Ich, The Movies & ein geplatzter Traum

09.08.2016 - 09:45 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
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Im Jahr 2005 war ich Herr über mein eigenes Filmstudio. Ich konnte nicht nur bestimmen, welche Filme wann gedreht werden und welche Sets ich brauche, sondern die Filme auch selber schneiden. Heute erzähle ich von meiner Zeit mit The Movies.

Gestatten sie mich vorzustellen. Meine Name ist Fabiano Emanuele Uslenghi. Schauspieler, Regisseur, Philanthrop und Lebemann. Vermutlich kenne sie mich vor allem aus Hollywood-Blockbuster wie "Krieg servier ich lieber kalt", "Das rote Lachen des Dr. Malu" oder "Die Kaktus Brüder 3 – Ein Colt schießt Stacheln". Als wichtigster Filmemacher der letzten 60 Jahre habe ich die Kinolandschaft wie niemand zuvor geprägt. Nun entschuldigen sich mich bitte, das nächste oscarreife Drehbuch wartet darauf geschrieben zu werden.

Wenn es nach meinem 13-jährigen Ich gegangen wäre, dann wär dieser Abschnitt dort oben mittlerweile die Realität. Immerhin wusste ich damals bereits schon lange, das in mir das Potenzial eines legendären Filmemachers steckt und zwar in allen Bereichen. Marlon Brando und Stanley Kubrick in einer Person, wenn man so will. Grund hierfür war allerdings kein Film, sondern ein Videospiel. The Movies hieß das gute Stück, in dem ich nicht nur die Kontrolle über mein eigenes Filmstudio übernehmen durfte, sondern in dem ich auch die Macht besaß, eigene Filme zu erschaffen.

Ein Hobby im Hobby

Im Grunde war The Movies nichts anderes als ein weiteres Aufbauspiel, in dem ich einem Job nachgehen durfte, den mir im echten Leben niemand geben würde. Während sich meine Freunde in SimCity 4 als Bürgermeister versuchten, oder in Rollercoaster Tycoon 3 ihre Fahrgäste zum würgen brachten, ging ich sogar in der virtuellen Welt lieber meinen eigenen Hobbies nach und wenn es etwas gab, das damals meiner Freude an Videospielen gleichkommen konnte, dann war das meine Liebe fürs Kino. The Movies gab mir endlich die Gelegenheit, diese Hobbies auf eine Art und Weise zu verbinden, wie ich es zuvor niemals für möglich gehalten hätte.

Klappe! Kamera! Action!

Als mächtiger Filmmogul herrschte ich über mein Studio und erlebte die Filmgeschichte aus einer komplett neuen Perspektive. Plötzlich bestand sie für mich nicht mehr nur aus zeitlosen Filmklassikern, sondern auch technische Aspekte wie Ton- und Farbfilm oder das aufkommen erster Special Effects spielten eine Rolle. Ich bekam auch einen Sinn dafür, wie Filme überhaupt produziert werden. Wenn ich Geld verdienen wollte, dann reichte es nämlich nicht, einfach nur die besten Schauspieler und Regisseure zu engagieren, ich musste mich den äußeren Umständen unterwerfen. Es lohnte sich nicht, einen Liebesstreifen zu drehen, wo doch gerade aufgrund des Vietnamkrieges mehr Fokus auf Action lag. Geht weg mit euren möchtegern künstlerischen Anspruch! Ich hab hier ein Studio zu leiten! Der nächste Film finanziert sich nicht mit guten Kritiken!

Zwischen Blockbustern und Starallüren

Teil meines Jobs als Studiochef war es auch zu gewährleisten, dass meine Schauspieler und andere Mitarbeiter nicht aus der Reihe tanzten. Eigentlich hätte ich sogar dafür sorgen müssen, dass mein Superstar sich mit der zweiten Hauptrolle gut versteht, bevor ich sie vor der Kamera rumknutschen ließ, aber dafür fehlte mir meist die Geduld. Abgesehen davon, war mein Superstar in der Regel eine unausstehliche Diva, die sich zu fein dafür war, an der Burgerbude nebenan mit ein paar Statisten zu speisen. Hauptsache der eigene Wohnwagen verfügt über einen Springbrunnen.

Nein, nein, da kümmerte ich mich lieber darum, dass mein Drehbuchautor nicht wieder eine Runde Basketball spielt, anstatt am nächsten Blockbuster zu schreiben. Obwohl ich auch zugeben muss, dass es einen gewissen diabolischen Reiz in mir auslöste, dafür zu sorgen, dass sich meine Stars in der Kneipe volllaufen ließen, nur um Sekunden später ein paar gewissenlose Promijäger in der nähe abzusetzen, die auch prompt einige Fotos von der misslichen Situation schossen. Der Star motzt zwar kurz rum, aber immerhin ist er wieder im Gespräch, was wiederum gut für mein Studio ist. Hauptsache er ist bis zum Dreh wieder nüchtern.

Stars bringen sich in Form.

Allein die Option, jeden Mitarbeiter für jede Arbeit einzuteilen, sorgte abseits der Filme für ganz eigene absurde Geschichten. Nervtötende Schauspieler wurden gerne einmal zu Hausmeistern degradiert und wenn mein Regisseur gerade zu sehr damit beschäftigt war, sich in der Klinik Silikonmuskeln einsetzen zu lassen, dann musste eben Statist Nummer 4 selber Regie führen. Selten gelang mir hier sogar das Kunststück, einen unscheinbaren Angestellten zum nächsten Weltstar mutieren zu lassen. Der amerikanische Traum in seiner reinsten Form.

Der Traum vom Filmemachen

Das ganze Studio managen und die Filmgeschichte nachzuerleben hätte eigentlich schon gereicht, um mich monatelang glücklich zu machen. Aber was The Movies für mich zu einem einzigartigen Highlight werden lies, war die Möglichkeit, selber Filme zu drehen. Das funktionierte dann am besten, wenn noch einige Mods installiert waren, die mir beispielsweise mehr Auswahl an möglichen Schauspielern gaben. Im Editor hatte ich dann schließlich die volle Kontrolle. Ich konnte schneiden, Effekte einfügen und mit Text unterlegen. Es gab sogar ein System, welches die Lippenbewegungen der Figuren mit den Texten synchronisierte, die ich selbst eingesprochen hatte.

Innerhalb weniger Monate produzierte ich einen Film nach dem anderen, bei denen es mir nicht mehr darum ging, mein Studio zum laufen zu bringen. Ich wollte einfach nur meine eigenen Ideen verwirklichen. Eine echte Herausforderung war es, die mit der Zeit leicht repetitiven Animationen zu kaschieren. Das gelang am besten, wenn mithilfe von Kameraperspektiven und unsichtbaren Statisten Illusionen erzeugt wurden, die die Szene anders wirken ließen als zuvor. Damit hatte The Movies sogar mehr mit einer echten Hollywood-Produktion gemeinsam, als es auf den ersten Blick vermuten lässt. Heute trauere ich meinen damaligen Machwerken noch nach, die ich leider mittlerweile nicht mehr finden kann. Ist vielleicht auch besser so.

Obwohl The Movies die Hoffnung weckte, dass in mir das Potenzial zum nächsten Hollywood-Großmeister schlummert, ging dieser Traum überraschenderweise (bis jetzt!) nicht in Erfüllung. Allerdings erkannte ich hier meine Leidenschaft für das schneiden von Filmmaterial und lernte infolge dessen rudimentär mit echten Schnittprogrammen zu arbeiten. Ein Talent, für das ich auch heute noch dankbar bin. Auch wenn ich nicht in Hollywood sitze.

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