Ich, Deus Ex und all die Möglichkeiten

05.05.2015 - 15:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Deus Ex
Square Enix
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"Every time you mention it, SOMEONE will reinstall it." – Nach der Ankündigung von Deus Ex: Mankind Divided war es nur eine Frage der Zeit, bis ich dem ersten Teil der Science-Fiction-Reihe wieder verfallen würde.

Es musste so kommen: Nachdem erste Details  zu Mankind Divided  durchgesickert waren, ließ ich mich von den Datenströmen des Internets von Website zu Website treiben, um weitere Informationen aufzusaugen. Kurze Zeit später tauchte ich einmal mehr in ein Spiel ein, das mich noch heute wie Treibsand in seinen Bann zieht: Deus Ex .

James Mulder

Deus Ex schichtet Cyberpunk-Elemente und zahllose Verschwörungstheorien zu einer ambitionierten wie intelligenten Science-Ficiton-Collage, unter deren Oberfläche philosophische Themen durchschimmern. Im Jahr 2052 klaffen aufgrund des technologischen Fortschritts quer durch die Gesellschaft Risse. Währenddessen streiten Geheimbünde wie die Illuminaten oder die Majestic 12 darüber, wer die dadurch entstandenen Stücke der Welt für sich beanspruchen darf — oder um es in den Worten von Deus Ex-Schöpfer Warren Spector zu sagen: Akte X trifft auf James Bond.

Der Graue Tod rafft zahllose Menschen dahin.

James Bond, weil ich dieses Treiben durch die Sonnenbrille des Agenten JC "my vision is augmentated" Denton verfolge. In seiner Rolle jage ich Terroristen, die den Impfstoff für eine Seuche entwendeten, da sie das stark reglementierte Mittel für möglichst viele Menschen zugänglich machen wollen – jedoch nicht vor Geiselnahmen oder ähnlichem zurückschrecken.

Pädagogisch wertvoll

Nicht nur das Szenario fiel aus dem ansonsten in Tarnfarben lackierten Action-Rahmen der damaligen Zeit. Zum ersten Mal kam ich mit Deus Ex in Berührung, als ich Shooter noch in Half-Life  maß, weshalb ich die Ego-Perspektive hauptsächlich mit Gewalt und Explosionen verband. Doch plötzlich spielte ich etwas, das zwar wie ein Ego-Shooter aussah, aber so viel mehr war und ist.

Um in die von Terroristen besetzte Freiheitsstatue einzudringen, könnte ich mir etwa den Weg freikämpfen, Türen aufsprengen und selbst den Anführer, den ich eigentlich festnehmen sollte, töten. Stopp! Wieso sollte ich wie ein Berserker wüten, wenn mir Deus Ex Alternativen anbietet?

Gewalt muss keine Lösung sein.

Ebenso gut könnte ich von Schatten zu Schatten huschen, an Gegnern vorbeischleichen oder sie betäuben. Ich könnte durch Lüftungsschächte kriechen, Sicherheitsanlagen zu meinem Vorteil manipulieren. Ich könnte Deus Ex durchspielen, ohne jemanden zu töten. Nur all seine Möglichkeiten, die könnte ich hier wohl nicht aufzählen. Ähnlich dürfte sich ein pawlowscher Hund fühlen, der versteht, dass er nicht sabbern muss, sobald die Glocke läutet.

Deus Ex war für mich das erste Spiel, das mich derart konsequent als Handelnden ernst nahm. Während ich tagsüber mit Freunden im Freibad brutzelte, grübelte ich, wie ich nachts vorgehen würde. Wie sollte ich meinen Charakter entwickeln, welche Augmentierungen installieren? Wem konnte ich vertrauen?

Mit JC in der Geisterbahn

In seinem Post Mortem  beschreibt Warren Spector Deus Ex als ein Spiel, in dem möglichst wenig die Immersion brechen sollte. Dieser Anspruch hechelt der Wirklichkeit leider in einer Disziplin schmerzlich hinterher. Betrete ich beispielsweise die Underworld Tavern in Hell's Kitchen höre ich eine belebte Bar, in der sich Menschen angeregt unterhalten. Davon sehe ich allerdings recht wenig. Schließlich halten sich dort wenige Personen auf, die zudem größtenteils kaum miteinander interagieren.

"I wanted orange. It gave me lemon-lime."

Halte ich in diesem Moment inne, ist es, als sei ich in einer Geisterbahn stecken geblieben. Sobald der Rauch verzieht, die Boxen verstummen, erkenne ich die Mechaniken, die im Hintergrund wirken. Das Skelett, das mir eben noch einen Schrecken einjagte, hängt mit einem Mal schlapp an spröden Fäden.

Trotz dieses Makels ist Deus Ex für mich bis heute mein spielgewordenes Studentenfutter, das mich die Rosinen selbst herauspicken lässt – immer wieder aufs Neue.

Viel Spaß mit Deus Ex, denn...

Stimmt doch, oder?


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