Im Test zu Driveclub Bikes war ich der Geisterfahrer

29.10.2015 - 18:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Driveclub Bikes
Sony Computer Entertainment
Driveclub Bikes
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Ich - das bin ich, Dom und ich habe mich mit Driveclub Bikes beschäftigt. Die Erweiterung für das Rennspiel Driveclub schiebt zum ersten Mal seit langer Zeit wieder Motorräder auf die virtuelle Piste und will alles dafür tun, mich zu begeistern.

Gleich zu Beginn ein Geständnis: Rennspiele wie Driveclub, die mehr Simulation als Schildkrötenpanzer-Weitwurf sein wollen, bilden einen gigantischen, weißen Fleck in meinem Hirn. Den letzten "Ich bin schneller als du"-Titel spielte ich irgendwo Mitte der 90er auf den damaligen Formel 1-Pisten - und während ich mir und meinen Freunden seitdem immer mal wieder in Spielen wie Blur oder eben Mario Kart 8 die Superwaffen um die Ohren knallte, entfernte ich mich zunehmend vom Rennsport-Genre. Jetzt habe ich zum Release der Erweiterung Driveclub Bikes die Gelegenheit genutzt, einen Neustart in diesem mir so fremden Genre zu wagen.

Daher ist dieses Review nicht an diejenigen unter euch gerichtet, die Profi-Einschätzungen lesen wollen. Ich schreibe aus der Sicht eines Genre-Noobs (Führerscheinklasse B).

Für den Fall, dass bei mir der ganz große AHA-Effekt ausbleiben sollte, habe ich außerdem Fans des Genres gefragt, woher die Faszination an diesen Spielen kommt. Zwischen die Zeilen meiner Erlebnisse streue ich immer wieder diese Anekdoten von Twitter-Usern , die so freundlich waren, mir auf der Suche nach dem Spielspaß am rotierenden Reifen zu helfen. Und damit: Glück auf! Petri Heil! Leinen los! Benzin rein!

Für mich ist es tatsächlich irgendwo die Verwirklichung eines Traums. Die Geschwindigkeit, der Wettbewerb, die Atmosphäre - ich würde vieles geben um das einmal selbst erleben zu dürfen. Doch Motorsport ist leider teuer und gemein, und so bleibt mir nur das Kart-Fahren und eben Rennsimulationen. Die Story ist für mich das Rennwochenende, der Charakter bin ich selber.

Tatsächlich scheinen Rennspiele nur zwei Extreme zu kennen, was ihre Charaktere angeht: Entweder bin ich ein junger Hitzkopf, dessen Vorstrafenregister ebenso dick wie sein Oberarm ist, ein zwangspensionierter Polizist, der für seinen letzten (!) Job (!!) noch einmal in den Fahrersitz gedrückt wird - oder, wie im Universum von Driveclub, ein wortwörtlicher Niemand: Ein gesichtloser Avatar, der mich im Spiel repräsentiert. Für meine Zwecke ist mir diese Lösung am liebsten, so muss ich mich nicht mit Facepalms vom eigentlichen Kern des Genres abhalten: Das Herumfahren. Manchmal sogar einfach nur im Kreis.

Hübsch ist DriveClub Bikes allemal!

Driveclub Bikes schmeißt mich in ein Rennen, noch bevor ich überhaupt das Hauptmenü, geschweige denn meine eigene Couch erreicht habe. Plötzlich fahren zigtausende (zwölf) Mitfahrer an mir vorbei und die letzten Reflexe meiner Road Rash-Vergangenheit suchen nach der Eisenkette, die ich ihnen entgegenschwingen kann. Doch diese Funktion fehlt - natürlich - und wurde durch "Gang hochschalten" und "Gang runterschalten" ersetzt. Na gut.

So weit ich es beurteilen kann, ist das Fahrgefühl von Driveclub sowie seiner Motorrad-Erweiterung zumindest nachvollziehbar. Die Fahrzeuge machen Bewegungen, die ich von meiner Fahrschulvergangenheit selbst wiedererkenne und erleichtern mir so den Einstieg. Nach einigen Minuten bin ich zwar immer noch letzter, habe aber nicht mehr Angst um das Leben meines Avatars. Das ist ein Fortschritt, den ich mit einem dicken Smiley in meinen Notizen festhalte.

