Game of Thrones: Das starke Finale bewältigt eine unlösbare Aufgabe

20.05.2019 - 17:00 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
Game of Thrones: Das Serienfinale
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Game of Thrones: Das Serienfinale
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Game of Thrones endet in der 6. Folge der 8. Staffel mit einem gelungenen Serienfinale, das Happy Ends eine Absage erteilt. Wurde das Rad tatsächlich gebrochen?

Trauer liegt über dem Serienfinale von Game of Thrones und damit sind nicht jene Zuschauer gemeint, die das acht Jahre dauernde Lied von Eis und Feuer enttäuscht verabschieden.

Auch die Anwandlungen von Comedy in der zweiten Hälfte der 6. Folge können den Ton von Der Eiserne Thron (im Original: The Iron Throne) nicht aufhellen. Game of Thrones endet zwischen Schutt und Asche, Exil, Flucht und Trennung. Die Vision einer gerechteren Herrschaft schließt die Serie ab und eröffnet zugleich zahlreiche neue Konfliktherde.

Die Showrunner David Benioff und D.B. Weiss haben ein Ende für eine Serie geschrieben, deren zufriedenstellender Abschluss einer unlösbaren Aufgabe glich. Das stand fest, seitdem sie George R.R. Martins Bücher hinter sich ließen.

Der Eiserne Thron leidet, wie die ganze 8. Staffel, unter den Anstrengungen, dieses Ende mangels Material zurecht zu schmieden. Dem Ergebnis fehlt es an Eleganz, doch seinen Zweck erfüllt es. Die größte und vielleicht letzte dermaßen große Fernsehserie hat ein gelungenes Finale erhalten.

Die drei wichtigsten Erkenntnisse der letzten Game of Thrones-Folge:

  • Wer hätte gedacht, dass Daenerys mal wie ein Star Wars-Bösewicht aussehen würde (speziell General Hux und die Erste Ordnung in Das Erwachen der Macht)?
  • Für Leute, die sowas interessiert: Jon streichelt Geist.
  • All die Hand-Arbeit und trotzdem bleibt Tyrion im Lied von Eis und Feuer unerwähnt!

Trauer und Grauen liegen über der finalen Folge von Game of Thrones

Die letzten sechs Episoden boten so viel Game of Thrones, dass es für zehn, zwanzig oder dreißig gereicht hätte. Das betrifft nicht nur die Handlungsstränge, sondern auch die großen Momente in Staffel 8.

Fünf der sechs Folgen steckten voller Szenen, die für ein Staffelfinale taugen würden, ob wegen ihrer Tragweite oder ihrer Größe.

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Momente wie der Prozess des Jaime Lannister, Daenerys und Jons Drachenritt, das von Feuer erleuchtete Wolkenmeer in Die Lange Nacht, Aryas Sprung aus dem Schatten und so weiter.

Eine extrem verdichtete Version von Game of Thrones begegnete uns in dieser finalen Staffel. Nicht von ungefähr begann die Season mit einem Update der Pilotfolge, gefolgt von einer Konzentration dessen, was Game of Thrones so vielen Fans beschert hat: Eine Episode voller zitierbarer Dialoge bereitete eine gewaltige Schlacht vor, tragische Entscheidungen unserer fehlerbehafteten Helden führten geradewegs in die Zerstörung.

In Der Eiserne Thron blicken wir mit Tyrion Lannister (Peter Dinklage) auf Schutt und Asche, die acht Jahre Serienkrieg hinterlassen haben. Jaime (Nikolaj Coster-Waldau) und Cersei (Lena Headey) liegen in einer Umarmung unter Geröll.

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Die Leichen der Lannister-Zwillinge sehen aus, als hätte ein Vulkanausbruch ihre innige letzte Bewegung konserviert, nur haben sie dieses Schicksal keinem anderen als sich selbst zu verdanken.

Anders verhält es sich mit den Bewohnern Königsmunds, deren Auslöschung auf zweierlei Arten dargestellt wird: durch die Schemen von Skeletten in zerstörten Häusern und, viel grauenerregender, durch die Stille in der größten Stadt von Westeros.

Jon führt Daenerys Geschichte zu einem sinnigen Ende

Daenerys Targaryen (Emilia Clarke) blickt danach auf ihr Heer hinab wie die Herrscher in dystopischen Zukunftsvisionen. Ihr schwarz-rotes Banner flattert zwischen Asche und Schnee. In einer fremden Sprache hält sie die Siegesrede, was ihren Status als feindliche Erobererin zementiert. Die Zeit der Verständigung ist abgelaufen.

Andererseits ist sowieso kaum jemand übrig, der die gemeine Zunge, die Sprache von Westeros, versteht. Dass Jon Schnee (Kit Harington) diesem Treiben ein Ende bereitet, wird spätestens nach dieser Rede zum unvermeidlichen wie folgerichtigen Abschluss für Daenerys' Handlungsstrang in Game of Thrones.

