sitzen. Der Tote war ihr Bruder.

Kein besonderer Thriller, aber eine Top-Besetzung

Der Thriller sticht aus dem Liam-Neeson-plättet-Leute-Subgenre der letzten zwei Dekaden kaum heraus. Regisseur Robert Lorenz hat nur Augen für die Bilder, die den irischen Tourismus-Verband glücklich machen werden. Der Rest des schematischen Drehbuchs wird schmucklos in Szene gesetzt. Sehenswert ist In the Land of Saints and Sinners dank der Garde irischer oder nordirischer Charakterdarsteller, wie Colm Meaney, Ciarán Hinds und Kerry Condon.

Condon reißt den Film an sich. Ihre Figur erweist sich als erfrischendes Kontrastprogramm zu ihrer vergleichsweise leisen Rolle in The Banshees of Inisherin. Immerhin schlägt sie anderen ohne Rücksicht auf Alter oder Geschlecht ins Gesicht und marschiert durchs Dorf, als hätte sie tausend Mann hinter sich. Was wiederum eine schöne Visualisierung für ihre ideologische Festigkeit darstellt. Schnell steht fest: Neeson hat eine ebenbürtige Gegenspielerin auf dem Schauspielfeld.

Liam Neeson in In the Land of Saints and Sinners

Jack Gleeson könnte so eine Rolle gebrauchen, in der er ungewohnte Facetten beweisen darf. Denn wer ihn kennt, denkt automatisch an einen kleinen blonden Menschenquäler.

In the Land of Saints and Sinners bietet ihm das nicht ganz, aber zumindest in Teilen. Gleeson gibt den jungen Killer-Kollegen von Neeson, der in die Geschichte hineingezogen wird. Von der Altherrenweisheit will der genauso wenig wissen wie vom Mitgefühl.

Statt Hass entwickelt sich Sympathie für den emotional verwahrlosten jungen Mann, weil wir seine Fassade der Coolness durchschauen. Was wiederum nur gelingt, weil Gleeson uns den Weg dafür freiräumt. Wir erkennen, wie bemüht seine Witze sind, wie gestellt sein abgehärtetes Getue, wie sehr er dazugehören will. Es ist eine knifflige und erwachsene Darbietung, die nur oberflächlich wie Typecasting erscheint.

Warum die Rolle die Schwächen von Joffrey wettmacht

Im Prinzip zeigt Gleeson, was bei Joffrey nur in Ansätzen möglich war. Cerseis Sohn fiel in der Riege der Game of Thrones-Schlächter auf, weil er ein Junge war, der sich zum Mann aufplusterte, um dem langen, blutverschmierten Schatten früherer Herrscher zu entsprechen. Darin unterschied er sich beispielsweise von seinem inoffiziellen Sado-Nachfolger und Würstchen-Schwenker Ramsay Bolton. Joffrey war leicht zu durchschauen. Dabei wurde es belassen und so starb er, wie er lebte: während er anderen das Essen vermieste.

Jack Gleeson in Game of Thrones

In seinem filmischen Irland-Ausflug darf Gleeson in wenigen Szenen weiter hinter die Fassade blicken, als es Game of Thrones ihm ermöglicht hatte. So erreicht er einen Punkt, an dem er wahrhaftig berührt. Also seelisch, nicht, was die Ausmaße einer Fleischwunde angeht. Ob Jack Gleeson Joffrey hinter sich lassen will oder kann, ist noch nicht absehbar. Mit In the Land of Saints and Sinners vollzieht er zumindest einen überzeugenden ersten Schritt.

In the Land of Saints and Sinners hat momentan keinen deutschen Starttermin.

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