Hitman im Test – Was erwartet euch im Episodenspiel?

29.04.2016 - 17:30 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Hitman – Was für ein Spiel bist du nur?
Square Enix
Hitman – Was für ein Spiel bist du nur?
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Schon am 11. März erscheint die erste Episode von Hitman. Trotzdem fällt es selbst vielen Fans der Reihe noch schwer, sich eine genaue Vorstellung davon zu machen, was sie überhaupt erwartet. Mit meinem Review will ich das ändern.

Mit Hitman  schreiben Publisher Square Enix und das Team von IO Interactive fleißig an einer unendlichen Geschichte voller Missverständnisse – und das seit der Enthüllung  auf der E3 2015. Gut, ein Early Access-Projekt tischen uns die Macher zwar nicht auf, dafür setzen sie uns ihr Spiel in Scheiben vor. Aber wie dick fallen die überhaupt aus und was steckt nun eigentlich drin? Wie versteht Hitman seinen Sandbox-Ansatz? Und was verbirgt sich hinter den Online-Features?

Episode 2: Sapienza

Nachdem sich die World of Assassination bislang auf eine Pariser Modenschau beschränkte, nimmt sie mit Episode 2: Sapienza Kurs auf Italien. Das gleichnamige Küstenstädtchen würde sich mit seinen verwinkelten Gassen, in denen sich zwischen den Häuserfassaden gespannte Wäsche im Wind wiegt, perfekt als Kulisse für einen Reisekatalog eignen – und genau hier tritt ein Problem in den Vordergrund, das sich schon im sogenannten Intro Pack abzeichnete.

Wie schon in der ersten Episode schickt mich IO Interactive auf eine große, und diesmal noch größere, Spielwiese, auf der ich voller Vorfreude jedes Fleckchen Grün umgrabe. Schließlich stoße ich immer wieder auf kleine Puzzlestücke, die sich irgendwann zu einem von vielen möglichen Lösungswegen zusammensetzen – das Anwesen von einer der beiden Zielpersonen betrete ich etwa verkleidet als Blumenlieferant, Küchenhilfe oder sogar Therapeut im besten Fall völlig unauffällig. Doch wie schließe ich meinen Auftrag ab? Vielleicht mit einem explosiven Golfball?

Hitman

Wenn ich allerdings zu lange grabe, lege ich immer wieder die Spielmechaniken frei, die doch eigentlich leise im Hintergrund vor sich hinwerkeln sollten. So höre ich in einem Frisörsalon aus allerlei Tratsch einen nützlichen Hinweis heraus. Anschließend sehe ich jedoch dabei zu, wie der Ladenbesitzer die immer gleichen NPCs mit den immer gleichen Sprüchen vertröstet, um sich weiter um seine aktuelle Kundin zu kümmern.

In solchen Momenten macht sich ein Widerspruch in Sapienza breit, den Carolyn Petit im Feminist Frequency-Review  zur ersten Episode thematisiert:

Und natürlich müssen Spiele nicht realistisch sein. Spiele können alle möglichen Welten und Situationen schaffen. Doch je mehr Aufwand ein Titel darin investiert, seine Welt als realistisch darzustellen, desto auffälliger ist es, wenn es klar wird, dass die anderen Menschen überhaupt keine Menschen sind. Sie sind nur Roboter, die sehr simplen Programmroutinen folgen und oft nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen in einer Situation.

Kleinere technische Ungereimtheiten wie KI-Aussetzer und Co. verstärken diesen Eindruck.

Mit Episode 2: Sapienza öffnet Hitman also all jenen Spielern noch weiter die Tür, die sich an solcher Kritik nicht stören und einfach nur mit den Mechaniken herumexperimentieren wollen, schlägt sie aber denen vor der Nase zu, die sich schlicht mehr versprechen.

Episode 1: Paris

Hitman weiß noch nicht auf all diese Fragen eine Antwort, gibt jedoch schon eine klare Richtung vor, die es offenbar konsequent beibehalten will. Aber genau die könnte sich später als das größte Problem eines weitestgehend vielversprechenden Auftakts entpuppen.


Ihren Stealth-Titel servieren Square Enix und IO Interactive als Auftragskiller-Familienpizza, die verschiedenste Geschmäcker zufriedenstellen soll. Hitman will nämlich nicht nur die Spieler begeistern, die die Freiheiten eines Blood Money  schätzten, sondern auch noch denen gefallen, die das erzählerisch durchgetaktete Absolution  mochten.

Hitman im Test – All diese Möglichkeiten

Zumindest ersteres dürfte schon dem Einstieg gelingen. Nach einem ausladenden Prolog, der mir die Spielregeln der World of Assassination nahebringt, führt mich der auch offline spielbare Story-Modus nach Paris. Dort stellt der Titel direkt eine Sache klar, die Spieler im Rahmen der undurchsichtigen Werbe-Kampagne missverstanden haben könnten: Hitman ist kein Open World-Spiel, und selbst der Begriff Sandbox ist hinsichtlich der Größe (noch) recht weit gefasst. Anstatt eine ganze Stadt abzubilden, arbeitet sich Hitman an einem thematisch durchinszenierten, doch spielerisch weitläufigen Mikrokosmos ab: einem Fashion-Event im Palais de Valesca.

