Liebe Rollenspiele, das könnt ihr von The Division lernen

09.03.2016 - 09:30 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
The Division
Ubisoft
The Division
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The Division von Ubisoft ist seit gestern erhältlich und beeindruckt schon in den ersten Spielstunden mit einigen wirklich guten Ideen. Hergesehen, liebe Rollenspiele der Zukunft, davon könnt ihr etwas lernen!

In diesem Moment kratze ich allmählich an der 15. Spielstunde von The Division, doch bereits während meines ersten Spaziergangs durch New York zeichneten sich einige gute Ideen ab, für die Ubisoft lobende Worte verdient hat. Mehr noch: Wenn sich künftige Rollenspiele ein bis fünf Scheiben von The Division abschneiden, dann bleibt uns in Zukunft viel, viel Frust erspart. Damit sich die Entwickler von morgen nicht schon heute den Kopf darüber zerbrechen müssen, welche Ideen ich denn meine, habe ich hier fünf besonders spannende oder einfach nur außerordentlich gut umgesetzte Konzepte von The Division versammelt. Also Hefte raus und mitschreiben, liebe Rollenspiele!

Es gibt einen Unterschied zwischen Ausrüstung und Kleidung

Es ist wohl einer der ältesten Konflikte, die das Rollenspiel-Genre seit seinen frühesten Jahren begleitet. Ausrüstungsgegenstand A sieht viel hübscher als Ausrüstungsgegenstand B aus – ist allerdings deutlich schwächer. Beißen wir nun in den sauren Apfel und rüsten das hässliche Entlein aus? Oder bevorzugen wir doch die Ästhetik unseres Kriegers und verzichten dafür auf lebensrettende Rüstungspunkte? Generationen von Spielern standen bereits händeringend vor dieser Entscheidung und erst The Division hat endlich eine Lösung für dieses Problem gefunden.

Dank der Trennung von Kleidung und Ausrüstung geht es immer hübsch ins Gefecht.

Ubisofts MMO-Shooter unterscheidet klugerweise zwischen Ausrüstung mit Status-Eigenschaften wie Knieschonern, Westen oder Handschuhen und einfacher Kleidung, die keinen spielmechanischen Effekt hat. Durch diese simple, aber geniale Lösung kommen wir zu keinem Zeitpunkt mehr in Verlegenheit, uns zwischen zwei Ausrüstungsteilen entscheiden zu müssen. Stattdessen bekommen wir sogar einen weiteren Anreiz serviert, noch entschlossener in allen Ecken der Stadt nach Loot zu suchen, um der hübscheste Überlebende der Apokalypse zu werden. Dieses Prinzip lässt sich unheimlich einfach auf jedes Rollenspiel – unabhängig vom jeweiligen Schauplatz – anwenden und sollte daher zur Pflicht für das Genre werden. Keine Widerrede!

Selbstständiges Suchen statt Adlerauge und Rundum-Scan

Weit über 200 Gegenstände liegen in New York verteilt, darunter einige Objekte, die uns neue Missionen eröffnen. Doch um erst einmal dorthin zu gelangen, müssen wir unsere Augen ganz weit öffnen, denn The Division schenkt uns weder die Bequemlichkeit eines Röntgenblicks noch die Technologie des Rundum-Scans.

Stattdessen müssen wir mit unserem bloßen Auge die Gegenstände am Boden erkennen und nur mit Hilfe einer groben Richtungsangabe das nächste Indiz finden, das uns schließlich zum Ziel unserer Suche führt. Dieses Procedere mag nach einer Kleinigkeit klingen, doch auf die eigene Beobachtungsgabe angewiesen zu sein, schärft unseren Blick für die Welt, die die Entwickler über Jahre hinweg aus dem Code gestampft haben.

Vom GPS abgesehen müssen wir uns auf unsere Spürnase verlassen, um kleinste Gegenstände zu entdecken

Nach fast 15 Spielstunden finde ich mich nur deswegen so gut in New York zurecht, weil ich viele Areale zuvor aufmerksam nach Missions-Gegenständen abgesucht habe. Diese Wiederentdeckung der manuellen Suche sollten Rollenspiele wieder viel häufiger in Betracht ziehen, um das volle Potential aus ihren Welten zu kitzeln und die Scheuklappen von unseren Gesichtern zu reißen. Davon abgesehen macht es auch ganz einfach eine Menge Spaß, am Ende einer Schnitzeljagd dank der eigenen Leistung dann tatsächlich auch ein Schnitzel triumphierend in den Händen halten zu dürfen.

Die Spielwelt muss mehr sein als nur eine Kulisse

Die Spaziergänge durch das post-apokalyptische New York bieten glücklicherweise noch mehr als die spektakulären, gigantischen, irgendwann aber dann doch drögen Schusswechsel. Immer wieder stolpere ich an kleinen Gruppen Überlebender vorbei, die auf einer Karte nach dem nächsten Unterschlupf suchen, sich Trost spenden – oder einander schreiend bedrohen. Die Menschen von New York kämpfen täglich ums Überleben und hinter fast jeder Straßenecke werden wir immer wieder Zeuge der zahlreichen Konflikte und menschlichen Schicksalsschläge.

