Ich, Pokémon Rot und Glumanda

28.05.2015 - 16:42 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Pokemon Rot
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Seit 1996 die ersten Pokémon-Spiele erschienen und durch die Decke gingen, gibt es genug Serien, Merchandise und Spiele, um seinen Lebtag mit Pikachu & Co. zu verbringen. Pokémon Rot stellt die Wurzeln dieses Imperiums dar und hat meine Kindheit geprägt.

Wenn ich bei einer Sache in meiner Kindheit krankhaften Ehrgeiz besaß, dann war es Pokémon. Nachdem meine Cousinen beide zum Geburtstag einen Gameboy Color und das dazugehörige Pokémon-Spiel bekamen, wurde es zu meiner neuen Aufgabe, meine Eltern zu überreden, mich ebenfalls zu beschenken.

Meine Taktiken reichten von Tränen über betteln bis zu einem kleinen Song (inklusive Tanzeinlage), den ich schrieb und den es leider auch auf Video gibt. Das erniedrigende Bildmaterial verfolgt mich bis heute und sorgt auf Familienfeiern immer gerne für Lacher und Scham, aber selbst 15 Jahre später ist es mir Pokémon Rot immer noch wert, denn an Weihnachten lagen die erhofften Geschenke unter dem Baum. So begann meine Laufbahn als Pokémon-Trainer.

Glumanda

Bereits zu Beginn musste ich die schwerste Entscheidung meiner Kindheit treffen: Welches Starter-Pokémon sollte es sein? Nach langer Überlegung, die notgedrungen vom Weihnachtsessen unterbrochen wurde, entschied ich mich für Glumanda. Nachdem ich meinen Rivalen – kreativ "Arsch" getauft – dem Erdboden gleichgemacht hatte, machten Glumanda und ich uns, Hand in Kralle, auf ins Abenteuer.

Ein paar Horden von Rattfratz und Taubsi später, trafen wir in Marmoria City dann auf meinen ersten Arenaleiter. Ich weiß nicht, ob es an meinen kindlichen Fähigkeiten scheiterte oder ob Pokémon Rot noch deutlicher schwerer war als spätere Titel, aber Rocko war wirklich nicht einfach zu besiegen. Der Ehrgeiz, der mich zu einem Pokémon-Tanz berufen hatte, war allerdings noch nicht verloren. Also wurde Glumanda trainiert – das Rocky-Theme spielte im Hintergrund – und nach vielen Versuchen und darauffolgenden Besuchen im Poké-Center war es so weit: Rocko wurde zermalmt.

Ein Paradies für Sammler

Aber nicht nur das Training meiner Pokémon entfachte meinen Ehrgeiz: 151 verschiedene Pocket Monster galt es zu fangen und meinem Team hinzuzufügen. Eine Zahl, die mir damals gigantisch erschien, über die wir heute aber nur noch lachen können.

Trotzdem gab ich alles und fing jedes neue Pokémon pflichtbewusst ein – Professor Eich sollte stolz auf mich sein. Dieser Fleiß ließ im Spielverlauf schnell nach und auch später kann ich mich in neueren Spielen nicht dazu aufraffen, alle Pokémon der Edition zu fangen. Warum auch? Was habe ich von zig untrainierten Pokémon, die mir die Datenbank zumüllen? Es gibt bestimmt viele Fans, die darüber den Kopf schütteln, aber den Sammeltrieb konnte ich nie nachvollziehen.

Wenn mich das Sammeln auch nicht begeistern konnte, das Trainieren der Pokémon konnte es. Nichts erfüllte mich mit mehr Freude und Stolz als mein Glumanda von einem Glutexo zu einem Glurak wachsen zu sehen. Der Schreck, den ich bekam, als nach einem Kampf der Bildschirm zu blinken begann, war wunderbar. Glumanda wuchs mir so sehr ans junge Herz, dass jahrelang eine kleine Figur von ihm auf meinem Nachttisch stand.

Glumanda Figur

Es gab aber auch Dinge in Pokémon Rot, die meinen Blutdruck in die Höhe schießen ließen. Das größte Ärgernis war dabei der Felstunnel. Bis heute gibt es wenige Dinge, die mich so sehr frustrierten wie dieser von Fledermäusen bewohnte Tunnel. Wenn mich vorher ein Taubsi genervt zum Schnauben gebracht hat, hat das Millionste Zubat mich zur Weißglut getrieben.

In einem Wutausbruch habe ich damals in meinen Gameboy Color gebissen. Bis heute trägt er, in irgendeiner Kiste, die Bisswunde meiner kindlichen Wut. Was mir das gebracht hat, kann ich nicht sagen, aber meiner Verzweiflung musste Ausdruck verliehen werden.

Felstunnel

Pokémon Rot machte mich nicht nur zum rasenden Beißer, sondern auch zum rasenden Cheater. Einem Cousin sei meine kriminelle Laufbahn zu verdanken, er erzählte mir vom MissingNo-Bug. Hierbei könnt ihr Items vervielfachen, wie zum Beispiel den Meisterball oder das Sonderbonbon.

Nachdem ich diesen Trick herausgefunden hatte, waren Gegner wie die Top 4 ein Klacks. Du denkst, du kannst gegen mein Team aus Level 100-Pokémon gewinnen? Ich denke nicht!

Allerdings ging so der Spielspaß auch schnell flöten, denn wer konnte sich mir jetzt noch entgegenstellen? Natürlich war das Geheule groß als der MissingNo-Bug meinen Spielstand löschte, aber eigentlich war ich froh, beim zweiten Versuch wirklich gefordert zu werden.

Pokémon Rot ist für mich ein großer Bestandteil meiner Kindheit, den ich niemals missen möchte. Ich habe mich der Lächerlichkeit preisgegeben, um es spielen zu dürfen und würde es immer wieder machen.

Vom Erfolgserlebnis, nach langem Zermürben, endlich ein zähes Pokémon zu fangen, über den Spaß, mit meinen Freunden Pokémon zu tauschen: Pokémon Rot hat den Grundstein für meine Begeisterung an Spielen im Allgemeinen gelegt und mir gezeigt, dass ich schon als Kind sehr verbissen sein konnte – in vielerlei Hinsicht.

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