Game of Thrones - 6. Staffel, 8. Folge im Recap

14.06.2016 - 09:20 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Game of ThronesHBO
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Mit einer der schwächeren Folgen der Serie marschiert Game of Thrones auf das Finale der 6. Staffel zu und liefert immerhin zwei bewegende Abschiedsszenen.

Was genau bedeutet eine schlechte Folge überhaupt für Game of Thrones anno 2016, einer Serie, die bei bald 60 Episoden, mittlerweile durchschnittlichen 7 Millionen US-Zuschauern und Abermillionen ausländischen Abonnenten, DVD-Käufern und Filesharern angelangt ist? Welche Auswirkung kann ein misslungener Plotstrang auf die gut geölte Serienmaschine haben, die die Zuschauer jedes Jahr wieder so unaufhaltsam einsammelt, wie Westeros und Essos im Vorspann unter der Sonne hinwegrollen? Oder zwei oder drei? Nun haben wir also eine dieser schlechteren Folgen von Game of Thrones vor uns: No One (DT: Niemand), 8. Folge der 6. Staffel, so viel für die Annalen der GoT-Recap-Schreibung. In einem anderen seriellen Kontext wäre No One mit seinen immerhin lässigen The Hound-Zitaten und den Abschieden von Tyrion und Varys, bzw. Jaime und Brienne wenigstens Durchschnitt gewesen. Aber die beiden Showrunner und Episoden-Autoren David Benioff und D.B. Weiss befinden sich bereits im Endspurt, nicht nur der Staffel, sondern der Serie. Es vergeht kaum eine Woche ohne Spekulation über die letzten, womöglich verkürzten Staffeln von Game of Thrones und es vergeht keine Episode ohne das Gefühl, die Autoren würden bereits ihre kreativen Kohlenhydrate rationieren.

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Verzweiflungs-Sprints hatte es schließlich schon in der 5. Staffel gegeben, als Stannis Baratheon (Stephen Dillane) kurzerhand zum Kindermörder verkam, um anschließend zügig entsorgt zu werden. Ähnlich wurde Anfang der aktuellen Season von Game of Thrones mit dem sowieso missratenen Dorne-Plot verfahren. Da ermordeten die Sand Snakes Doran Martell (Alexander Siddig) und waren seitdem nicht mehr gesehen und es fällt schwer, sich zwischen Enttäuschung oder Erleichterung zu entscheiden. In No One werden nun alle Befürchtungen bezüglich des Arya-Plots aus der letzten Folge wahr. Was umso mehr aufregt, weil Game of Thrones von der Brillanz in die Dämlichkeit rutscht und wieder zurück. Brillant, weil Essie Davis' Lady Crane mit Hilfe der Regie-Anweisungen von Arya (Maisie Williams) eine Art Chorus zur sich zersetzenden Beziehung von Cersei (Lena Headey) und Tommen (Dean-Charles Chapman) liefert. Trauer mischt sich bei ihrem Theatermonolog über den verstorbenen Joffrey in Wut, die in der realen Cersei längst nicht erloschen ist. Was wiederum Jaime (Nikolaj Coster-Waldau) in ein unheilvolles Bild fasst, wenn er gegenüber seiner Geisel Edmure (Tobias Menzies) davon spricht, Cersei würde für ihre Kinder eine ganze Stadt in Brand stecken. In derselben Folge verspricht GoT-Frankenstein Qyburn (Anton Lesser) der Königinmutter, an "Gerüchten" sei noch mehr dran als gehofft, und momentan deutet alles darauf hin, dass sie von geheimen Wildfire-Vorräten unter der Stadt sprechen. Cersei könnte in ihrer Konfrontation mit Tommen und dem High Sparrow (Jonathan Pryce) zum Äußersten getrieben werden, indem sie King's Landing mit sich in den Untergang reißt. Ein Déjà vu, das die Autoren durch Brans Visionen vorbereitet haben könnten, als wir sahen, wie Jaime den König Aerys II. Targaryen genau von solch einer Tat abhielt. Wird aus dem Kingslayer bald der Kinslayer?

