Ich mach mir ein Zombiespiel, wiediewiediewie es mir gefällt

12.02.2015 - 12:45 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Ein Zombiespiel, wie es mir gefiele
Dom Schott
Ein Zombiespiel, wie es mir gefiele
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Zombies funktionieren immer: Auch nach etlichen Spielen, in denen ich Jagd auf die Untoten gemacht habe, ist mein Durst nach den popkulturellen Dauerbrennern nicht gestillt. Wie müsste also DAS Spiel aussehen, das mich für lange Zeit zufrieden stellen könnte?

Ein guter Trailer weckt große Erwartungen, ein gutes Spiel erfüllt diese auch. Für mein Wunsch-Zombiespiel wünsche ich mir daher beides: Tolle Trailer, die die Vorfreude wecken, aber noch nicht zu viel vom Spiel preisgeben. Etwa Schnell geschnittene Bilder, die uns wilde Parkour-Sprints über Zombieköpfe hinweg und waghalsige Klettereinlagen auf riesigen Radiomasten zeigen, die in spektakulären Sprünge auf Müllbergen oder untoten Schlüsselbeinen enden. Der Sonnenuntergang, und das wäre der Knaller, würde schließlich den Spieß umdrehen und macht auch uns zum Gejagten der nun deutlich aggressiveren Zombies, die euch hartnäckig auf dem Weg zum nächsten Unterschlupf verfolgen.

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Um mich nicht selbst von der Story zu sehr ablenken zu lassen, wünsche ich mir einen möglichst blassen Hauptcharakter, der staubtrockenes Füllgefäß für meine eigene Gedankenwelt darstellen könnte. So spiele ich als der verdeckte Agent Kevin Kran: Weiß, heterosexuell, übermäßig selbstbewusst, überraschend unlustig und auch ein brauner Stoppelbart würde mich nicht überraschen. Ein wandelnder Stereotyp, der für eine weltumspannende Geheimorganisation in eine brasilianische Stadt eingeschleust wird, wo er sich recht bald in einem Konflikt zweier rivalisierender Gruppen Überlebender wiederfindet, die mit Ausrufezeichen über ihren Köpfen bereits auf uns warten, um die Stadt und ihre Bewohner wieder in den Griff zu bekommen.

Mein Spiel bräuchte außerdem irgendein verheißungsvolles Ziel, oder noch besser: Ein Gegenstand, der entscheidend für das Überleben ist und damit zur natürlichen Quelle tausender gleichklingender Quests werden kann. Ich denke da an sowas wie Prozin, eine Art chemischer Repressor, der die Symptome aller Opfer der Zombieseuche für eine begrenzte Zeit unterdrückt: Der lebenswichtige, in Spritzen gepresste Hustensaft begegnet euch dann regelmäßig in der linearen Hauptmission, wird aber auch regelmäßig in die Gußform der optionalen Quests gepresst. Habt ihr nämlich mal keine Lust, den durchgängig farblosen und übertrieben akzentuiert synchronisierten NPCs bei ihren alltäglichen Problemen und Nöten zu helfen, werdet ihr regelmäßig auf Prozin-Lieferungen aufmerksam gemacht, die von der Regierung über der Stadt abgeworfen werden. Wollt ihr euch eine Extraportion Geld und Erfahrungspunkte verdienen, könnt ihr dann spontan zu den Abwurfstellen eilen und die Medizin bergen, bevor euch andere Räuber zuvorkommen.

Einblick in die mehrjährigen Charakterstudien für den Protagonisten des Spiels

Einen Großteil des Spiels werdet ihr auf Häuserdächern, Mauerabschnitten und hohen Funktürmen befinden, die ihr kletternd und springend erreicht: Mit wenigen Ausnahmen funktioniert dieses Parkour-Element sehr gut und lässt euch sogar bald den Schwindel vergessen, der euch zu Beginn des Abenteuers noch in den Kopf fahren könnte. Die vielen Versatzstücke hingegen, die — um Entwicklungszeit zu sparen — großzügig aus anderen Spielen importiert, werden euch nicht so schnell zur Ruhe kommen lassen.

