Ich will die Heldin sein, aber Resident Evil Zero lässt mich nicht

02.02.2016 - 12:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Resident Evil Zero
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Resident Evil Zero
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Resident Evil Zero erschien kürzlich für praktisch alle aktuellen Plattformen und will Spieler in einer technisch aufbereiteten Fassung überzeugen. Doch das größte Problem des Titels gibt es schon seit der Erstveröffentlichung 2003: das Frauenbild.

Mirror's Edge Catalyst , Horizon: Zero Dawn  oder Hellblade  — für 2016 kündigten sich eine Menge Spiele an, in denen sich junge Frauen ganz selbstverständlich ins Rampenlicht stellen. Auch Rebecca Chambers aus dem HD Remaster zu Resident Evil Zero  könnte auf dieser Bühne stehen, würde das Survival-Horrorspiel bei ihr nicht so ziemlich alles falsch machen.

Das fängt schon bei der Handlung an. Sie setzt kurz vor den Ereignissen des ersten Teils  ein, erzählt also quasi die Vorgeschichte. Und dann auch wieder nicht. Die Hauptrolle spielt nämlich nicht das ganze S.T.A.R.S. Bravo Team, dessen Verschwinden die Zombie-Köpfe erst ins Rollen bringt, sondern Nachwuchstalent Rebecca. Und dann auch wieder nicht.

Denn das Prequel führt die 18-Jährige zwar als Hauptfigur ein, gibt ihr allerdings nie die Möglichkeit, sich als eigenständiger Charakter zu beweisen. Schon nach wenigen Minuten stolpert sich über den flüchtigen Sträfling Billy Coen, der die Polizistin zwar kein Stück ernst nimmt, sie gerne auch mal mit "Püppchen" oder "Kleine" abfertigt, sich aber trotzdem mit ihr zusammentun will — dürfte wohl an dem Zug voller Zombies liegen, in dem sie aufeinandertreffen.

Klassische Rollenverteilung: Er ist kampfbereit und sie verängstigt.

Wobei Rebecca anfangs noch versucht, die Dinge in die eigene Hand zu nehmen. Allerdings verbrennt sie sich schon am ersten Gegner die Finger, weil es Resident Evil Zero so will: Ich bezwinge das Monster alleine, die darauffolgende Zwischensequenz treibt die junge Frau jedoch trotzdem in Billys Arme.

Wie erklärt das Spiel also, dass sich von nun an plötzlich zwei Figuren zusammen durch seine engen Gänge tasten? Auf diese Frage fällt dem Resident Evil-Prequel keine bessere Antwort ein, als veralteten Rollenbildern den Staub abzuklopfen und sie mir vor die Nase zu hängen. Natürlich ist der breitschultrige Billy stärker als die zierliche Rebecca, natürlich schluckt er Kugeln wie Protein-Shakes, wohingegen sie schnell schlappmacht. Und dass Gegner im Spiel eigentlich gar nicht auf mich schießen, vergessen wir mal genau so wie den Umstand, dass sie eine Schutzweste und er nur ein Tanktop trägt.

Mit diesen klischeebeladene Charaktereigenschaften und den drumherum gesponnenen Survival-Mechaniken drängt Resident Evil Zero seine Figuren in zwei Ecken. Billy eignet sich für besonders gefährliche Abschnitte, Rebecca wiederum für den Rest, also im Prinzip für die Momente, in denen ich sie spielen muss. Der Titel degradiert seine Heldin somit erschreckend plump wie effektiv zum brav neben mir hertrottenden Inventar.

Billy muss Rebecca retten – wieder mal.

Mit Hilfe des sogenannten Buddy Systems erzwingt das Spiel zudem Situationen, in denen sich die Sanitäterin einem Schicksal als Damsel in Distress  fügen muss. Dabei verdreht Resident Evil Zero auch gerne mal sein Handlungsgerüst, bis sich die Balken biegen. Ob nun ein Mechanismus nicht einrostet und deshalb unbedingt Rebecca in ein leeres Schwimmbecken steigt oder nur sie durch einen Schacht passt, in beiden Fällen nimmt ihr der Survival-Titel jede Chance, sich selbst aus der anschließenden Gefahr zu befreien.

Interessanterweise reduziert Zero seine Heldin nicht nur immer stärker auf ihre erzählerische oder spielerische Funktion. Gleichzeitig bemüht es sich auch, den ehemaligen Marine zunehmend als Sympathieträger aufzubauen. So weiß ich eine ganze Weile genau so viel wie die Polizistin über seine Vergangenheit als vermeintlicher Kriegsverbrecher. Aber nachdem er sie wieder einmal gerettet hat, bricht das Spiel damit und verrät mir und nur mir, was hinter den Vorwürfen steckt. Natürlich hat er keine Unschuldigen getötet, natürlich ist er eigentlich einer von den Guten. In diesem Augenblick fühlt es sich fast so an, als klopfe mir Zero beruhigend auf die Schulter: Schon in Ordnung, dass du lieber ihn spielst.

Auch auf Werbebildern oftmals hilflos: Rebecca Chambers.

Während sich also die Geschichte viel Mühe gibt, bei Rebecca jeden Anflug von Eigenständigkeit zu untergraben, hat das Spieldesign dem nichts entgegenzuhalten, außer eine größere Schaufel.

Selbst das Finale bildet hier übrigens keine Ausnahme. Obwohl die junge Frau die im wahrsten Sinne zündende Idee hat, schlüpft die KI im entscheidenden Moment in ihre Haut, mir bleibt somit nichts anderes übrig, als sie zu beschützen. Und so darf Billy den letzten Schuss abfeuern und einen coolen Onliner über die Lippen bringen, wie so ein richtiger Held eben. Die traurige Konsequenz: Das Ende löst nur seinen Handlungsfaden auf. Er geht in den Sonnenuntergang, und für sie der Horror weiter — als Nebencharakter in Resident Evil.

Resident Evil: Zero erschien vor kurzem für PC, PS4, PS3, Xbox One und Xbox 360, ein PS4-Review-Code wurde uns von Publisher Capcom bereitgestellt.

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