Ich, Final Fantasy VIII & eine ziemlich dumme Verwechslung

22.12.2015 - 09:30 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Final Fantasy VIII
Square Enix
Final Fantasy VIII
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Mit dem achten Teil der Final Fantasy-Reihe mussten die Entwickler von Square in die populären Fußstapfen von Final Fantasy VII treten. Welch glücklicher Zufall dazu führte, dass mir das JRPG überhaupt in die Hände fiel, verrate ich euch jetzt.

Über die eigene Lieblings-Spielereihe zu schreiben ist bei mir in der Regel mit großer Aufregung verbunden. Gedanken und Anekdoten flitzen so zahlreich und chaotisch durch meine Synapsen wie die Menschen, die morgens an den Berliner U-Bahn-Stationen versuchen, sich in die Züge zu pressen. Jeden Ableger der Final Fantasy-Serie verbinde ich mit einer persönlichen Geschichte, der ich gerne in einen Herz für Klassiker-Text widmen würde. Dass meine Wahl auf Final Fantasy VIII fiel, wird vielleicht den ein oder anderen unter euch überraschen — schließlich handelt es sich bei dem JRPG aus dem Jahr 1999 um den in vielen Augen glanzlosen Nachfolger eines Meilensteins der Videospielentwicklung.

Im Schatten eines Meisterwerks

Mit dem Vorgänger Final Fantasy VII zauberte Square (heute Square Enix) 1997 ein Spiel, das erstmals in der Geschichte der JRPG-Reihe in 3D-Grafik und mit vorgerenderten Hintergründen über den Bildschirm flimmerte. Die unter damaligen Gesichtspunkten so cineastisch präsentierte Geschichte um Cloud, Aerith und Sephiroth prägte nahezu eine gesamte Generation von Spielerinnen und Spielern, die in den Neunzigern ihre Freizeit vorzugsweise mit japanischen Rollenspielen füllte.

Final Fantasy VIII

Entsprechend groß waren Freude und Nachfrage bezüglich des nächsten Ablegers der Reihe, der das Team von Square vor die schwierige Herausforderung stellte, das eigene Opus Magnum nochmals zu übertreffen. Viele schraubten ihre Erwartungen nach ihren Abenteuern mit Cloud und Gefolgschaft so hoch, dass das Schicksal von Final Fantasy VIII eigentlich schon prädestiniert war: Obwohl der achte Teil mit verbesserter Grafik, realistischen Charaktermodellen und aufwendigen Zwischensequenzen dem siebten optisch den Rang ablief, konnte er nicht noch einmal mit der gleichen Wucht einschlagen.

Final Fantasy VIII war ein Strich zu viel

Ich selbst döste zu dieser Zeit etwas vor mich hin und machte meine erste Begegnung mit dem Franchise im Jahr 2001 mit Final Fantasy IX. Als mein Cousin, mir irgendwann später versicherte, dass Teil sieben "ja auch noch ganz cool" sei, sammelte ich Mut und Taschengeld, um meinen Horizont bezüglich Final Fantasy zu erweitern. So stapfte ich eines Nachmittags ins nächste Kaufhaus, griff mit voller Überzeugung ins Regal und scheiterte schließlich an meinem Unwissen über römische Zahlen. Nicht Nummer sieben drückte ich enthusiastisch der Kassiererin in die Hand, sondern Nummer acht.

Dass Final Fantasy VIII und ich jemals zusammentrafen, war das Ergebnis einer ziemlich dummen Verwechslung, auf die mich mein Cousin erst Wochen später mit schallendem Gelächter aufmerksam machte. Obwohl ich so einfältig an meinem Wunschspiel vorbeischlitterte, bekam ich trotzdem, was ich wollte: Ein sowohl spielerisch als auch narrativ komplexes JRPG, das mich nach meiner Zeit mit Final Fantasy IX monatelang an den Controller meiner PS One fesselte.

