Nur selten lassen sich Videospiele so schnell und leicht durchschauen wie Hard West — und das meine ich nicht einmal negativ: Die Screenshots aus dem Spiel zeigen unmissverständlich, woher die Entwickler von CreativeForge Games ihre Inspiration bezogen haben.
Der Stil und die Ästhetik rufen Red Dead Redemption, die Perspektive und Features verneigen sich vor XCOM: Enemy Unknown. Trotz dieser vielversprechenden Kombination muss sich Hard West mit Problemen herumschlagen, die leider hartnäckig am Spielspaß nagen.
Rau und charismatisch
Hard West erzählt in acht Szenarien die Geschichten ganz unterschiedlicher Charaktere im Wilden Westen. Dort rächen ein Sohn und sein Vater den Tod der Mutter, hier flieht eine kriminelle Tänzerin in Mexiko vor der Staatsgewalt und ein Inquisitor sorgt in den Kleinstädten des Westens für Recht und Ordnung. Die Geschichten, die Hard West in den kurzen, maximal zweistündigen Kampagnen erzählt, zeigen uns gescheiterte Schicksale, den rohen Kampf ums Überleben — und viel, viel in Pathos getunkte Gewalt.
Doch diese Gewalt passt zur Welt, in der Hard West spielt: Die Entwickler zeichnen das Bild des rauen Westens neu und setzen ihre beschränkten spielmechanischen Mittel ein, um die Geschichte auch ohne Textwüsten und Infokästen voranzutreiben. In der Präsentation liegt die klare Stärke des Spiels und während jede Mission unterschiedliche Anforderungen an uns stellt, scheitert Hard West mit jedem Kapitel mehr an den Spielmechaniken, die unter der hübschen Oberfläche auf uns lauern.
Herausfordernd, aber nicht frei von Macken
Der Schwierigkeitsgrad des Spiels spiegelt die Unerbittlichkeit der Schicksale wieder, die die Protagonisten ertragen müssen. Meist befindet ihr euch in der Unterzahl und müsst euch einen sehr guten Überblick über die Situation verschaffen, bevor ihr eure Schritte plant.
Im Detail präsentiert Hard West hier einige tolle Ideen. Jeder eurer Charaktere verfügt über "Glück", das euch hin und wieder gegnerischen Schüssen ausweichen lässt. Außerdem könnt ihr viele Gegenstände manipulieren, um beispielsweise einen umgeworfenen Tisch als rettende Deckung zu nutzen.
Diese eigenen Ideen versinken aber mit zunehmendem Spielverlauf immer tiefer im Wüstensand der zahlreichen Bugs und fast schon frech übermächtigen Gegner. Beispielsweise können diese Areale bewachen und auf euch schießen, wenn ihr ihnen zu nahe kommt — ohne Möglichkeit zur direkten Gegenwehr. Außerdem scheint das Spiel immer wieder zu vergessen, euch grundlegende und wichtige Mechaniken und Taktiken zumindest anzudeuten. Learning by doing kann Spaß machen — in der Welt von Hard West ist dieser Lernprozess allerdings viel viel schmerzhafter, als er eigentlich sein müsste. Zu guter Letzt hat das Spiel meinen kompletten Spielfortschritt gelöscht, kurz bevor ich das Finale der letzten Sequenz erreicht hatte — ärgerlich und ein Update ist noch nicht in Sicht.
Fazit
Hard West ging mit mächtig viel Potential an den Start: Die Präsentation ist von Red Dead Redemption geliehen und mit den strategischen Spielmechaniken von XCOM kombiniert — das Ergebnis allerdings scheitert an seinen Fehlern im Detail und den nicht übersehbaren Bugs.
Das ist hier besonders ärgerlich, da ich in den wenigen, fehlerbefreiten Stunden richtig viel Spaß hatte. Die Geschichte wird von spannenden Charakteren getragen und die Gestaltung der Level ist abwechslungsreich und herausfordernd. Die übermächtigen Gegner hingegen drückten meinen nach Spielspaß windenden Kopf allerdings nach kurzer Zeit immer wieder in den Staub zurück, was Hard West schließlich eher zu einem frustrierenden, als unterhaltsamen Erlebnis gemacht hat.
Dieses Review wurde mit einem vom Publisher zur Verfügung gestellten PC-Key erstellt.