Mad Max: Fury Road - Ein feministischer Blockbuster

14.05.2015 - 08:50 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
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Heute feiert Mad Max: Fury Road in Cannes Premiere. Damit kehrt der Vollstrecker nach 30 Jahren zurück auf die Kinoleinwand. Doch der Star von Fury Road ist nicht Tom Hardy, sondern Charlize Theron.

Mad Max: Fury Road ist sicher ein griffiger Filmtitel, aber leider irreführend. Ein Max kommt in dem Blockbuster vor, Straßen soweit das Auge in der Postapokalypse reicht, und wütend ist so gut wie jeder in dem Action-Infernal von George Miller. Selbst die Autos scheinen darin vor Zorn zu schnauben. Aber das kleine "Fury" im Titel wird der großen Furiosa nicht gerecht. Denn die entzückend auf "Imperator Furiosa" getaufte Charlize Theron ist von Anfang bis Ende der glühende Motor eines überraschend feministischen Karosseriespektakels.

Tom Hardy gibt einen hervorragenden Max Rockatansky ab. In der Physis kräftig und in den Actionszenen glaubwürdig, wirkt er wie Mel Gibson vor ihm durchsetzungsfähig, nicht unkaputtbar. Er ist ein Normalo in einer Welt voller aufgepumpter Berserker und Zahnstocherkrieger auf Speed. Wenn ihm in Mad Max: Fury Road endlich der Maulkorb abgenommen wird, als wollte George Miller persönlich ans Set von The Dark Knight Rises stapfen, bleibt Max gewohnt einsilbig. In den müden, verschmitzten Augen macht er wett, was ihm an Jahren fehlt. Sein Max hat all das gesehen, was Gibsons Max zuteil wurde, nur spielt Hardy den von Alpträumen gequälten Vollstrecker weniger verhärmt. Da steckt mehr John McClaine drin und der brauchte auch nie Hunde oder Bumerang schwingende Kinder, um aufzutauen.

So viel zu den Formalitäten. Im Grunde folgt Mad Max: Fury Road dem Schema von Mad Max II - Der Vollstrecker. Der allein durch die postapokalyptische Welt ziehende Ex-Cop gerät recht unwillig an eine nach Schutz dürstende Gruppe und will sich zunächst nicht anschließen. Weil Mad Max unter Bindungsangst leidet - das kann jeder verstehen - und weil Mad Max in einer Gruppe langfristig auf Fast & Furious: Apocalypse Edition hinausläuft. Eine attraktive Idee, aber es soll (noch) nicht sein. Wie zu erwarten überwindet Max in Fury Road vorübergehend seine Abneigung gegen Sozialkontakte. Über wortwörtlich weite Strecken gehört der Film trotzdem Imperator Furiosa, was ihn besser macht. Dafür konsultierten die Filmemacher in Vorfeld niemand Geringeren als Eve Ensler, Autorin des feministischen Theaterklassikers "The Vagina Monologues".

Als Kriegerin in einer streng reglementierten Klassengesellschaft probt Furiosa den Ausbruch. Sie rettet ein paar junge Frauen vor ihrem Schicksal als Brutmaschinen und flüchtet vor dem Patriarchen Immortan Joe (Hugh Keays-Byrne, Toecutter aus Mad Max) und seiner archaischen Enklave in der Wüste. Miller findet dafür in den ersten 30 Minuten eine Bildsprache, so einfach und effizient, wie sie vielleicht nur das ultrakommerzielle Kino beherrscht. Hier Frauen in Melkmaschinen, dort der sprichwörtlich aufgeblasene Immortan Joe im Muskelkorsett, körperlicher Verfall unter der hypermaskulinen Schale und zur Verschleierung ein maximiertes Sendungsbewusstsein für seine todessehnsüchtigen War Boys. Furiosa, die unter martialischer Begleitung auf die Reise geschickt wird und Furiosa, die auf einer schnurgeraden Straße, das Ziel am Horizont unverfehlbar, plötzlich links abbiegt. Das soll als ihr Befreiungsschlag aus einem vorgezeichneten Leben verstanden werden, macht jedoch auch als Manifest des Films eine gute Figur.

Wir lernen unseren Helden Max kennen, den Bösewicht Immortan Joe und seine Welt, alles wie gehabt im Blockbusterschema, bis Furiosa den Film an sich reißt. Sie wollen nicht mehr nur Krieger oder Mütter sein, schreiben die Five Wives vor ihrer Flucht mit Furiosa an die Wände ihres Gefängnisses und verweigern sich in den kommenden Filmminuten den übrigen Klischees, die Frauen im amerikanischen Mainstreamkino zugedacht werden. Mad Max: Fury Road ist nichts weniger als eine Kriegserklärung an die Jungfrau in Nöten.

So warten die Frauen in Mad Max nicht darauf, dass ihr Held sie aus brenzligen Situationen befreit oder die Kamera ihre Kurven begafft. Sie stehen mit Max und einem War Boy Seite an Seite für die Freiheit ein, darüber zu entscheiden, wer oder was sie sein wollen. Stellt euch ein Edge of Tomorrow vor, in dem Emily Blunts zu mehr dient, als nur Tom Cruise zu einem besseren Menschen zu machen. Damit hat George Miller nach 30 Jahren Mad Max-Pause eines der seltenen Argumente für Sequels geliefert: Wiederholung und Variation in perfekter Balance. Die Actionszenen sind übrigens auch nicht schlecht.

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