Hübsch, aber doof — viel Stirnrunzeln im Test zu Volume

19.08.2015 - 18:15 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Volume
Bithell Games
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Nachdem der Entwickler Mike Bithell mit Thomas Was Alone einen sehr erfolgreichen Platformer in die Spielwelt einführte, legt er nun mit seinem nächsten Spiel nach — wirklich überzeugen konnte mich Volume allerdings nicht.

Pulp Fiction ist ein großartiger Film, der mich seit Jahren begleitet und immer wieder den Weg in meinen DVD-Player findet. Schon nach wenigen Minuten präsentiert Tarantinos Werk über zwei Auftragkiller eine seiner berühmtesten Szenen: Samuel L. Jackson verhört eine Gruppe Kleinkrimineller und ging dank seines charismatischen Auftritts in die Filmgeschichte ein.


Auch ohne diesen Ausschnitt bereits vorher gekannt (oder die Videoüberschrift gelesen) zu haben: Irgendetwas stimmt hier nicht. Obwohl der Text dem Original entspricht und lippensynchron gesprochen wurde, ringelt unser Bauchgefühl die Alarmglocken und lenkt uns von der eigentlichen Szene ab.

Exakt dieses Phänomen trägt eine große Schuld daran, warum mir Volume niemals so gefallen wird, wie ich es eigentlich gehofft hatte: Die Synchronisation des Hauptcharakters ist furchtbar — doch dazu gleich mehr.

Voluminöse Stirnfalten

Dieses Wortspiel ist ebenso lahm wie berechtigt: Nach dem kommerziell erfolgreichen und sehr intelligent gestalteten Platformer Thomas Was Alone, in dem ihr die Kontrolle über verschiedene Blöcke auf einem gigantischen Hindernislauf übernehmt, stand der Entwickler Mike Bithell unter Druck. In einem Gespräch mit den Kollegen von Gamasutra  verglich Bithell seine Situation kurz vor Release von Volume mit einer neuen Aufsteiger-Band — wenngleich mit einem kleinen Unterschied:

Es ist nicht mein "schwieriges zweites Album", sondern vielmehr mein schwieriges siebtes oder achtes Album! Ihr habt nur einfach nicht von den ersten sechs gehört. Aber ja, die Herausforderung besteht heute darin, immer transparent und offen zu arbeiten, den Entwicklungsprozess für die Community verständlich zu halten. Ich versuche das so gut wie möglich, aber es ist irgendwie auch ein seltsames Gefühl, mehrere hundert bis tausend Augenpaare hinter deiner Schulter zu spüren.

Nun hat sich Bithell Games mit Volume ins kalte Wasser der Erwartungen gestürzt und dabei ein Spiel fertiggestellt, das im Vergleich zu seinem Vorgänger in alle Richtungen gewachsen zu sein scheint: Erzählt wird eine futuristische Interpretation von Robin Hood, die in ein Stealth-Spiel mit knallbunter Bonbon-Optik eingebettet ist.

Die visuell beeindruckenden Level klappern alle Farben des Regenbogens ab.


Der Schwerpunkt allerdings liegt eindeutig auf dem Gameplay: In über 100 Leveln müsst ihr euch von Punkt A zu Punkt B begeben, ohne von den Wachrobotern entdeckt zu werden. Mit zunehmender Spielzeit wächst auch die Herausforderung, die die verwinkelten Level an euch und euer immer größer werdendes Gadget-Inventar stellen. Von dieser durchaus anspruchsvollen Herausforderung für Genre-Liebhaber abgesehen blieb für mich von Volume nicht viel mehr als eine dicke Wagenladung Frust und Langeweile übrig.

Fehler im Detail

So fordernd und spannend die farbenfrohen Level auch sein mögen: Mit fortschreitendem Spielverlauf häufen sich die Passagen, in denen ich durch einen recht kopflosen Sprint mehrere schwierige Stellen recht einfach überwinden konnte. Ein Stealth-Spiel, das einen so großen Wert auf seine Mechaniken legt, sollte sowas eigentlich verhindern — ein klarer Fehler im Leveldesign.

Entdeckt euch einer der Roboter, bleiben nur wenige Sekunden zur Flucht.


Und auch, wenn ihr wie vom Entwickler beabsichtigt hochkonzentriert um die Ecken schaut und eure nächsten Schritte plant, so texten euch sowohl der Protagonist als auch der Tutorial-Roboter unentwegt mit neuen Informationen zu: Mal werden Anekdoten erzählt, die die Geschichte im Hintergrund vorantreiben sollen, an anderer Stelle werden uns Tipps zur Steuerung auf die Kopfhörer gedrückt. In den meisten Fällen allerdings sind wir so sehr vom Spielgeschehen abgelenkt, dass diese Informationen an einem Großteil der Gehirnrinde einfach abprallen. Das ist sehr schade und nimmt mir als großen Fan gut erzählter Geschichten ein wenig die Langzeitmotivation, Volume auch wirklich durchzuhalten.

Zu guter Letzt komme ich auf den eingangs erwähnten Punkt des Synchronsprechers zurück: Der Protagonist des Spiels, den ihr schleichend durch die Levelareale führt, wurde von dem relativ bekannten englischen Youtuber und Vloger Charlie McDonnel  vertont. Dieser junge Mann kennt sich zweifellos sehr gut mit den kurzen Videoberichten auf YouTube aus — scheitert allerdings an der etwas größeren Herausforderung, einem virtuellen Charakter Leben einzuhauchen, ohne mir als Spieler das Gefühl zu geben, gerade einem gelangweilten Teenager beim Einkaufen zuzuhören:


Urrgh.

Fazit

Volume wird in Zukunft eine kleine Tragödie in meiner Steam-Bibliothek markieren: Auch wenn ich damals sehr beeindruckt von Thomas was Alone war und Mike Bithell via Twitter als sehr sympatischen Menschen kennengelernt habe, bin ich Volume mit sehr zurückgeschraubten Erwartungen begegnet — doch trotz dieser Vorsichtsmaßnahme blieb schließlich die Ernüchterung zurück. Ich mochte auf Anhieb die knallbunte Optik und die abwechslungsreichen Level, doch ebenso schnell wie ich mich zum Testen des Spiels entschlossen hatte, so zügig stolperte ich über mehr und mehr Probleme, die zusammengenommen Volume seinen Spielspaß kosteten.

Dieses Spiel wurde mit Hilfe eines vom Entwickler zur Verfügung gestellten Review-Keys erstellt.

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