Game of Thrones

Fein verstärkte Story-Echos werden in No One allerdings durch rumpelndes Plot-Geröll übertönt, wenn Lady Crane nach ihrem Auftritt Arya findet und mit dreckigen Binden, miserabler Suppe und Milk of the Poppy innerhalb weniger Tage derart aufpäppelt, dass diese sich mit dem T-1000 von Game of Thrones eine Verfolgungsjagd liefern kann. Es war also wirklich Arya, die sorg- und waffenlos durch Braavos spazierte, mehrere Messerstiche in den Bauch kassierte, in einen Abwasserkanal fiel und nun trotzdem aus mehrstöckigen Gebäuden hüpft. Die Jagd durch die Straßen hätte in einer anderen Folge als rasant inszeniertes Spektakel vergnügt, viel zu selten sehen wir doch Arya in Aktion. Im Kontext - und für diesen Kontext tragen die Autoren die Verantwortung - der schlicht und ergreifend doofen Vorgehensweise Aryas und ihrer vom Plot-Tempo erzwungenen mirakulösen Genesung wirkt die Sequenz nur dick aufgetragen. Klar, Arya ist immer noch ein Kind, das Fehler macht. Geht sie jedoch in einer Folge wachsam mit Needle in der Hand zu Bett, um sich in der nächsten als Zielscheibe zu präsentieren und in der übernächsten superclever ihre Gegnerin in die dustere Falle zu locken, deren Gesicht abzuschneiden und ins House of Black and White zu schleichen, tritt die erzählerische Inkonsistenz leider unverkennbar zu Tage. Arya wurde knapp zwei Staffeln in eine Assassinen-Ausbildung gesteckt, die ihre Persönlichkeit und damit ihr Trauma auslöschen sollte. Vielleicht brauchte sie genau diese Radikalkur, um zu erkennen, dass sie zu ihrer Herkunft und ihren Verlusten stehen muss. Verdient haben sich die Autoren diese Erkenntnis nicht.

A girl is Arya Stark of Winterfell and I am going home.

Tatsächlich scheint Game of Thrones seit einer Weile in einem Limbus kontinuierlicher Vorbereitung gefangen zu sein. Das "Event", ob am Ende dieser Staffel oder der Serie, erdrückt mit seiner Abwesenheit alles andere, Zeit zum Verweilen wird nur noch selten geboten. Winter is Coming. Was Regisseur Mark Mylod im Grunde in Bilder fasst, wenn er den Hound (Rory McCann), The Waif (Faye Marsay) und schließlich Drogon im Hintergrund lauern lässt, primär für uns, die Zuschauer, erst zweitrangig für die Todgeweihten im Wald, Arya oder den Small Talk-Workshop in der Pyramide von Meereen. So kommen Szenen zu Stande wie jene, in der Tyrion (Peter Dinklage), Missandei (Nathalie Emmanuel) und Grey Worm (Jacob Anderson) über Wein und Witz streiten, ihre Stadt eher beiläufig in Flammen aufgeht und Daenerys (Emilia Clarke) rettend vom Balkon hereinstürmt. Schnitt und weiter geht's zur nächsten Versorgungsstation des Story-Marathons.

Unter solchen hanebüchen verkürzten Twists vergisst man beinahe, mit welcher Zurückhaltung Game of Thrones für gewöhnlich Eindruck schinden kann. Man schicke zwei Schauspieler vom Formate Conleth Hills und Peter Dinklages an den Hafen, man lasse Nikolaj Coster-Waldau mit seiner Goldhand einem Blue-Screen zuwinken und schon türmen sich vor dem geistigen Auge Höhen und Tiefen einer Beziehung auf dem Fundament von staffellanger Vorarbeit auf. Wenn Brienne (Gwendoline Christie) in jenem Zelt vor Riverrun Jaimes Ehrenwort ohne weitere Versicherung akzeptiert und damit das Gute in ihm zur Kenntnis nimmt, eröffnet sich für ein paar Minuten ein Tor zu einem anderen Leben. Die Wandlung zum Besseren scheint in Game of Thrones mit seinen von Rache, Schmerz und Gewalt verfolgten Figuren vielerorts das flüchtigste Gut zu sein. Das Tragische am Abschied von Jaime und Brienne ist nicht seine Unfähigkeit, sich zu ändern. Vielmehr findet es sich im Gegenteil, welches sich auch in der friedlichen, obschon antiklimaktischen Lösung der Belagerung offenbart. Während sich Arya für ihre Familie entscheidet und der Hound noch damit hadert, Teil von Beric Dondarrions Truppe zu werden, zieht es Jaime wider besseren Wissens über kurz oder lang auf die Seite seiner Schwester. Jaime könnte ein besserer Mensch sein und Game of Thrones eine bessere Serie.

Zitat der Folge: "You're shit at dying, you know that?" (The Hound)

Alle Recaps zur 6. Staffel von Game of Thrones:

6. Staffel, 1. Folge - The Red Woman
6. Staffel, 2. Folge - Home
6. Staffel, 3. Folge - Oathbreaker
6. Staffel, 4. Folge - Book of the Stranger
6. Staffel, 5. Folge - The Door
6. Staffel, 6. Folge - Blood of My Blood
6. Staffel, 7. Folge - The Broken Man

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