Eine Geschichte über das Erwachsenwerden

Als Nobuo Uematsus schauriges Haupttheme "Fithos Lusec Wecos Vinosec" zum ersten Mal durch die Boxen meines Röhrenfernsehers rauschte war ich ungefähr elf Jahre alt — viel zu jung, um die mehrdeutige Geschichte von Final Fantasy VIII vollends zu verstehen. Das JRPG war düsterer und erwachsener als die meisten anderen Spiele, mit denen ich mich zuvor befasst hatte. Die Präsentation der Handlung über drei Zeitebenen hinweg, erschwerte es mir damals zusätzlich, das Erlebte in einen sinnvollen Kontext einzuordnen. Viele Gegebenheiten und Charakterkonstellationen begriff ich erst Jahre später.

In regelmäßigen Flashbacks wird die Geschichte von Laguna, ein weiterer wichtiger Charakter, erzählt

Hauptcharakter ist der siebzehnjährige Squall Leonhart, der in der Militärakademie Balamb-Garden zu einem SEED, einer mit Magie und Waffen vertrauten Söldner-Einheit, ausgebildet wird und den Auftrag erhält, eine krude Hexe namens Edea durch ein Attentat zu beseitigen. Anders als vorherige Final Fantasy-Helden verkörpert Squall keinen optimistischen Draufgänger, sondern einen wortkargen, arroganten Einzelgänger. Nachdem ich in Final Fantasy IX hunderte von Spielstunden mit einem typischen Helden verbrachte, der keine Gelegenheit ausließ, den Rest der Gruppe mit Ulk und Abenteuerlust zu befeuern, musste ich mich plötzlich mit einer völlig gegenteiligen Figur identifizieren.

Doch Squalls antipathische Persönlichkeit ist der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Während ich den Protagonisten auf seiner gemeinsamen Reise mit Xell, Rinoa, Quistis, Selphie und Irvine begleitete, erlebte ich, wie er durch den Einfluss der anderen nach und nach die Ziegel seiner Fassade verlor. Im Laufe des Abenteuers lernt der anfangs ignorante Außenseiter allmählich, sich seinen Gefährten zu öffnen, Dinge zu hinterfragen und innere Konflikte nach außen zu tragen. Final Fantasy VIII war das erste Spiel überhaupt, das mich an einer derartigen Charakterentwicklung teilhaben ließ.

Die Crux der Kopplung

In puncto Gameplay verzichtet Square auf einen Großteil serientypischer Elemente: Zauber werden nicht mehr gelernt, sondern müssen von Monstern oder speziellen Draw-Punkten wie Lose gezogen werden. Statt Rüstungen oder Accessoires setzen die Entwickler nunmehr auf das Kopplungssystem, bei dem sowohl Zauber als auch mächtige Schutzgeister (Guardian Forces) den Charakteren zugeordnet werden, um deren Angriffs-, Verteidugungs- oder Magie-Wert zu beeinflussen.

Bis ich die Kopplung meisterte, sollten viele Stunden verstreichen, in denen ich mir ratlos den Kopf kratzte oder Squall und seinen Gefährten wahllos Zauber und Schutzpatrone zuteilte. Doch die lange Zeit des Lernens machte sich bezahlt: Das neue System motivierte mich durch seine Komplexität intensiver den je, mit den Charakteren zu experimentieren und die Spielwelt nach den stärksten Guardian Forces wie Bahamut, Doomtrain und Eden abzugrasen.

Wie andere Guardian Forces auch tritt Ifrit nicht nur in Final Fantasy VIII auf.

Der anfangs unsympathische Hauptcharakter, die nebulöse Geschichte und das vertrackte Charakter-System mögen seinerzeit vielen Spielerinnen und Spielern den Zugang zu Final Fantasy VIII erschwert haben. Doch eigentlich ist dieses JRPG so wie Squall Leonhart selbst: Es benötigt etwas Zeit und Geduld, um die Blüte hinter seinen dicken Wänden zu offenbaren.

Wegen Final Fantasys römischen Zahlen belegte ich später in der Schule übrigens den Lateinunterricht.

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