Müde Mörderjagd mit lesbischer Architektin

07.09.2009 - 07:02 Uhr
Hessischer Rundfunk
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Der gestrige Tatort über Architektinnen und die Frauen, die sie lieben, entpuppte sich leider als Kartenhaus… und selbst das war krumm und schief. Da ist der Skandal hinter den Tatort-Kulissen der ARD spannender.

Es gab gute Ansätze im gestrigen Tatort, der einer Finte nach der anderen nachjagte, aber leider jede davon frustrierend unausgegoren liess. Wäre doch Tatort: Architektur eines Todes von Autorin Judith Angerbauer ein NDR-Tatort gewesen – dann hätte das halbgare Drehbuch wenigstens auf den Skandal um die dortige Produzentin abgewälzt werden können.

Die insgeheim lesbische Architektin (Nina Petri) wird von Anfang an viel zu offensichtlich als Mörderin ihrer Assistentin aufgebaut. So verbrachte Regisseur Titus Selge eine geraume Zeit damit, uns weismachen zu wollen, dass sie tatsächlich das Objekt ihrer Begierde im Rohbau ihres letzten Projektes eingesperrt hat. Am Ende entpuppte sich der sterbenslangweilige Gatte der Architektin (Stephan Bissmeier) als Mörder, der besagte Assistentin in Eifersucht vom Hochhaus schubste. Aber die Auflösung an sich scheint fast belanglos, denn ziellos wie Tatort: Architektur eines Todes war, hätte jeder der Protagonisten der Mörder sein können, einschließlich des Opfers selber.

Die Klischees wurden dem Zuschauer regelrecht um die Ohren gehauen. War es wirklich nötig die lesbische Geschäftsfrau im “knallharten Männerbusiness” so stereotyp tough zu machen? Und warum der bizarre Perückenfetisch des Strichers? Sollte ein Sexualdelikt angedeutet werden? Sänger entführt und durch einen Transvestiten ersetzt werden? Oder reichte Drogenkonsum nicht aus, um eine Figur verkommen erscheinen zu lassen? Insgesamt war kaum eine Rolle dabei, bei der nicht das Gefühl aufkam, sie in der gleichen Besetzung schon in einer Handvoll anderer Filme gesehen zu haben.

“Ich mag den Herbst – ich kann besser nachdenken wenn’s draußen kühl ist…”

Es fällt schwer, sich Kommissarin Sänger im Sommer vorzustellen. Zu sehr versprüht die ätherisch schöne Andrea Sawatzki mit jedem Blick Melancholie. Das hat durchaus seinen Reiz und passte zur Trostlosigkeit des herbstlichen Frankfurt. Schade aber, dass Nina Petri als ihre Gegenspielerin hölzern und eindimensional blieb. Schade auch, dass wir nicht mehr von Julia Dietze sahen, die eine der wenigen interessanten Figuren verkörperte und dabei sogar selbst eine gute Figur machte.

Besonders frustrierend wirkte das Ende, als wirklich jeder einzelne der möglichen Verdächtigen als Mörder präsentiert wurde – so als hätte sich die ARD die Möglichkeit offenhalten wollen, ein paar Minuten zu kürzen. Insgesamt bleibt Tatort: Architektur eines Todes leider nur als ein weiterer Tatort mit guten Baustoffen, aber eben keinem guten Architekten in Erinnerung.

Was meint Ihr? Wie hat Euch Tatort: Architektur eines Todes gefallen?

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