Finstere Story & fiese Bosse im Test zu The Witcher 3: Hearts of Stone

16.10.2015 - 17:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
The Witcher 3: Hearts of Stone
Bandai Namco
The Witcher 3: Hearts of Stone
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The Witcher 3: Hearts of Stone ist der erste der zwei kostenpflichtigen DLCs zum RPG des polnischen Entwicklers CD Projekt RED. Warum ich bei der Hauptgeschichte strahlte und mich die Bosse in den Wahnsinn trieben, erfahrt ihr im folgenden Test.

Meine Güte, wie ungeduldig habe ich auf dieses Datenbündel gewartet? Beinahe ein halbes Jahr ist es her, als ich die Disc von The Witcher 3: Wilde Jagd zum ersten Mal in meiner PS4 rotieren ließ und fortan die nächsten sechs Wochen damit verbrachte, mit Geralt und Plötze durch Velen, Skellige, Novigrad und Co. zu galoppieren und Monster zu jagen, Kräuter zu sammeln und der Bevölkerung einer rauen Fantasy-Welt bei ihren alltäglichen Problemen zu helfen. Viel Zeit ist seitdem vergangen, fast schon zu viel. Umso lauter klapperte ich mit den Füßen, während ich darauf wartete, dass sich The Witcher 3: Hearts of Stone in meine PS4-Festplatte einnistet.

Rückkehr ins Unbekannte

Ich startete bei Null: Ohne wirklich noch Ahnung zu haben vom Skill-System, dem Item-Menü und der Tastenbelegung (ihr könnt euch sicherlich vorstellen, wie sehr ich die Bevölkerung von Novigrad bei meinen ersten Gehversuchen verschreckt habe) packte mich der DLC am Schopf und zerrte mich zurück in diese fantastische, vom mittelalterlichen Polen inspirierten Spielwelt, deren musikalische Klänge mich sofort in jenen Sommer zurückversetzten, in dem ich eine der wohl intensivsten Rollenspiel-Erfahrungen der letzten sieben Jahre erfahren durfte.

The Witcher 3: Hearts of Stone

Es tut mir ja fast schon ein wenig Leid, dass ich euch hier meinen Schmalz entgegen schleudere. Ich höre jetzt damit auf, versprochen. So, ähm, aha: Die Geschehnisse des DLCs lassen sich wie gewohnt einfach aus der Quest-Liste des Hauptspiels heraus starten. Empfohlen wird jedoch ein Geralt auf Level 32 — seid euch dessen bewusst.

Finstere Story

Hearts of Stone beginnt so, wie es sich ein Hexer nicht besser hätte vorstellen können: Ein verwitterter Zettel am Anschlagbrett, ein Monsterproblem, ein Kopfnicken. Mit geschärfter Silberklinge und zurückgewonnener Steuerungssicherheit machte ich mich mit dem Weißhaarigen zusammen auf in neue Gefilde. Ich traf auf die Wild Ones, die vom charismatischen wie zwielichtigen Banditen Olgierd von Everec angeführt werden. Was so ordinär anfing, verzwirbelte sich immer mehr zu einer fesselnden Geschichte, die mich nicht nur auf alte Bekannte wie die Medizinerin Shani oder dem Spiegelhändler Gaunter O’Dimm treffen ließ, sondern auch mit Olgierd einen faszinierenden Antagonisten porträtiert.

Die Hintergrundgeschichte des Antagonisten Olgierd ist ungemein spannend.

Die 10- bis 12-stündige Erfahrung war zwar vergleichsweise kurz, dafür aber umso intensiver: Während sich die Dringlichkeit der Ciri-Suche im Hauptspiel aufgrund seiner Länge stets irgendwo in den Nördlichen Königreichen, zwischen Höhlennischen, verschneiten Büschen und vom Wind rauschenden Büschen verflüchtigte, lässt mich der Plot um den unheimlichen Olgierd gerade wegen seiner Kompaktheit ohne Umschweife und mit voller Anteilnahme am Geschehen teilnehmen. Dieses wird obendrein mit einer spielerischen Mannigfaltigkeit präsentiert, die Hearts of Stone wie eine kleine, wilde Hausparty erscheinen lässt.

Fiese Bosse

Auffällig ist hingegen die schlechte Balance des Schwierigkeitsgrades: Während ich Wildschweine (Ja, die gibt es jetzt auch) und Drowner mühelos tänzelnd in die Knie zwang, verspürte ich bei den Bosskämpfen dieses Mal Gefühle, die sonst nur bei Bloodborne oder Dark Souls nach Außen dringen: Hier ein "Ja, was soll das denn?", da ein "Argh, nein!" und dort einige zu Recht nicht näher definierte Schimpfwörter wirbelten während der Kämpfe ununterbrochen durch mein kleines Zimmer. Herausforderungen sind ja nicht per se schlecht, aber durch den starken Kontrast zwischen den Endbossen und den Wegen dorthin, erscheinen erstere hier eher frustrierend als bereichernd.

