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Locationscout: Das Problem der Orte

04.07.2017 - 15:57 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Schauplätze zu Herr Lehmann wurden von Location Networx vermittelt.
DCM (Delphi Filmverleih)
Schauplätze zu Herr Lehmann wurden von Location Networx vermittelt.
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Die meisten Gäste erheben sich von ihren Sesseln. Zuschauer strömen im großen Kinosaal zu den wenigen, engen Ausgängen und werfen leere Popcorntüten in und neben volle Müllbehälter. Nur wenige verharren in ihren Sitzen, um erste Gedanken über das Gesehene auszutauschen oder ihre Benachrichtigungen per Smartphone zu checken. Dem noch fortlaufenden Bild des Projektors schenken die Wenigsten Aufmerksamkeit. Auf der Leinwand zu sehen: Der Abspann. Neben den bekannten Namen der Schauspieler und Regisseure wird fast keinem in den Credits eines Films größere Bedeutung zugemessen. Auch die dazugehörigen Berufsbilder sind oft vollkommen unbekannt. Einer dieser Berufe ist der des Locationscouts.

Roland Gerhardt ist seit 1999 hauptberuflicher Locationscout und damit Teil verschiedenster Filmproduktionen, national und international. Seine Aufgabe ist das Aufspüren von Schauplätzen für Regisseure und Szenenbildner, die im kreativen Austausch mit ihm versuchen eine stimmige Welt für ihr Werk zu schaffen. Die Anforderungen an die Motive sind dabei vielfältig und beschränken sich nicht auf bestimmte Räume. Die Website seiner Firma Location Networx  gibt in ihrer Datenbank Einblicke in die Vielfältigkeit der gefundenen Orte. Gewölbegänge, Nachtclubs, Wohnblocks, Straßenzüge und Waldgebiete sind nur einige Beispiele.

Der Motivgeber, Ansprechpartner für das entsprechende Motiv, ist einer der essentiellen Bausteine für die Umsetzung der Arbeit eines Locationscouts. Unabhängig von den visuellen Voraussetzungen des Standorts müssen auch logistische und finanzielle Übereinkünfte getroffen werden, die die Arbeit eines Drehteams vor Ort ermöglichen. Raum für Equipment, Maske, Kostüm, Catering, ggf. Unterkünfte für Beteiligte und Requisiten sowie Technik ist neben dem eigentlichen Schauplatz von Nöten um eine Produktion stattfinden lassen zu können. Zwar können die Voraussetzungen für jeden Raum angepasst werden, eine grundsätzliche Verfügbarkeit ist jedoch in jedem Fall ein pro-Argument. Ein wichtiger Bestandteil der Aufgaben des Scouts ist daher das Einschätzen der Räume in Bezug auf filmische Bedürfnisse. Dabei ist neben einem weitreichenden Netzwerk an Kontakten, die Zugang zu Orten verschaffen können, und visueller Vorstellungskraft auch Seterfahrung und Bezug zum Ablauf eines Drehs wichtig. Da es keine Ausbildung für den Beruf gibt, muss jeder Interessent selbst Erfahrungen sammeln und sich in die Branche einfinden. Gerhardt empfiehlt Praktika an Filmsets. Neben den Abläufen bezeichnet er auch die Kontaktaufnahme und das ins Spiel bringen der eigenen Person als wichtigen Bestandteil der Profession, da wenig Aufmerksamkeit von außerhalb auf das eigene Schaffen gelegt wird. Locationscouts müssen, gerade zu Beginn ihres Schaffens, häufig auf eigenen Beinen stehen können.

Seit dem Jahr 2010 vernetzt der Bundesverband der Locationscouts  deutschlandweit Branchenmitglieder miteinander. Neben Interessenvertretung und Vernetzung bietet die Website des Verbands auch ein Forum für Motivgeber. Jeder kann Locations anbieten, sofern er sich dem Potential und den Konsequenzen bewusst ist und sein Motiv online einstellt. Die Nachfrage nach vielfältigen Orten ist immer vorhanden.


Mehr zur Thematik Locationscouts auf The Blog Cinematic  in der Ausgabe 207 des STUZ-Magazins in Mainz & Wiesbaden, Juli-August 2017 auf Seite 26.

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