Hitman: Agent 47 – Wenn Filme sich als Videospiele verkleiden

21.08.2015 - 09:15 Uhr
Hat Hitman: Agent 47 noch ganz andere Fesseln zu tragen?20th Century Fox
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Nachdem sich schon Timothy Olyphant die Haare geschoren und sich durch Hitman – Jeder stirbt alleine geballert hat, soll dieses Mal Rupert Friend dafür sorgen, dass auch die Fans der Videospielreihe zufrieden gestellt werden. So geht das aber nicht.

Keine Sorge, schon bald werden Videospiele endlich angemessen auf die große Leinwand gebracht. Es werden tolle Filme sein, die dem Original gerecht werden und gleichzeitig vom Publikum und von den Kritikern gefeiert werden.

Das sagt zumindest Adrian Askarieh, der als Produzent für die Videospiel-Adaption Hitman: Agent 47 verantwortlich war. Im Gespräch mit Gamespot  gab Askarieh an, dass Videospielverfilmungen nur deshalb einen schlechten Ruf hätten, weil die Filmemacher mit viel Zynismus an die Projekte gehen. Es sind ja schließlich nur Videospiele, Kinderkram sozusagen. Dieser fehlende Respekt sorge für miserable Umsetzungen und die öffentliche Meinung ist gebildet. Das muss aber nicht so bleiben, schließlich ging es den Comics vor gar nicht allzu langer Zeit sehr ähnlich und heute bestimmen Marvel und DC das Kinoprogramm.

Wir nehmen Videospiele ernst! (Nur nicht das Gameplay)

Wenn sich nun also der Produzent von Hitman: Agent 47 der Problematik bewusst ist, dann dürfen wir doch hoffentlich davon ausgehen, dass die entsprechende Ernsthaftigkeit dieses Mal mit von der Partie ist, oder? Tatsächlich nimmt sich der Film durchaus ernst und gibt sich der Videospielvorlage um den genmodizizierten Auftragskiller mit Frisörfreiheit durchaus hin. Rupert Friend verkörpert den Hitman angemessen unterkühlt, der Look des Films wirkt sauber, fast steril und die Story arbeitet die Hintergründe des Experiments und die Ursprünge des Hitman-Programms leicht verständlich auf.

Hitman Agent 47 - Clip U-Bahn (Deutsch) HD
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Der Respekt ist also durchaus da, aber ist Hitman: Agent 47 denn auch ein guter Film? Nicht wirklich. Aber wird er denn zumindest der Hitman-Reihe gerecht? Ganz und gar nicht.

Hitman: Agent 47 ist ein bestenfalls solider Action-Streifen, der sich im Bezug auf die Vorlage damit begnügt, den erzählerischen Rahmen und Ästhetik der Spielecover zu übernehmen. Die Geschichte ist uninspiriert erzählt, das CGI in den Action-Sequenzen ist kaum zu ertragen und mit Katja van Dees stellt der Film eine weibliche Hauptrolle in den Mittelpunkt, die sich auf der ewigen Suche nach ihrem Vater gleich an zwei verschiedene Männer klammert. Dafür sind die Action teilweise packend inszeniert und mit Singapur wurde ein interessanter Drehort gefunden.

Das sind durchaus Punkte, die für einen unterdurchschnittlichen Film sprechen, sie sind aber nicht der Grund, warum Hitman: Agent 47 eine schlechte Videospielverfilmung ist. Denn der größte Fehler, den Regisseur Aleksander Bach bei seinem Debüt begeht, ist die selbstverständliche Annahme, das eigentliche Gameplay der stealthlastigen Hitman-Spiele könne nicht auf die Leinwand übertragen werden. Als ich ihn in einem Interview auf die Diskrepanz zwischen den Vorgehensweisen von Spiel und Film hinwies, sagte er mir, dass er ja auch einen Film machen müsse. Niemand möchte jemanden zwei Stunden lang beim Schleichen zuschauen.

Ja, vielleicht will das wirklich niemand.

Aber der Hitman ist schließlich ein stiller Eindringling, der Gebäude infiltriert, indem er sich verkleidet und untertaucht. Je subtiler und unauffälliger der Spieler vorgeht, desto besser fällt seine Missionsbewertung aus. Tatsächlich schränkt die Reihe den Spieler in seiner Bewegung sogar stark ein und lässt ihn nur an bestimmten Punkten klettern und springen. Rupert Friend agiert als Hitman jedoch laut und für jedermann sichtbar. Er wirft sich auf U-Bahnen, kämpft mit mehreren Feinden gleichzeitig und macht sogar Matrix alle Ehre, als er schwerbewaffnet durch einen Metalldetektor schreitet und sich den Wachen präsentiert.

Dogmatische Selbstbeschränkungen

Aus dem leisen Tod wird ein brutales Tötungskommando, das eher an John Wick erinnert, als dass ich mir vorstellen könnte, der digitale Hitman würde jemals auf diese Art und Weise seine Missionen gefährden. Vielleicht ist es also nicht der Zynismus, den es durchaus geben mag, sondern eben der gefühlte Zwang zum Kompromiss, der es den Videospiel-Adaptionen so schwer macht. An Hitman eignen sich nur der erzählerische Rahmen und der stilsichere Look für die Leinwand, das eigentliche Gameplay ist uninteressant. Zumindest, wenn versucht wird, den obligatorischen Action-Reißer zu gestalten.

Offene Konfrontationen


Dabei hätte aus Hitman: Agent 47 vielleicht auch ein intensiver Spionage-Thriller werden können, der eben nicht versucht, die abstruse Hintergrundgeschichte des Originals auszuleuchten. Die Hitman-Reihe zehrt nicht von ihrer Story, die nur da ist, weil es eine Story eben braucht. Es geht um Kreativität, Originalität und Konzentration. Auf die Kinoleinwand übertragen hätte vielleicht ein kompakter Film funktioniert, der sich auf nur eine einzige Mission konzentriert. Ein einziges Setting, das mit allen Eventualitäten angefüllt ist, die dem Hitman bei seiner Arbeit begegnen können. Mehr Dredd und weniger Mission: Impossible.

Ohne die Ideen, Videospiele in ihrem spielerischen Habitat aufzugreifen und dementsprechend das reichhaltige Angebot an Filmgenres auszureizen, werden Videospiel-Adaptionen weiterhin ihren Ruf behalten, den Adrian Askarieh anprangert. Hitman: Agent 47 verkleidet sich lediglich als Hitman-Adaption und schmückt sich mit den passenden Insignien, damit auch ja niemand merkt, dass es sich hier eigentlich nur um eine schwächere John Wick-Kopie handelt. Tatsächlich ist diese Verkleidung einer der wenigen Momente, in denen sich der Film an den eigentlichen Spielinhalten orientiert.

Dass er dabei ertappt wird, spricht aber ebenso Bände.

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