Ich, Die Völker & die Sehnsucht nach den Pimmons

22.03.2016 - 09:00 Uhr
Die Völker
Nordic Games
Die Völker
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Das Strategie-Spiel Die Völker ist mittlerweile über 15 Jahre alt und scheint so gut wie vergessen. Grund genug, diesen kleinen aber feinen Klassiker ins kollektive Gedächtnis zurückzuholen und zu erklären, warum eine frische Fortsetzung wirklich großartig wäre.

Die erste und einzige Szene, die mir im Zusammenhang mit Die Völker unmittelbar einfällt, spielte sich vor 15 Jahren in meinem Kinderzimmer ab. Meine Mutter warf einen prüfenden Blick auf den Röhrenmonitor, während ich ihr mit sich vor Aufregung überschlagender Stimme erklärte, dass ich ein Pimmon werden will, wenn ich einmal groß bin. Ihr versteht ähnlich wenig wie mein Erziehungsberechtigter damals? Dann wird es dringend Zeit, diese Bildungslücke aufzufüllen! Und wir beginnen mit dem famosen Intro.

Weil eine Gruppe Storche ein ernsthaftes Trinkproblem haben, setzen sie versehentlich die Sprößlinge drei völlig unterschiedlicher Kulturen auf ein und demselben Planeten aus. Damit hat Die Völker alles für eine konfliktreiche Zukunft vorbereitet, in der die insektenhaften Sajikis, die kriegerischen Amazonen und die pummelig-süßen Pimmons um Land und Ressourcen konkurrieren werden.

So viel Herz, so viel Charme

Gegenüber dem großen zeitgenössischen Strategie-Alleinherrscher Age of Empires 2 hatte Die Völker einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Es besaß eine gigantische Portion Charme und Herz, dass Genre-Anhänger zwischen den düsteren Ritterburgen und unter den wilden Kriegselefanten anderer Spiele erfolglos suchten. Die drei verschiedenen Völker unterschieden sich in ihrem Aussehen und der Spielweise grundlegend voneinander und vermittelten wirklich das Gefühl, eine eigenständige Kultur zu entwickeln.

So waren die Pimmons gemütliche, aber magiebegabte Krieger, die gutmütig und zufrieden in der Gegend herumstanden, wenn sie gerade nichts zu tun hatten. Die Amazonen sind zutiefst naturverbunden und lieben Schokotörtchen, während die kriegerischen Sajiki nichts mehr lieben als Zigarillos zu rauchen. Diese Unterschiede machten sich natürlich auch in den Spielmechaniken und den Einheiten bemerkbar, die die drei Kulturkreise rekrutieren konnten. All das führte Die Völker zu einem Verkaufserfolg und der zweite Teil stand der Franchise-Premiere in nichts nach.

Höhepunkt und Ende einer großartigen Serie

Die Völker 2 erschien 2001 und bot ein umfangreiches Paket an Neuerungen für die leidenschaftliche Community, die sich innerhalb kürzester Zeit um das Franchise aufgebaut hatte. Eine gründlich aufpolierte Grafik-Engine rahmte einige Neuerungen, die vor 15 Jahren noch fast revolutionäre Sprengkraft besaßen: Plötzlich bestand ein Volk nicht mehr aus einer geschlechtslosen Menge, sondern teilte sich in Männer und Frauen verschiedenen Alters. Doch hierbei blieb es nicht nur bei optischen Spielereien. Pärchen müssen zusammenfinden, um Kinder zu zeugen, die dann einen Platz in der Schule benötigen. Erwachsenen hingegen muss unterdessen ein Beruf zugeteilt werden, den sie dann im Idealfall bis zur Perfektion meistern. Ziemlich schnell kam es so zum berühmten Bildschirmwuseln, das wohlige Geschäftigsein vieler kleiner, virtueller Figuren.

So schön wuselte es sich 2001.

Die Völker 2 und unzählige Endlosspiele stehen für viel verflossene Lebenszeit in meiner Kindheit. Doch trotz der schwarzen Zahlen, die beide Spiele auf das Papier brachten, ging es mit dem Entwicklerteam und späteren Publisher JoWooD allmählich bergab. 2002 konnte eine Insolvenz noch abgewendet werden, es folgte ein Rechtsstreit mit einem australischen Unternehmen. Nach einigem Auf und Ab, zu dem auch der misslungene Launch von Gothic 3 gehörte, wurde das Studio schließlich von Nordic Games übernommen, das bis heute alle Markenrechte besitzt.

Daher geht meine Bitte nun an diese neuen Besitzer: Liebe Nordic Games-Menschen, bitte gebt uns Die Völker 3. Das Echtzeitstrategie-Genre steckt im Jahr 2016 in einer kleinen Krise und wird von der eSport-Szene oder gigantisch-epischen Kampagnensimulatoren wie Total War: Rome II besetzt. Es fehlt die Wusel-Variante, die gemütlich aber durchaus taktisch herausfordernd unsere Freizeit einfordert. Ein neues Völker-Spiel könnte genau das schaffen. Es wird Zeit, dieses Franchise, das uns gleich zwei Klassiker geschenkt hat, in die Gegenwart zurückzuholen.

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