Dieser Kröten-Boss ist noch harmlos

Hinzu kommt das Skillsystem, das zwar mit einigen neuen aber nichtigen Perks wie Kunstschuss, das mir erlaubt, mit der Armbrust einen weiteren Pfeil zu schießen, aufgewertet wurde, aber im Grunde nichts Spürbares zur Charakterentwicklung beiträgt — gerade dann nicht, wenn man sich auf einer höheren Stufe befindet. Die richtige Ausrüstung ist also das A und O. Mit einigen neuen Klingen und dem Vipern-Rüstungsset bietet Hearts of Stone diese immerhin an. Darüber hinaus erweist sich das neu eingeführte Runenwörter-System als wunderbare Ergänzung zum eher mäßigen Skilltree: Damit lassen sich nun erhebliche Vorteile, wie die automatische Abwehr von Pfeilen oder die beschleunigte Regeneration von Lebensenergie, herbeizaubern und das macht inmitten eines grunzenden, mit Keulen schwingenden Banditenmobs einen riesigen Unterschied.

Enttäuschung am Rande

Sidequests gibt es in Hearts of Stone nur wenige und das ist schade. Die wenigen, die Hearts of The Stone bietet, stehen aber denen des Hauptspiels in Nichts nach — im Positiven wie im Negativen: Das, was mich so sehr an The Witcher 3 band, waren vor allem die Nebenquests, die mir mit Reichhaltigkeit, Tiefgang und fein ausgeschriebenen, zuweilen schrulligen Charakteren die Erinnerung an das Figuren-Ensemble anderer RPGs der letzten Jahre madig machten (Sorry, Skyrim). Während mich die neue Mission Rose of the Red Field Bekanntschaft mit einer militaristisch-religösen Gruppierung schließen ließ und mich nochmals von diesem Eindruck überzeugte, entpuppten sich einige andere hingegen leider nur als plumpe Item-Suchaktionen, die nach fünf Minuten Tümpeltauchen mit reichlich gefüllten Taschen endeten.

Gerade von der ersteren Sorte hätte ich mir vielleicht zwei, drei mehr gewünscht. Nun möchte ich aber diesen Absatz nicht so nörgelig enden lassen: Dass ich die geringe Quantität von ausgefeilten Nebenaufgaben bedaure, unterstreicht letztendlich nur deren Qualität. Natürlich muss ebenso bedacht werden, dass es sich hier um einen circa zehn Euro teuren DLC handelt, der mit seinen zehn bis zwölf Stunden Spielzeit immer noch ein zufriedenstellendes, kompaktes Päckchen "The Witcher" anbietet, welches die kleinen Geschichten zwar schleifen lässt, dafür aber die Hauptgeschichte auf die große Bühne lässt.

Der Runenhändler aus Ofier ist einer der ersten dunkelhäutigen Charaktere im Spiel.

Die Kritik in Sachen Diversität, die vor einigen Monaten an einigen Stellen, unter anderem hier , zurecht laut geäußert wurde, hat sich CD Projekt RED zu Herzen genommen und geht in Hearts of Stone die ersten Schritte in die richtige Richtung: Mit den südländischen Olfieri tauchen nun erstmals nicht-slawische Figuren im Spiel auf. Dies ist nichts Markerschütterndes, zumal diese nur einen kleinen Part im Geschehen übernehmen. Dennoch beweist der polnische Entwickler die Fähigkeit zur Aufnahme und Verarbeitung von Medienkritik und das sollte uns alle freudig stimmen.

Fazit

The Witcher 3: Hearts of Stone ist ein DLC, der mich nach langer, unruhiger Wartezeit vor Augen geführt hat, wie viel narratives Potenzial im The Witcher-Universum steckt. Die umfangreiche, vielseitige und finstere, gar furchteinflößende Hauptgeschichte, die in puncto Tiefgründigkeit und Finesse auch gut aus einem Kurzgeschichtenband des polnischen Buchautoren Andrzej Sapkowski hätte stammen können, macht die Nebenquest-Flaute wieder wett. Hinzu kommen neue Waffen, Rüstungen, Monster und Schatzsuchen, die Hearts of Stone komplettieren und zwischen all den digitalen Zusatz-Dunst, der sonst so umherfleucht, herausstechen lassen.

The Witcher 3: Hearts of Stone wurde uns in Form eines PS4-Keys vom Publisher Bandai Namco zur Verfügung gestellt.

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