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Daenerys musste sich nicht in ihren wahnsinnigen Vater verwandeln, um als Befreierin zu scheitern. Papa Aerys hätte eine Gefahr wie Jon verbrannt und nicht umarmt. Sie musste nur die falschen Schlüsse aus den vielen grausamen Geschichten ziehen, die ihr Bruder ihr von Kindesbeinen einflüsterte.

Game of Thrones Staffel 8: Weder Triumph noch Happy End

Tyrion beschreibt Geschichten als verbindendes Element der Menschen von Westeros, aber die Autoren von Game of Thrones haben in acht Staffeln ein Argument für deren zerstörerische Kraft geschrieben. Die "Storys" bildeten schließlich auch den Grundstein für verhärtete Besitzansprüche und Rachegelüste, die über Generationen vererbt wurden.

Daenerys' Eroberungszug und letztlich das Sterben von Tausenden liegen in der Geschichte des Unrechts begründet, das den Targaryens einst angetan wurde. Dabei ist das nur eine Deutung der Wahrheit.

Geschichten führt Tyrion an, als er für den Dreiäugigen Raben (Isaac Hempstead-Wright) auf dem Thron von Westeros plädiert. Wahrheit trifft es wohl eher. Tatsächlich ergibt Bran als Symbol der Neutralität durchaus Sinn, wenn es um einen Neuanfang geht.

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Andererseits wissen die Autoren seit mehreren Staffeln nur wenig mit ihm anzufangen. In einer Serie, in der jede Figur zahlreiche Schattierungen zwischen Weiß und Schwarz vorweist, landet die eintönigste Figur auf dem Thron.

Vor allem eröffnen die Ernennung des neuen Königs und die Unabhängigkeit des Nordens unter Sansa Stark (Sophie Turner) zahlreiche neue Probleme: Was, wenn ein Haus Sansa nacheifert? Und was passiert nach Brans Tod? Erhält der nächste Dreiäugige Rabe die Krone und wäre das nicht eine neue Dynastie für ein Reich, das dem Erbrecht entsagen wollte?

GoT-Snacks für Zwischendurch:

Andererseits war die Umsetzung einer Utopie außer Reichweite in Game of Thrones, auch für Daenerys Targaryen. Das Serienende besitzt keine Verpflichtung zu einer fundamentalen Wandlung der Umstände.

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Daenerys wollte das Rad brechen und zermalmte darunter Tausende. Tyrion verspricht sich in der Zerstörung des vererbten Königtums den Bruch des Rades. Es ist seine pragmatische Interpretation einer großen Idee. Am Ende sitzt er im Kleinen Rat, als hätte sich seit Staffel 2 in Königsmund nichts getan.

Mittendrin platzt das laute Lachen über Sams Vorschlag einer Demokratie als etwas tumber Gag in die Folge. Es sagt einiges über diese Welt und den zähen Lauf der Geschichte aus.

Auch das Finale von Game of Thrones erinnert an Der Herr der Ringe

Der Triumph bleibt aus im Finale von Game of Thrones. Wehmut dominiert. Darin gleicht diese Episode den vielen Enden in Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs. Tyrions Berufung zur Hand des Königs nimmt er wie eine Strafe hin. Jon kehrt seiner Familie einmal mehr den Rücken. Sansa herrscht allein über Winterfell und Arya Stark (Maisie Williams) bleibt wie immer unstet.

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Die jüngste Stark-Tochter zieht nach Westen, aber nicht ganz so wie Frodo am Ende der Herr der Ringe-Saga. Bei Tolkien versprachen die Unsterblichen Lande eine Linderung des erlittenen Leids in einer Welt jenseits des Lebens.

In Game of Thrones wartet für die Helden nach getaner Tat keine Überfahrt, keine Ruhe, vielmehr neue Taten, neue Erinnerungen, neue Geschichten. Deswegen findet sich Tyrion als Hand wieder und deswegen zieht Jon ins Exil zur Nachtwache.

Bei aller Trauer und trotz aller Skepsis an einem dauerhaften Frieden finden David Benioff und D.B. Weiss ein schönes letztes Bild für acht Staffeln Game of Thrones. Wie im Auftakt der Serie öffnet sich das Tor der Eismauer. Nur ziehen diesmal Wildlinge und ihre Nachtwächter gemeinsam hinaus in den Schnee. Vor acht Staffeln war das unvorstellbar.

Wir folgen ihnen hinein in den Wald. In dem hieß einst ein untotes Mädchen die Serienzuschauer willkommen. Nun erwartet Jon und Tormund in der Dunkelheit zwischen den Bäumen die Ungewissheit. Das letzte Bild von Game of Thrones wirkt unheimlich, aber auch beruhigend. Es gibt eine Zukunft.

Zitat der Folge: "Ask me again in 10 years." (Tyrion Lannister)

Wie hat euch das Finale von Game of Thrones gefallen?

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