Das von den Designern erdachte Anwesen sowie das drumherum gesponnene Szenario lenken meine Aufmerksamkeit von den beiden Attentatsopfern hin zu den vielen Details und der Menschenmenge, in die ich abtauche, um mich von der Atmosphäre etwas treiben zu lassen. Wobei die vielen Anwesenden nicht immer stimmig auf mich oder Extremsituationen reagieren und dadurch kleine Macken in die ansonsten schicke Kulisse hauen.


Ich könnte natürlich auch gleich die Umgebung nach Hinweisen darauf absuchen, wie ich mich an mein Ziel heranschleiche. Ich könnte beispielsweise einen Kellner auf dem Parkplatz treffen, ihn überwältigen und sein Outfit als Verkleidung nutzen. So würde ich – sofern mich die Aufseherin im Hof nicht enttarnt – in den Backstage-Bereich kommen, in dem neue Optionen darauf warten, von mir entdeckt zu werden. Wenn ich mich geschickt anstelle, schmuggele ich Agent 47 etwa als umjubeltes Model zu einem meiner Opfer, gebe mich zwischenzeitlich als Wache aus oder funktioniere die Beleuchtung über dem Catwalk zur Todesfalle um.

Mit all seinen Möglichkeiten, die sich links wie rechts auftun, überredet mich Hitman immer wieder dazu, einen älteren Spielstand zu laden, etwas neues auszuprobieren und besonders subtil vorzugehen. Wer daran ebenso viel Spaß hat wie ich, darf sich vom Story-Teil des Intro Packs immerhin eine Handvoll Spielstunden versprechen.

Hitman im Test – Bitte nachbessern

Trotz der alternativen Vorgehensweisen und der weitläufigen Level findet eine Sache bislang keinen Platz im Spiel – der Mut, die Komfortzone des Franchises zu verlassen. Hitman bemüht sich bislang, die Attentatsopfer als selbstgefällige Typen oder gewissenlose Verbrecher in Szene zu setzen. Dabei verpasst es die Chance, die Rolle von Agent 47 zu hinterfragen oder mir auch mal einen Grund zu geben, den Job nicht erledigen zu wollen. Ob ein Schritt in die Richtung von Dishonored  der richtige Weg wäre? Arkanes Stealth-Abenteuer bot mir immerhin an, meine Ziele auch auf nicht-tödliche Weise auszuschalten.


Während mich die zugrundelegenden Mechaniken also schon größtenteils an den Bildschirm binden, lassen mich die Story-Schnipsel mit einem weniger optimistischen Bauchgefühl zurück. Doch vielleicht überzeugen sie mich in den kommenden Episoden ja noch davon, dass sie mehr als ein dünner Kleber ist, der meine Reise quer durch die Welt mit gewollt markigen Sprüchen zusammenhält.

Auch vor den Online-Inhalten von Hitman schweben noch ein paar große Fragezeichen. Was die Community zwischen den Episoden und darüber hinaus bei Laune halten soll, stellten die Macher kürzlich in einem ausführlichen Blog-Beitrag  vor. Koop-Missionen oder Multiplayer-Modi zählen übrigens nicht dazu.

Aktuell fehlt es den sogenannten Live Components noch an Umfang, um eine zielsichere Aussage darüber zu treffen, wie viel Langzeitmotivation in ihnen schlummert. Das interessanteste Feature konnte ich etwa leider noch gar nicht ausprobieren, die Elusive Targets:

Diese Ziele sind eigens kreierte Figuren, die bereits bestehenden Orten hinzugefügt werden und sich dort nur über einen bestimmten Zeitraum aufhalten. Du wirst nur eine Chance haben, sie auszuschalten. Wenn sie entkommen, sind sie weg. Wenn du sie tötest, bleibt das die Art, auf die du sie umgebracht hast.


Bleibt also abzuwarten, wie sich Hitman in den kommenden Wochen und Monaten entwickelt. Genug Zeit dürfte das Team von IO Interactive nun dazu haben. Denn jetzt, wo das Spiel endlich für sich selbst spricht und viele Unklarheiten aus der Welt räumt, können sich die Macher voll und ganz darauf konzentrieren, ihr Fundament Stück für Stück um neue Inhalte zu erweitern.

Publisher Square Enix hat uns einen PS4-Reviewkey von Hitman zur Verfügung gestellt. Wenn weitere Episoden erscheinen, werfen wir einen Blick auf sie und ergänzen diesen Review-Artikel um neue Eindrücke zum Spiel.

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