Ich, Project Zero II & die Geister, die ich rief

21.07.2015 - 09:00 Uhr
Der etwas andere Schmetterlingseffekt
Ubisoft
Der etwas andere Schmetterlingseffekt
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Meiner Meinung nach schaffen es nur wenige Fortsetzungen, das Original zu übertreffen. Deshalb möchte ich euch heute mit Project Zero II: Crimson Butterfly den zweiten Teil eines Horror-Franchises vorstellen, das mein Herz im Griff der Angst erobert hat.

Die Glocke klingelt und läutet das Wochenende ein. In Eile suche ich diverse (Schreib-) Utensilien zusammen und lasse den Dunstkreis des Klassenzimmers hinter mir. Als ich irgendwo auf den Schulfluren meine Freunde treffe, haben wir nur noch eines im Sinn: Project Zero II: Crimson Butterfly. Zeitsprung. Sonntagabend. Ich liege panisch im Bett und traue mich nicht, auch nur eine Faser meines Körpers zu bewegen.

Solche Anblicke hielten mich nachts wach


Project Zero II: Crimson Butterfly ist Survival-Horror vom Feinsten und wurde ursprünglich im Jahr 2004 für die PlayStation 2 veröffentlicht. Um seine Handlung nachvollziehen zu können, ist es aber nicht nötig, den ersten Teil des Franchises zu kennen. Einige Jahre später stießen meine Freunde und ich dann auf dieses emotional aufwühlende Videospiel — damals muss ich um die 16 Jahre alt gewesen sein.

Erzählt wird darin die Geschichte der Zwillingsschwestern Mio und Mayu, die gemeinsam einen abgelegenen Ort besuchen, an dem sie große Teile ihrer Kindheit verbracht haben. Dieses idyllische Fleckchen soll nun bald einem Großbauprojekt weichen. Mayu fällt plötzlich ein purpurroter Schmetterling auf, dem sie wie hypnotisiert in den Wald folgt. Ihre Schwester Mio ist ihr besorgt auf den Fersen und so überschreiten die beiden unbedarft die Grenze zum Dorf der Götter, das sie fortan — ebenso wie viele dort gefangene Geister — nicht mehr verlassen können.

Es ist schwierig, an dieser Stelle nicht zu spoilern, aber gleichzeitig genug preiszugeben, um dem Spiel gerecht zu werden. In einem Tunnelsystem unter dem Dorf der Götter befindet sich der Höllenabgrund. Dieser beherbergt die Seelen der Toten und muss regelmäßig mit einem grausamen Ritual besänftigt werden, um sie nicht freizusetzen. Dabei handelt es sich um einen Ritualmord, bei dem ein im Dorf zur Welt gekommener Zwilling sein Geschwisterkind umbringen muss und dabei ist in der Vergangenheit etwas gewaltig schief gelaufen ...

Dumm gelaufen...


Das wirklich Großartige an Project Zero II: Crimson Butterfly (abgesehen von der bedrückenden Atmosphäre und der mitreißenden Geschichte) ist die "Waffe", mit der ihr euch zu Anfang so sicher fühlt wie eine Maus in einer Löwengrube. Die Kamera Obskura ist das einzige Kraut, das gegen zahlreiche gruselige Geister-Gegner gewachsen ist und ihnen mit jedem Foto spirituelle Energie entziehen kann. Wenn ihr zwecks Geisterbekämpfung durch den Sucher der alten Kamera schaut, wechselt das Spiel seine Perspektive von Third Person zu First Person, was die Angstschweißproduktion nochmals deutlich in die Höhe schnellen lässt.

Während dieses Lebensabschnitts haben meine Freunde und ich in Project Zero II: Crimson Butterfly also nächtelang gegen Geister gekämpft, die unsere Gedanken wiederum des nachts heimsuchten und uns um den Schlaf brachten. Und ganz von diesen Gegnern abgesehen, sorgte das Spiel auch durch diverse, zufällig generierte Ereignisse für einige Jumpscares. So passierte es mehrmals, dass wir mitsamt Sofa einen Satz nach hinten machten — nur weil im Spiel irgendein blöder Gegenstand umfiel.

Auch bei derartigen Anblicken musste das Sofa leiden


Obwohl ich ein großer Fan der Silent Hill-Spiele bin, kann keines von ihnen mit Project Zero II: Crimson Butterfly mithalten, weil darin auf unvergleichliche Art Grusel und große Gefühle miteinander vereint werden. Die Geschichte der Zwillingsschwestern Mio und Mayu kann im Spiel übrigens auf viele unterschiedliche Weisen ihren Abschluss finden.

Eines dieser Enden ist besonders tragisch, weshalb wir uns nach der Zitterpartie von Videospiel weinend in den Armen lagen. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ein irritiertes Elternteil plötzlich statt einem Haufen verängstigter Teenager eine in Tränen aufgelöste Ansammlung junger Menschen vorfand. Untermalt wurde der unheimlich traurige Ausgang der Geschichte mit diesem Lied, das bei mir immer noch für Gänsehaut sorgt:


Wahrscheinlich würden meine Freunde und ich uns jetzt immer noch des nachts zusammenfinden, um uns an diesem Juwel zu erfreuen. Wäre nicht an irgendeinem Punkt das Leben dazwischen gekommen.

In Stand by Me - Das Geheimnis eines Sommers sagt der Protagonist irgendwann gegen Ende, es sei manchmal so im Leben, dass Freunde kommen und gehen wie die Kellner in einem Restaurant. Genau das ist irgendwann auch mit meinen Freunden passiert.

Heute blicke ich manchmal lächelnd auf diese Zeit zurück, wenn ich beim Licht ausschalten einen Sekundenbruchteil zögere, weil mich mal wieder die Geister vergangener, durchgespielter Nächte heimsuchen. Und dann wird es im Zimmer dunkel wie im Höllenabgrund.

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