In Milla Meets Moses wird Breaking Bads Jesse Pinkman zum Traummann

05.09.2019 - 08:15 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
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Stellt euch Das Schicksal ist ein mieser Verräter oder Drei Schritte zu Dir mit Jesse Pinkman vor und ihr landet bei Milla Meets Moses, dem fantastischen Debüt von Shannon Murphy beim Festival in Venedig.

Sie siechen dahin, aber bevor sie die Radieschen von unten sehen, haben sie wenigstens geliebt. Ob in Das Schicksal ist ein mieser Verräter oder zuletzt Drei Schritte zu Dir, die Liebesgeschichten über junge, schöne Menschen, deren Körper sie an den Tod verraten, reißen nicht ab.

Der neuste Film mit schwer kranken Schmetterlingen im Bauch heißt Milla Meets Moses, kommt aus Australien und läuft im Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig. Darin verliebt sich ein krebskrankes Mädchen im Prinzip in Jesse Pinkman aus Breaking Bad.

Was erstmal abgedroschen klingt, entpuppt sich als einfühlsames Familiendrama mit hervorragenden Darstellern wie Essie Davies (Der Babadook) und Ben Mendelsohn (Rogue One). Milla Meets Moses ist ein fantastisches Kino-Debüt für die Australierin Shannon Murphy und gehört zu den positiven Überraschungen im Wettbewerb von Venedig.

Drei Dinge, die ihr über Milla Meets Moses wissen solltet:

  • Milla Meets Moses ist das Spielfilmdebüt von Shannon Murphy, die viel im TV gearbeitet hat. Bald inszeniert sie für Staffel 3 von Killing Eve.
  • Murphy ist eine von nur zwei weiblichen Regisseuren im Wettbewerb von Venedig, der 21 Filme umfasst.
  • Hauptdarstellerin Eliza Scanlen spielt auch in Little Women an der Seite von Saoirse Ronan und Emma Watson mit.

Zwischen Drei Schritte zu Dir und Breaking Bad

Irgendwann gegen Ende von Milla Meets Moses fuhr mir der Schrecken in den Nacken. Ich saß in einem Film über die erste Liebe eines krebskranken Mädchens und hatte keine Taschentücher eingepackt. Ein Ministativ hatte ich dabei, zwei Falschen Wasser, einen Apfel, zwei Handys, 20 kubanische Pesos, aber nicht ein läppisches Stück Zellstoff!

Eliza Scanlen in Milla Meets Moses

Hilflos ausgeliefert war ich den gefürchteten Tränenfluten, die Shannon Murphy hervorzaubern würde. Tatsächlich lädt der Film nach einem Theaterstück von Rita Kalnejais zur befreienden Heul-Attacke ein. Nur bietet er mehr als eine Achterbahnfahrt von Liebe zu Tod (die, nebenbei bemerkt, auch ihre Daseinsberechtigung im Kino hat).

Spätestens wenn wir den Drogendealer Moses (Toby Wallace) sehen, steht fest, dass eine Abwechslung von den handelsüblichen Krebs-Romanze sich anbandelt. Mit seinen roten Augenringen, blutigen Fingerknöcheln und durch die Leinwand müffelndem Hawaiihemd sieht "Mo" aus wie das versiffte Kind von Breaking Bads Jesse Pinkman und Rapper Post Malone.

Der Drogendealer ist der fleischgewordene Alptraum der Eltern Anna (Essie Davis) und Henry (Ben Mendelsohn) und trotzdem findet er sich wiederholt in dem schicken Haus der beiden wieder. Die krebskranke Tochter Milla (Eliza Scanlen) will es so.

Milla Meets Moses trumpft mit Humor und Nuancen auf

Was Milla in Mo sieht, bleibt bis zu einem gewissen Grad ihr Geheimnis. Ihre Faszination für den Pillen vertickenden Schulabbrecher wird in Milla Meets Moses vom ersten Augenblick an glaubhaft suggeriert. Er verkörpert alles, was sie nicht hat und vielleicht auch nicht haben sollte, aber wenigstens mal kosten möchte zwischen den Tabletten.

Ben Mendelsohn in Milla Meets Moses

Auf der anderen Seite stehen die beiden Eltern, er Psychiater, sie Musikerin. Er verschreibt ihr Beruhigungsmittel und sediert sich anderweitig. Eine liebevolle Familie bilden sie, aber eine, die unter dem Gewicht der Krankheit auseinander gedrückt wird. Es ist eine dieser Familien, die man gern mal in besseren Zeiten kennen lernen würde.

Vor ein paar Tagen war Ben Mendelsohn bei den Filmfestspielen von Venedig in Netflix' Historiendrama The King zu sehen. Auch darin gibt er einen Vater, diesmal mit grauer Matte und innerlich verrottend. Einschüchternd, sardonisch und kalt spielt er in The King auf und seine wenigen Szenen erklären sofort, warum Timothée Chalamets Hal mit dem Hof nichts zu tun haben will.

Von The King zu Milla Meets Moses - das ist bei Ben Mendelsohn ein Unterschied wie Tag und Nacht. Verknautscht und ein bisschen unbeholfen bewegt sich Mendelsohn als Henry durch die Szenerie, als wurde er von Kopf bis Jeans durch die Mangel genommen. Einer der Höhepunkte (für uns, nicht ihn): Eine verhinderte Sexszene in Henrys Praxis, in die Mendelsohn wie in eine fremde Küche auf der Suche nach dem Flaschenöffner hineintappt.

Sein komödiantisches Timing darf Ben Mendelsohn zusammen mit der ebenfalls fabelhaften Essie Davis beweisen, die mit sparsamsten Mitteln eine Stange Prequels mit Backstory, eigenen Romanzen, Ehekriesen und so weiter anzudeuten vermag.

In diese Eltern verliebt man sich bei Milla Meets Moses sofort und vielleicht auch in den Drogendealer Mo. Shannon Murphys Spielfilmdebüt gehört zu den willkommenen Überraschungen im Wettbewerb von Venedig, auch wenn das Finale drei Schritte übers Ziel hinausschießt. Eine Träne kämpfte sich jedenfalls durch und kullerte mir triumphierend über die Wange.

Was haltet ihr von den schwer kranken Romanzen à la Das Schicksal ist ein mieser Verräter?

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