Die Rollenspiele der aktuellen Generation wie The Witcher 3, Dragon Age: Inquisition und auch Far Cry Primal zeigten ebenfalls ein ausgesprochenes Verständnis für das Potential einer Spielwelt, die mehr als nur Kulisse ist. Das Genre wird immer besser darin, seine gigantischen Weiten mit Leben zu füllen, das auch ohne unser direktes Einwirken funktioniert. Und dennoch: Ich wünsche mir noch mehr Ideen, die in diese Richtung gehen, noch mehr Autonomie der NPCs, noch mehr Eigenständigkeit der virtuellen Welten. Ich will nicht mehr in Spielen wie Fallout 4 das Gefühl haben müssen, dass ohne meinen Einsatz keine einzige Siedlung den Weg aus der post-apokalyptischen Steinzeit schafft. Je weiter sich der von uns gespielte Held aus dem Zentrum des Universums herausbewegt, desto mehr profitiert davon die Glaubwürdigkeit der Geschichten, die uns Entwickler auch in Zukunft erzählen wollen.

Optionale Quests, die Sinn ergeben

Anweisungen wie “Töte 10 Ratten”, “Sammle 20 Pflanzen” oder “Entdecke alle 400 Vogelfedern” bewegen sich irgendwo zwischen Rollenspiel-Klischee und Wirklichkeit. Immer wieder müssen wir mitansehen, wie Entwickler die stetig größer werdenden Freiräume in ihren offenen Spielwelten mit uninspirierten Nebenmissionen und optionalen Quests füllen. Diese freiwilligen Aufgaben fühlen sich regelmäßig wie klassische Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen an, die häufig irgendwie nicht so recht zur Hauptgeschichte passen und enorm repetitiv wirken.

Egal, was wir suchen — es fühlt sich immer richtig an.

The Division hat ebenfalls unzählige Sammelgegenstände zu bieten, aber jede Suche nach einer noch so kleinen Kleinigkeit ergibt im großen Ganzen der Spielwelt tatsächlich auch Sinn.

Beispielsweise erfahren wir direkt in unserer ersten Mission, dass bereits vor unserem Einsatz eine erste Welle Agenten nach New York aufbrach, dort aber jeder Kontakt abbrach. Im Spielverlauf können wir nun die letzten Momente dieser Agenten Schicksal für Schicksal nacherleben, sofern wir die richtigen Hinweise in der Spielwelt entdecken. Es ist eine klassische Sammelaufgabe, die allerdings unheimlich motivierend sein kann und der gesamten Geschichte mehr Fleisch verleiht. Mehr von diesen optionalen Quests, die tatsächlich auch Sinn ergeben, wünsche ich mir dringend für kommende Rollenspiele.

Und schließlich: Lasst uns Zeit!

Über den Spieleinstieg von The Division scheiden sich die Geister. Die einen fühlen sich alleine gelassen und warten sehnlichst auf die helfende Hand, die den Weg zur ersten Mission zeigt – andere hingegen genießen die Ruhe, mit der das Spiel unser Abenteuer beginnen lässt. Wir starten in den Ruinen von Brooklyn und dürfen uns dabei Zeit lassen, ein Gefühl für die Stadt und ihre mittlerweile heruntergekommenen Gebäude zu bekommen. Ohne, dass jemand zu uns sprechen muss, können wir uns ein Bild von den dramatischen Ereignissen machen, die nun von zurückgelassenen Wertgegenständen und etlichen Spuren der Zerstörung erzählt werden.

Die Welt von The Division erzählt ihre eigene Geschichte, ganz ohne das Zutun von Nebencharakteren.

Es ist ein mutiger, aber in meinen Augen enorm intensiver Einstieg in die Spielwelt von The Division, in der uns — von einigen kurzen Tutorial-Sätzen abgesehen — kein Quest-Geber direkt zu Beginn unsere Pflichten und Aufgaben vor Augen hält. Diesen Mut, den Spieler gerade am Anfang seines Abenteuers sich selbst zu überlassen und die Welt auf ihn einwirken zu lassen, wünsche ich mir in Zukunft noch mehr.

Liebe Entwickler, es ist ganz großartig, wenn ihr euch stundenlang Gedanken um Nebencharaktere, Plot-Twists und Handlungsstränge gemacht habt – aber manchmal sind es die stillen Momente, die uns letztlich am längsten in Erinnerung bleiben.

Natürlich kommt The Division auch nicht ganz ohne Fehler aus. Über diese werde ich in meinem abschließenden Review sprechen, sobald ich mir einen noch besseren Eindruck vom Spiel gemacht habe. Bis dahin empfehle ich euch einen Blick auf mein erstes, vorläufiges Fazit, das trotz einiger Haken ziemlich positiv ausfällt. 

Habt ihr bisher noch andere Qualitäten am post-apokalyptischen New York zu schätzen gelernt? Berichtet mir im Kommentarbereich davon und schlagt mir in der Dark Zone den Kopf ein, wenn ihr anderer Meinung seid. Wir sehen uns dort!

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