“Klinge ich wie eine Serienmörderin?”: Christina Ricci und Melanie Lynskey über Kannibalismus, weiße Männer und Yellowjackets Staffel 2

24.03.2023 - 12:00 Uhr
YellowjacketsShowtime
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Zuletzt waren sie in Wednesday und The Last of Us zu sehen, jetzt sind Christina Ricci und Melanie Lynskey für Yellowjackets Staffel 2 zurück und schrecken weder vor Mord noch Kannibalismus zurück. Wir haben mit ihnen gesprochen.

Mit Staffel 2 von Yellowjackets kehrt ab dem 24. März 2023 bei Paramount+ nicht nur eine der besten, sondern auch verstörendsten Serien der letzten Jahre zurück. Auf zwei Zeitebenen erzählt die Thriller-Serie die Geschichte einer Gruppe Frauen, die als Teenager-Mädchen in den 90ern mit dem Flugzeug über Kanada abstürzen und schließlich sogar Menschenfleisch essen müssen, um in der Wildnis zu überleben.

Christina Ricci als Misty und Melanie Lynskey als Shauna spielen die erwachsenen Varianten von zwei dieser Teenager-Mädchen, die von ihren traumatisierenden Erfahrungen langsam aber sicher eingeholt werden. Beide brillieren in komplexen Frauenrollen, die es so lange nicht im Fernsehen gab.

Melanie Lynskey zeigt nach ihrem Gastauftritt in The Last of Us erneut, dass hinter ihrem warmen, vertrauenswürdigen Äußeren und der hellen Stimme eiskalte Kalkulation stecken kann. Christina Ricci knüpft als obsessiver True-Crime-Fan an ihre besessen wirkende Figur aus Wednesday an.

Würden Christina Ricci und Melanie Lynskey einen Menschen essen? Vielleicht.

Moviepilot hat die beiden Schauspielerinnen gefragt, warum es scheint, als sei die Serien-Hochzeit der komplizierten Männer vorbei – und ob sie gestrandet in der Wildnis zu ähnlich extremen Maßnahmen greifen würden wie ihre Serien-Figuren.

Melanie Lynskey (links) und Christina Ricci im Interview mit Moviepilot

Moviepilot: Wäre Kannibalismus für euch eine Option?

Melanie Lynskey: Ich glaube, das wäre unmöglich für mich. Ich habe seit 35 Jahren kein Fleisch mehr gegessen.

Christina Ricci: Das macht es für dich natürlich noch schwieriger!

Melanie Lynskey: Dann auch noch jemanden, den du kennst …

Christina Ricci: Andererseits: Wenn du jemanden isst, den du kennst, absorbierst du einen Teil von ihm und hast ihn immer bei dir. Oder klinge ich jetzt wie eine Serienmörderin? (lacht) Mir würde das schwerfallen, vor allem der Umgang mit dem rohen Fleisch. Aber ich glaube, dass es chemische Reaktionen in deinem Hirn gibt, die so etwas möglich machen, wenn du hungerst und verzweifelt bist.

Die 2000er und 2010er scheinen die Serien-Ära der schwierigen Männer gewesen zu sein. Jetzt scheinen mit Serien wie Yellowjackets die komplizierten Frauen dran zu sein. Habt ihr eine Theorie, warum das jetzt passiert?

Melanie Lynskey: Leute haben sich eingeredet, sie wüssten, was das Publikum will: weiße Männer. Das hat lange angehalten. Entscheidungen wurden vor allem von weißen Männern getroffen. Ab einem bestimmten Punkt ist das aber gekippt. Geld musste verdient und ein größeres Publikum erreicht werden. Also haben sie sich ein bisschen umgeguckt und herausgefunden: Serien, die diverser sind und auch mal weibliche Hauptrollen haben, haben ein riesiges Publikum. Die Leute wollten Sachen sehen, in denen Menschen wie sie vorkommen. Bei diesen Entscheidungen geht es immer nur um Geld und damit wird gerade Geld verdient.

Christina Ricci: Meistens produzieren Menschen etwas, das mit ihnen zu tun hat, das sie persönlich anspricht und wozu sie eine Verbindung haben. Es gibt jetzt viel mehr Frauen in einflussreichen Positionen. Es gibt weibliche Showrunner, mehr Regisseurinnen und mehr Entscheiderinnen innerhalb der Studios. Ich glaube, deswegen passiert das jetzt. Lange war es einfach unmöglich, wirklich komplizierte, fehlerbehaftete Frauen zu zeigen, die nicht gleichzeitig Barbarella oder so sind und einen unglaublichen Sex-Appeal haben. So von wegen: Dir können wir verzeihen, weil du alle flachlegen könntest!

Mit der Zeit hat sich dann aber gezeigt, dass komplizierte Frauenfiguren mit Fehlern interessant für das Publikum sind. Es wird mittlerweile verstanden, dass wir uns mit einer Figur nicht komplett identifizieren müssen, um sie interessant zu finden. Ich glaube, wir alle profitieren davon, dass es in dem Bereich Fortschritte gibt und dass mehr über den eigenen Tellerrand geblickt wird.

Christina Ricci und Melanie Lynskey können in Yellowjackets Staffel 2 Dinge tun, die sie sich in der Realität nicht trauen

Yellowjackets - S02 Teaser (Englisch) HD
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Gibt es etwas, das ihr in Yellowjackets spielen konntet, was euch in vorherigen Rollen nie möglich war?

Christina Ricci: Was mir an Misty am meisten Spaß macht, ist, dass ich als sie Dinge tun kann, die ich im echten Leben niemals tun könnte. Das kann so etwas Einfaches sein wie eine Grimasse, die ich schon immer mal schneiden wollte, von der ich aber weiß, dass sie nicht gesellschaftsfähig ist. In Staffel 2 bekommt ihre Fassade Risse, weil sie in bestimmte Situationen gebracht wird. Hier konnte ich wirklich jemanden spielen, der absolut gar keine Ahnung hat, was gesellschaftlich akzeptiert ist und was nicht.

Melanie Lynskey: Ich denke eigentlich ständig darüber nach, was Leute über mich denken. Ob ich mich OK verhalte und sich jeder wohlfühlt. Deswegen steckt für mich eine gewisse Freiheit darin, eine Figur zu spielen, die über sowas nie nachdenkt.

Die jüngeren Versionen eurer Figuren sind Teenager, die in den 90ern aufwachsen. Könnt ihr euch damit identifizieren, wenn ihr an eure eigene Jugend in dieser Zeit zurückdenkt?

Christina Ricci: Ich kann mich bei der jungen Misty komplett damit identifizieren, dass sie sich immer fühlt, als sei sie ausgeschlossen. Als ich jung war, ist es mir auch schwergefallen, irgendwo dazuzugehören. Ich kann mich noch erinnern, wie allein ich mich damit gefühlt habe und wie schwierig das für mich war.

Melanie Lynskey: Bei mir war das ähnlich. Deswegen finde ich an der jüngeren Version meiner Figur interessant, dass sie sich Situationen stellen muss, die ihr vielleicht nicht passiert wären, wenn sie einfach in New Jersey geblieben wäre. Ich selbst habe mich eher wie eine Beobachterin gefühlt. Wie jemand, der immer nur am Rand steht und anderen zuguckt.

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