Into the Badlands - Unser erster Eindruck

17.11.2015 - 10:10 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Hagrid, äh, Sunny mäht mehr Menschen als Mohn nieder.AMC
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Die Postapokalypse geht auch ohne Walker. Into the Badlands heißt die neue Serie von AMC und wir haben die erste Folge gesehen. Lohnt sich das Einschalten?

Wer schon immer wissen wollte, wie ein Harry Potter-Prequel über Hagrid aussieht, das in einer postapokalyptischen Welt voller Hipster in Designer-Mänteln spielt, sollte sich Into the Badlands auf jeden Fall ansehen. Diese Beschreibung tut der Serie von Alfred Gough und Miles Millar (Smallville) wahrscheinlich Unrecht. Ausgehend von der ersten Episode lässt sie das Martial Arts-Abenteuer allerdings ein wenig spannender klingen, als es ist. Dabei bietet die auf sechs Episoden angelegte erste Staffel bereits nach wenigen Minuten eine der besten Actionszenen, die in den letzten Jahren über amerikanische Mattscheiben geflimmert sind. Mit Daniel Wu steht ein kompetent stoischer Hauptdarsteller bereit, um sich durch die von Mohnfeldern übersäte Postapokalypse zu metzeln und Bösewicht Marton Csokas wärmt sich hier quasi vor aller Augen für die Game of Thrones-Ersatzbank auf. Aber ein zweites, drittes, viertes Game of Thrones brauchen wir nun wirklich nicht. Tolle Martial Arts-Action genügt doch zur Glückseligkeit.

Zurück zu Hagrid. Der heißt in Into the Badlands Sunny (Daniel Wu) und stellt sein strahlendes Gemüt gleich zu Beginn zur Schau, als er eigenhändig eine Horde Banditen hinmeuchelt. Sunny ist ein sogenannter Clipper und hat als Soldat des Warlords Quinn (Marton Csokas) bereits 404 Menschen getötet. Schusswaffen sind in dieser unter sieben Kriegsherren aufgeteilten Welt verboten, aber mit einem Schwert auf dem Rücken per Oldtimer-Motorrad durch die Landschaft zu brausen, sieht sowieso cooler aus. Und Coolness ist zunächst das A(h) und O(h) in Into the Badlands. Es ist die Art Dystopie, in der die Bevölkerung in archaische Rituale zurückverfällt und trotzdem perfekt geschnittene Ledermäntel und stylishe Sonnenbrillen trägt. Was kein Kritikpunkt sein soll. Denn das Potpourri aus bekannten Versatzstücken gehört eindeutig zu den Reizen der Serie: Es irritiert wie die leuchtend roten Mohnfelder, die im Süden offenbar die Baumwolle ersetzt haben. In ihrer stark betonten Künstlichkeit wirkt die Zukunfts-Pastiche von Into the Badlands jedoch schon wieder originell. Clipper Sunny findet nun nach oben genannter Auseinandersetzung einen Jungen namens M.K. (Aramis Knight). Er bringt ihn auf seinem leider nicht fliegenden Motorrad in die Ausbildungsstätte seines Warlords, wo der Junge in der ersten Folge seinen eigenen Ron Weasley trifft und einem Draco Malfoy-Verschnitt ein Auge aussticht. M.K. besitzt nämlich außergewöhnliche Kräfte und könnte Sunny bei der Flucht aus seinem gewalttätigen Tagwerk behilflich sein.

Inspiriert wurde Into the Badlands von der chinesischen Sage Die Reise nach Westen, deren berühmteste Figur, der Monkey King Sun Wukong, sich sowohl in den Namen von Sunny als auch M.K. wiederfindet. Vielleicht haust in M.K. also eine weggesperrte göttliche Macht, die entfesselt zum puren Chaos führen kann. Der anarchische Spaß von Monkey King-Verfilmungen wie Journey to the West: Conquering the Demons oder Eine chinesische Odyssee geht Into the Badlands jedenfalls ab - wie übrigens so gut wie jeder Spaß, der nicht aus der Lust am Martial Arts-Ballett erwächst. Marton Csokas' schwelgerisch gespielter Warlord-Prediger mit Prenzlberg-Mähne gehört zu den Höhepunkten der Folge abseits der Schlachtfelder. Seine intrigante, in einer Südstsaatenvilla hausende Sippe lässt einen allerdings die zügige Flucht in den Westen herbeisehnen. Wie für eine Pilotfolge zu erwarten, kämpft Into the Badlands im Einstieg mit der Einführung in Welt und Figuren. Rein handwerklich gesehen wünscht man sich beim Drehbuch deshalb die Finesse der Kampfszenen herbei. Denn jede Szene verfährt in der zweiten Hälfte der Folge nach dem selben Schema, was wenig Vorfreude auf die zukünftigen Abenteuer in den Badlands weckt. Anstatt in sich stimmige Übergänge zu schaffen, wechseln sich zufällige Beobachtungen und klischeehafte Auftritte ab. Figur A trifft Figur B beim Beobachten von Figur C. Figur C trifft Figur A beim Beobachten von Figur B. Figur B trifft... Schlimmer noch: Alles, was Quinn, seiner Frau (Orla Brady) und seinem machthungrigen Sohn (Oliver Stark) als Thema bleibt, findet sich im Handbuch für hölzern geschriebene Serien-Exposition, wo doch die postapokalyptische Couture allein genug Gesprächsstoff für zehn Folgen abgeben würde!

Aber gehen wir nicht zu hart mit Into the Badlands ins Gericht. Wenn Daniel Wu im milchigen Regen neben einem Oldtimer in Zeitlupe gesichtslose Bösewichte ausschaltet, gießt Into the Badlands die pure Martial Arts-Freude in Serienform. Choreograph Ku Huan-Chiu und Action-Regisseur Stephen Fung bemühen sich hier sowohl um Abwechslung als auch um Transparenz in der Inszenierung. Knochenbrecherische Härte findet sich in den Kämpfen der ersten Folge ebenso wie die Poesie tänzelnder Schrittkombinationen, die einen Jackie Chan in Genre-Klassikern manches Mal wie Fred Astaire aussehen ließ. Angesichts der schwerfälligen Palastintrigen können wir also nur hoffen, dass Sunny der Gewalt nie abschwören wird.

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