Let's play Game of Thrones - Wenn Spiele in Serie gehen

02.06.2016 - 08:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Gewinn oder stirb, mitunter auch beides: Game of ThronesHBO
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Bislang haben nur wenige Computerspiele erfolgreich den Sprung auf die große Leinwand geschafft. Dabei sind serielle Adaptionen vielversprechender.

Nachdem wir bisher das Wechselspiel zwischen Filmen und Games untersucht haben, geht's diesmal ins Fernsehen.

Mit dem Fernsehen und der Interaktivität ist das so eine Sache. Wenn uns nicht gerade ein fragwütiger Günther Jauch durch sein Gebimmel aus dem Ohrensessel schreckt oder Homer Simpson per Liveschaltung seine Pizzapräferenzen ausbreitet, beschränken sich unsere Einflussmöglichkeiten für gewöhnlich auf hektische Quick-Time-Events zur Vermeidung der Werbepause. Viele Spiele hingegen appellieren derart an unser Heldentum, dass die Geschichte zum Gimmick verkommt. Wer ernsthaft von sich behaupten kann, noch nie das weinerliche Gefasel eines Nicht-Spieler-Charakters übersprungen zu haben, weil ihr (nicht schon wieder!?) die Milchstraße /Wolkenkuckucksheim /Prinzessin Prachtweib  retten müsst, der drücke jetzt bitte X.

Warum also nicht das Beste aus beiden Welten zusammenbringen? Werden die narrativen Defizite von Computerspielen beklagt, wird nicht selten der Wunsch nach einem ludischen Pendant zu Citizen Kane geäußert. Dabei wäre der Vergleich mit Breaking Bad stimmiger. Gegenüber Filmen genießen Serien den Vorteil, Schauplätze und Figuren allmählich einführen zu können, statt jede Einstellung informativ zu überfrachten. Die schrittweise Annäherung des Zuschauers ans Seriengeschehen deckt sich größtenteils mit der Art, wie auch Computerspiele ihre Geschichten erzählen. Von cineastischen Zwischensequenzen abgesehen, offenbaren sie sich vor allem durch die spielerischen Interaktionen mit der Umgebung, was unter dem Stichwort Environmental Storytelling subsumiert wird.

Wenn der große Reiz von Computerspielen also darin besteht, dass sie die Erkundung virtueller Welten erlauben, ist es dann nicht offensichtlich, warum es bisher kaum einer Filmadaption gelungen ist, dieses Erlebnis auf die Leinwand zu transportieren? Wie sollte dies innerhalb der kurzen Laufzeit auch möglich sein, wenn Spiele gut und gerne dutzende von Stunden mit Inhalten zu füllen vermögen?

Vom Umfang kann höchstens Tolstoi mithalten: Skyrim

Serien eignen sich deshalb so gut zum Erzählen von Geschichten, weil sie auf ähnliche Weise zu Erkundungen einladen, sei es auf Trekkie Conventions oder durch verschwörerische Theorien  zum Schicksal von Jon Snow aus Game of Thrones. Im seriellen Staffellauf haben wir Gelegenheit, fiktive Welten und Figuren in einer Dichte präsentiert zu bekommen, wie es ein 90-minütiger Spielfilm niemals könnte. Übergreifende Handlungsstränge kennen wir auch aus Computerspielen. Ob Figuren wie Zelda oder ein Endlos-Franchise wie Assassin's Creed, einander ablösende Konsolengenerationen oder explizit an TV-Formate angelehnte Game-Adaptionen aus dem Hause Telltale: Computerspiele laufen längst in Serie.

Ergäbe die Zusammenführung beider Medien dann nicht den perfekten Unterhaltungshybrid? Eine interaktive Variante von Game of Thrones, bei der die Zuschauer selbst entscheiden können, wer am Ende jeder Episode auf möglichst perfide Art das Zeitliche segnet: Wäre das nicht ein Segen für TV-Sender und Konsumenten zugleich, quasi eine Dollar legende Vollwertshow? Ganz so einfach ist es nicht. Dazu genügt es, an die Syfy-Serie Defiance zu erinnern, die anno 2012 zusammen mit dem gleichnamigen MMO eine nie dagewesene Fusion beider Unterhaltungsformen versprach. Dieser transmedialen Utopie hat die Wirklichkeit freilich tollkühnen Widerstand geleistet, die Serie wurde nach nur drei Staffeln wieder eingestampft  und auch die Server von Defiance sind inzwischen menschenleer. Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels.

Dieses Experiment ist gescheitert: Defiance


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