Dass es bei regennasser Fahrbahn wenig Sinn ergibt, mit 240 in eine Kurve einzufahren, ‚spürt‘ man, wenn man die Kontrolle über den Wagen völlig verliert. Umso befriedigender, wenn man durch Lernen irgendwann den Dreh raus hat, rechtzeitig - aber nicht zu viel - abzubremsen und an der richtigen Stelle wieder kontrolliert zu beschleunigen. Wenn sich das gut anfühlt, gibt es kaum Schöneres.

Gut, fahren kann ich nun, schwierig war das nicht. Und nun? An dieser Stelle scheint sich die Spreu vom Weizen zu trennen: Während sich die überzeugten Vollblut-Fans nun auf diverse Herausforderungs-Rennen stürzen oder überlange Marathon-Fahrten angehen, nur um ihre Bestzeiten zu schmälern, werfen Skeptiker ihr kleines, rotes Handtuch. Keine freischaltbaren Superwaffen, keine Upgrades mit Sicheln an beidem Ende, nicht mal Bananen. Stattdessen beginnt nun die Hetzjagd nach den Hundertsteln, der ich mich tapfer in einem Etappenrennen stelle.

Die Strecken sind abwechslungsreich und unterschiedlich schwer. Das merke sogar ich.

Diese Herausforderung lässt mich gegen die KI auf verschiedenen Strecken überall auf der Welt antreten - und während diese Umgebungen wirklich fantastisch aussehen, frage ich mich allmählich, welches Versatzstückchen in meinem Hirn nicht richtig gedreht ist (Ha, Autosprache, oder?), dass ich die Faszination am Genre einfach nicht begreifen kann. Eigentlich bin ich ein sehr kompetitiver Spieler, doch das Rennen um jede Millisekunde gibt mir nicht viel. Stattdessen entdecke ich irgendwo zwischen Japan und Indien den verborgenen Spielspaß darin, den Computer-Gegnern möglichst unfallfrei die Vorfahrt zu gewähren oder im Rückwärtsgang gegen die Fahrtrichtung zu düsen, während ich dabei laut "Huuuui!" rufe. Das ist doch auch schon etwas, oder?

Bei mir ist es so, dass ich der totale Autonarr bin. Simulationen verschaffen mir Zugang zu Autos, insbesondere Rennwagen, die ich im echten Leben bestenfalls mal vor die Kameralinse, aber wohl kaum unter den Hintern bekomme. So kann ich zumindest virtuell und halbwegs realitätsnah beinahe jede Strecke, jedes Auto in beliebiger Kombination "erfahren". In einem herausfordernden Fahrzeug auf einer schwierigen Strecke schnell zu sein, ist in echt und für mich persönlich das Größte überhaupt, das ultimative Hochgefühl. Leider ist Motorsport selbst auf Amateurlevel sehr teuer und für mich und viele andere nicht erschwinglich. Da bleiben nur öffentliche Straßen und da ist man nunmal durch Regeln, Verkehr und (hoffentlich!) grundlegende Vernunft beschränkt. Bei einer modernen Simulation habe ich noch den zusätzlichen Bonus der Detailverliebtheit, kann mir jede Schraube, jedes Teil so lange anschauen wie ich möchte.

Und genau diese Worte sind der Grund, warum ich davon absehe, aus meiner persönlichen Erfahrung heraus dieses Genre für mich in die Abgründe der Sinnlosigkeit zu verdammen. Am Ende des Rennens (Ha, noch mehr Autosprache!) sind auch Simulationen wie DriveClub Videospiele, die uns vor allem eines ermöglichen: Welten zu erleben und Dinge zu sehen, die im echten Leben wohl unmöglich sind. Daher ziehe ich nicht nur nach etwa acht Stunden wieder das Spiel aus der Konsole, sondern auch meinen Helm vor DriveClub und versuche 2030 wieder mein Glück mit diesem Genre.

Uns wurde ein PS4-Muster vom Publisher zur Verfügung gestellt.

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