Ich, Die letzten Glühwürmchen & die feuchten Augen

06.04.2018 - 18:25 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Die letzten Glühwürmchen
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Die letzten Glühwürmchen
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Der Anime Die letzten Glühwürmchen lässt jede Kindlichkeit hinter sich und konzentriert sich auf die Beziehung zwischen Seita und seiner kleinen Schwester in Zeiten des Krieges. Wunderschön und endlos traurig ist das, weswegen ich mein Herz an Die letzten Glühwürmchen verschenke

Update, 06.04.2018: Aus Anlass des Todes von Regisseur Isao Takahata haben wir dieses Herz für Klassiker vom 10.09.2013 noch einmal hervorgeholt.

Mitten in der Woche, nachts um 1 Uhr. Ich zappe gelangweilt durch das TV Programm und bleibe bei einem Anime auf arte hängen. Eigentlich sollte ich schon längst schlafen, aber irgendwas sagt mir, ich sollte diesem Film eine Chance geben. Ich mochte Animes bis zu diesem Zeitpunkt nicht, alles was ich bisher kannte, war mir immer etwas zu abgedreht, zu bunt, zu japanisch, aber Die letzten Glühwürmchen von Isao Takahata war irgendwie anders. Ich blieb also dran und sah ein wunderschönes, aber gleichzeitig endlos trauriges Meisterwerk.

Die letzten Glühwürmchen aus dem Animationshaus Studio Ghibli ist ein wirklich fantastischer Film ist, der es ganz umbemerkt und schleichend schafft, ganz tief in der Magengegend ein ungutes Gefühl hervorzurufen und die Augen feucht werden zu lassen. Der Anime von 1988 ist eine Adaption des teils autobiografischen Romans von Akiyuki Nosaka, in dem die Geschichte von Seita und seiner kleinen Schwester Setsuko erzählt wird, die während der Bomebangriffe 1945 im japanischen Kobe leben. Als sie ihre Mutter bei den Angriffen verlieren und der Vater schon lange bei der Marine ist, finden sie zunächst Unterschlupf bei Verwandten, die es aber nicht sonderlich gut mit ihnen meinen, woraufhin sie ab da an auf sich allein gestellt sind

Der Film von Isao Takahata entstand parallel zu den Film Mein Nachbar Totoro im Hause Ghibli und stellt zum vergnügten, wuscheligen Waldgeist einen krassen Gegensatz dar, hat Die letzten Glühwürmchen doch jegliche Vergnüglichkeit abgeschüttelt.

Warum ich Die letzten Glühwürmchen mein Herz schenke

Als in dieser Nacht der Abspann über den Bildschirm flimmerte und ich mit feuchten Augen vor dem Fernseher saß, war das nicht nur ein Schlag in die Niere, sondern ich verstand, dass Animes nicht immer das sein müssen, für was ich sie bis dahin hielt. Der Film war viel zu ernst, um ein Zeichentrickfilm zu sein und viel zu tiefgehend, um das junge Publikum zu begeistern. Die letzten Glühwürmchen öffnete mir die Augen für die Ernsthaftigkeit In einem Genre, in dem Schwere und Traurigkeit selten zu finden sind und berührte mich mit seiner Geschichte und Präsentation zutiefst. Der Film von Isao Takahata schont den Zuschauer dabei auf keiner Ebene, werden doch die Hoffnungslosigkeit, die Depression und die Grausamkeiten des Krieges schonungslos präsentiert, in dem Überleben reine Glückssache ist und das Sterben zur Normalität gehört. Dazwischen blitzt immer wieder dieser kleine Hoffnungsschimmer auf, die kleinen Momente inmitten des Leids und des Elends, in denen die Geschwisterliebe zwischen Seita und seiner kleinen Schwester Sasuko sichtbar wird. Berührende Momente und graphische Poesie, die dem Film immer wieder ein bisschen Licht spenden. Dieser Zusammenhalt in Zeiten des Schreckens und diese Liebe, die beide für einander aufbringen, ergreift mich noch jedes Mal.

Warum auch andere die letzten Glühwürmchen lieben werden

Die letzten Glühwürmchen solltet ihr euch auf keinen Fall angucken, wenn ihr euch gerade in einem Stimmungshoch befindet und dies noch einige Zeit halten wollt. Den Film schaut ihr nicht einfach und vergesst ihn dann wieder, nein, nach dem Abspann wünscht ihr euch zwar, dass es so wäre, doch werdet ihr ihn so schnell nicht los werden. Der Film schafft es im Trickfilmgenre jegliche Kindlichkeit hinter sich zu lassen und eine berührende Geschichte aus der Sicht der schwächsten Opfer eines Krieges zu erzählen. Damit gelingt ihm, als einer der wenigen Antikriegsfilme, sich ganz ohne Kameradenhumor oder Action auf die menschliche Katastrophe zu konzentrieren und dabei beim Zuschauen mehr als einmal aufzurütteln. Die Beziehung feinfühlig zu erzählen, den Krieg dabei nicht auszublenden, sondern seinen Einfluss in der Beziehung der beiden zu reflektieren, ist die große Stärke dieses Antikriegs-Plädoyers.

Warum die letzten Glühwürmchen die Jahrzehnte überdauerte

Auch nach 25 Jahren hat der Film kein bisschen an seiner Wirkung eingebüßt. Spricht man mit Cineasten auf der ganzen Welt, sind unter ihnen nicht wenige, die Die letzten Glühwürmchen als wohl traurigsten und herzergreifendsten Film aller Zeiten ansehen. Ohne zu überzeichnen konzentriert sich der Film auf die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen Geschwistern, Verwandten, Menschen, die man während Zeiten der Not trifft und erzählt von Zusammenhalt, Vertrauen und Liebe. Der Krieg veränderte alles und nur dieser kleine Ruhepol, die Beziehung zwischen dem großen Bruder Seita und seiner kleinen Schwester Sasuko hält ein kleines bisschen Normalität aufrecht, gibt Wärme in Zeiten, in denen der Tod ein ständiger Begleiter ist. Diese Vorstellung, die Gefühle, die dieser Film vermittelt, werden sich auch in Jahrzehnten nicht ändern.

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