Hilfe, ich mache mir plötzlich Sorgen um Borderlands 3

30.10.2015 - 00:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Es liegt an mir, nicht an dir
2K Games
Es liegt an mir, nicht an dir
1
2
Borderlands 3 und ich, das wird ein todsicheres Ding. Selten war ich mehr davon überzeugt, dass meine Vorfreude nicht abklingen kann. Doch dann kam mir ein anderes Borderlands-Spiel in die Quere.
Denk' ich an Borderlands in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.

Dieses nicht ganz detailgetreue Zitat von Heinrich Heine erzählt ganz gut von meiner Beziehung zu Pandora. Meine anatomische Ausstattung sowie meine Zuneigung zum Borderlands-Franchise machen mich zu einem waschechten Fanboy und nie käme ich auf die Idee, dies zu leugnen. Seit dem ersten Ableger, den ich in kooperativer Geschwisterliebe mit meinem kleinen Bruder absolvierte, bin ich dem First Person-Looter (ja, das ist ein Wortspiel) verfallen und verfolge die Reihe stets mit einem ungesunden Maß an Vorfreude.

Da gibt es jemand anderen..

Die Handsome Jack Collection, die mir Borderlands 2 und Borderlands: The Pre-Sequel noch einmal in feinen HD-Schleifen verpackt auf die Türschwelle stellte, zieht mich auch jetzt noch immer wieder in ihren Bann. Anfang des Jahres wandte sich Entwickler Gearbox dann endlich an die Öffentlichkeit und forderte zu Bewerbungen auf , denn "das nächste Borderlands" stehe ins Haus und talentierte Leute werden benötigt. Ich war aus dem Häuschen, mein Brieffreund Heinrich Heine auch und wir zählten schon die imaginären Stunden zum Borderlands 3-Release.

Doch das hat sich jetzt geändert. Die Vorfreude schwindet immer weiter und tatsächlich mache ich mir plötzlich Sorgen um die Zukunft von Borderlands. Aber warum ist das so, Hannes? Wo ist deine bedingungslose Liebe hin? Bist du etwa ein Heiratsschwindler?! Ich kann euch ganz genau verraten, wo dieser Sinneswandel begründet liegt, denn die emotionale 180°-Wendung trug sich erst gestern zu. Gestern nahm ich mir nämlich die finale Episode  von Tales from the Borderlands zur Brust und als der Abspann über meinen Bildschirm flimmerte, wusste ich sofort Bescheid: Der Shooter Borderlands kann mit dem Adventure Borderlands nicht mithalten.


Als Telltale Games bekannt gab, dass sie sich an die Borderlands-Reihe wagen wollen, rümpfte ich meine überdurchschnittlich große Nase und stellte das Projekt sofort in Frage. Ja, Borderlands ist unsagbar witzig, charmant und kann Figuren vorweisen, von denen der Großteil des AAA-Markts nur träumen kann, doch im Kern geht es doch um das größenwahnsinnige Waffenarsenal, das exzentrische Gunplay und die allgemeine Lust an der totalen Überzeichnung. Nun sitze ich hier, wurde eines besseren belehrt und weiß nun, um das narrative Potenzial, dass die Welt von Borderlands tatsächlich bietet.

Schau doch nur, wie hübsch du sein könntest..

Ihr könnt euch gern meine kurzgefassten Reviews zu den einzelnen Tales from the Borderlands-Episoden (1 ;2 ;3 ;4 ;5 ) durchlesen und ganz genau mitverfolgen, wie ich von anfänglicher Skepsis zu freudiger Überraschung übergehe, nur um am Ende stehenden Applaus zu offerieren. Die Geschichte von Rhys, Fiona, Vaughn, Sasha, Gortys und dem Loader Bot hat mich derart mitgenommen und die Gruppe ins Herz schließen lassen, dass es mir leicht fällt, das Adventure als das bislang beste Borderlands-Spiel zu bezeichnen. Zwar bleibt die Reihe auch der Vorlage verbunden und überschlägt sich in Anspielungen auf die Spielmechaniken der Shooter, der Fokus, den die Autoren in Tales from the Borderlands aber legen durften, konzentriert sich ganz allein auf die liebenswürdige Freundschaft der unfreiwilligen Bande.

Ich befürchte, dass Borderlands 3, wenn es denn erscheinen sollte, diesen Anschluss verpassen und die erzählerischen Möglichkeiten des Franchises, die Telltale nun aufgezeigt hat, wieder hinter der altbackenen Präsentation der Vorgänger verstecken wird. Anstatt szenisch aufbereiteter Dialoge, die stets das richtige Timing für den sympathischen Bravado-Humor aufweisen, gibt es dann wieder dröge Textblöcke in Questbildschirmen, verwirrende Audio-Einspielungen aus dem Off und abgespulte Kommentare der Gegner. Der trotzdem präsente Charme der Reihe hat in den bisherigen Ablegern der Reihe kaum Luft zum Atmen und wird fast schon nebenbei eingestreut. Wer nicht mit dieser Erzählweise bekannt ist, hat angesichts des hektischen Gameplays kaum eine Möglichkeit der Geschichte zu folgen.

Face McShooty ist ein gutes Beispiel für eine gesunde Kombination von Gameplay und Witz

Deswegen rechne ich den Erfolg von Tales from the Borderlands auch nicht unbedingt den Telltale-Entwicklern oder ihrer "Telltale-Formel"  zu. Tatsächlich ist der Einfluss der Spieler und dessen Entscheidungsgewalt verschwindend gering und verblasst angesichts der Intensität von The Walking Dead. Tales from the Borderlands ist nicht deswegen so toll, weil Telltale alles richtig macht, sondern weil sie die Fehler vermeiden, die Gearbox aus Unwissenheit stets wiederholt hat. Da Telltale nun einmal dafür bekannt ist, Gameplay-Mechaniken zu minimieren und sich auf die narrative Breite zu konzentrieren, konnte das Team aus den Vollen schöpfen und das Borderlands-Franchise erstmals richtig aufblühen lassen.

Ruf mich aber trotzdem an, wenn du mal in der Stadt bist..

Natürlich wünsche ich mir für Borderlands 3 auch wieder Innovationen in den Mechaniken, ein Crafting-System wäre beispielsweise großartig, doch ich kann nicht mehr zurück und will nicht mehr mit stummen Vault-Huntern durch die Ödnis stapfen, nur darauf hoffend, dass ich irgendwo wieder ein kleines Stückchen Erzählstoff finde, mit dem ich ein wenig tiefer in das Universum eintauchen kann. Ich will nicht mehr akzeptieren, dass Hyperion, Atlas und Co. einfach nur stumme Waffenhersteller sind. Ich möchte die Welt von Borderlands als Ganzes erleben und die absurde Zusammenstellung aus Banditen, Lebenskünstlern, Feiglingen, Spießern und liebenswürdigen Otto Normalbewohnern zelebrieren.

Borderlands muss sich in Sachen Präsentation modernisieren und akzeptieren, dass die wahren Stärken des Franchises in der Dynamik der Erzählwelt liegen. Das Gameplay der Reihe sollte diesen Aspekt lediglich unterstreichen und das kann nicht geschehen, wenn sich die Entwickler nicht Gedanken darüber machen, wie die narrative Qualität von Tales from the Borderlands gehalten werden kann, ohne das Spiel ständig auszubremsen oder die Geschichte an den Rand zu drängen. Vielleicht findet Gearbox ja einen Weg, Heinrich und ich drücken jedenfalls die Daumen. Gegen unsere Bauchschmerzen hilft aber auch diese Therapie nicht allzu viel.

Fanboy out.

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare

Aktuelle News