Allerdings sehe ich schon ein Problem auf mein Spiel zukommen: Von allen Leihgaben aus benachbarten Spieleuniversen fällt der große Anteil der Rollenspiel-Elemente als größter Störfaktor auf. Ihr sammelt, craftet, kombiniert, repariert, erweitert, verdient und investiert. Und schließlich schraubt ihr vier Verbesserungen an euer Holzpaddel und während ihr eure neue Lieblingswaffe noch verliebt anstarrt, geht sie vor euren Augen nach überraschend wenigen Hieben wieder zu Bruch. In den meisten Fällen bedeutet dies nach zwei Reparaturen das Aus für die kurze Liebe zwischen der Primärwaffe und euch. Durch diesen Sammel- und Craftingwahn, der die Zombiehatz unnötig verlangsamt und zäh macht, mutiert mein Spiel wohl früher oder später zu einem maximal durchschnittlichen Action-RPG, das euch auch mit einem hübschen Sonnenuntergang nicht vor der ein oder anderen Facepalm bewahren könnte.

Die zahlreichen Zombies, die die in sich vollständig begehbare Spielwelt bevölkern, sind nicht annähernd so bedrohlich, wie sie erscheinen: Schnaufend, ächzend und stöhnend stellen die Untoten weniger eine echte Bedrohung als vielmehr störende Hindernisse auf dem Weg von A nach B dar — den ihr übrigens dank fehlendem Fast-Travel recht häufig abklappern werdet. Nur gelegentlich gelingt einem der Wiedergänger ein glücklicher Schlag in Richtung eures Gesundheitsbalkens, etwa wenn ihr an einem Hindernis hängengeblieben seid oder während der mechanisch stumpfen Kämpfe, die hauptsächlich aus Schwungbewegungen bestehen, wieder einmal außer Atem geraten seid. Das treibt das Frustbarometer in windige Höhen und sorgt für viele wutenbrannte Kolumnen, auch weit noch nach Release. Auch schlechte Werbung ist Werbung!

Abwechslung ist ein Synonym für Verwirrung: Das Missionsdesign meines Spiels

Die Nacht, die regelmäßig über euch hereinbricht und die Spielregeln gründlich durcheinander mischt, gehört eigentlich zu den größten Verkaufsargumenten des Spiels — so stelle ich mir das zumindest vor. Zombies sollen aggressiver und klüger werden, während ihr mit, sagen wir, doppelten Erfahrungspunkten dafür belohnt werdet, trotz allem im Schatten der Dunkelheit herum zu sprinten, statt in einem der quer in der Stadt verteilten, von euch eingerichteten Rückzugsorte einfach abzuwarten. Die Realität allerdings könnte für besonders findige Spieler anders aussehen: Denn schleichend könnt ihr den normalen Zombies recht einfach aus dem Weg gehen und auch ihre übermächtigen, blaßhäutigen Verwandten sind durch Sichtkegel auf der Minikarte leicht zu identifizieren. Hat euch allerdings ein solcher Viraler erst einmal entdeckt, kippt das Ungleichgewicht der Kräfte zugunsten der Untoten: Mit fast magnetischem Spürsinn entdecken euch die hartnäckigen Verfolger immer wieder, selbst wenn ihre Sichtlinien gleich mehrfach durch Gebäude und Fahrzeuge gestört wird.

Der Koop, der mittlerweile offenbar zu jedem modernen Videospiel gehört wie die Waffel unter die Eiskugeln, ändert erstaunlich wenig am Spielgefühl — ich will ja niemanden überfordern: Ja, nun schlagen wir uns mit bis zu drei anderen Freunden durch die Zombiehorden und führen die "Bedrohung" durch die Zombies endgültig ad absurdum, aber sonst? Der Natur des Multiplayers sind zwar einige witzige Momente geschuldet, die auch die Entwickler in einem Video wunderbar demonstrieren würden — wirklich bereichernd oder gar langzeitmotivierend ist die Gruppenknüppelei allerdings nicht.

Fazit

Hach, das wäre ein Spiel ganz nach meinem Geschmack: Eine abwechslungsreiche, offene Spielwelt, die euch genug Freiraum zum Klettern und Herumturnen gibt. Mit einem riesigen Waffenarsenal, das ihr selbst noch erweitern und modifizieren könnt, dürft ihr dann tagsüber auf die leichten Zombiezielscheiben einprügeln, während ihr nachts besser nicht euren Schlafsack verlasst.

Ein wenig Sorge hätte ich allerdings, dass das Ganze am Ende dann vielleicht doch keinen Spaß machen könnte. Besonders die flachen Charaktere und immer gleich klingenden Quests sowie die fadenscheinige Handlung könnten für Frust sorgen — andererseits will ich ja auch niemanden überfordern! Egal, das Risiko sollte eingegangen werden, vor allem, da auch der durch Hype befeuerte Vorverkauf bereits genug Geld einbringen sollte. Hoffen wir nur, dass die USK meinen Plänen keinen Strich durch die blutverschmierte Rechnung macht. Aber im Grunde bin ich da zuversichtlich.

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