Neues Netflix-Psycho-Highlight: Liebes Kind ist so verstörend, dass 2 Stars nicht erfahren durften, worum es wirklich geht

10.09.2023 - 16:00 Uhr
Liebes KindNetflix
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Der Netflix-Thriller Liebes Kind erzählt von Entführung, Missbrauch und psychischen Terror. Das Kreativ-Duo hinter der Serie erklärt im Interview, wie man einen Psychothriller mit Kindern dreht, ohne sie für immer zu traumatisieren.

Mit Liebes Kind läuft seit dem 7. September 2023 eine deutsche Serie auf Netflix, die es in sich hat. Der spannende Thriller ist eine Adaption von Romy Hausmanns gleichnamigem Beststeller-Roman, der bei seiner Veröffentlichung im Jahr 2019 hohe Wellen schlug. Denn: Liebes Kind beginnt da, wo andere Entführungsgeschichten enden.

Einer jungen Frau (Kim Riedle) gelingt nach Jahren die Flucht aus der Gefangenschaft eines Psychopathen. Mit zwei Kindern lebte sie in einem abgeriegelten Haus, in dem sie unter strengen Regeln heile Familie spielen musste. Doch schnell stellt sich heraus: Der Terror ist noch lange nicht vorbei – und wie der Serien-Titel schon verrät, spielen Kinder dabei eine wichtige Rolle.

Besonders an der neuen Netflix-Produktion ist nicht nur die spannende Geschichte voller schockierender Twists, sondern auch die Bedingungen, unten denen die 6-teilige Miniserie entstand. Denn wie dreht man einen Psycho-Thriller mit so schwerer Thematik, ohne die Kinderdarstellenden im Alter von acht und zehn Jahren nachhaltig zu traumatisieren?

Die Liebes Kind-Verantwortlichen im Interview: Das war besonders herausfordernd beim Netflix-Dreh

Wir haben bei den kreativen Köpfen hinter der Serie nachgefragt. Anlässlich des Netflix-Starts haben uns Isabel Kleefeld und Julian Pörksen, die für Drehbücher und Regie verantwortlich zeichnen, im Interview ein paar spannende Einblicke in die Entwicklung und die Dreharbeiten von Liebes Kind gegeben. Vor allem zum Schutz der Kinder-Stars mussten einige kreative Lösungen gefunden werden.

Seht hier den langen Trailer zu Staffel 1 von Liebes Kind bei Netflix:

Liebes Kind - Trailer (Deutsch) HD
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Moviepilot: Gab es etwas aus der Vorlage, das besonders knifflig umzusetzen war?

Isabel Kleefeld und Julian Pörksen: Natürlich gibt es naheliegende Hürden bei einer Adaption: innere Monologe und Vorgänge, Gedanken und Empfindungen müssen ins Filmische übertragen werden. Aber auch Handlungen an sich können ein Problem darstellen. Ein Beispiel: Im Roman von Romy Hausmann gibt es einen von Anfang an agierenden Täter, dessen Identität im Buch jedoch erst im letzten Roman-Akt offenbart wird.

Dabei spielt Liebes Kind gleichzeitig mit mehreren Verdächtigen. Und wenn im Buch nun steht, was ‚er‘ macht und wie ‚er‘ sich verhält, dann funktioniert das in der Romanform sehr gut, es bleibt spannend und geheimnisvoll. Wenn man ‚ihm‘ in der Serie jedoch von Anfang an ein Gesicht gibt, dann sieht der Zuschauer, wer er ist – und eben auch, wer er nicht ist. Das hätte den Thrill verpuffen lassen.

Was waren für euch die größten Herausforderungen beim Dreh?

Den Drehplan, die Motivsituation und den täglichen Dreh so zu gestalten, dass die berechtigten Vorgaben für den Dreh mit Kindern eingehalten werden. Naila Schuberth, die Hannah spielt, war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten zehn Jahre und Sammy Schrein, Jonathan, erst acht Jahre. In der Altersstufe ist die direkte Arbeitszeit auf drei Stunden mit genau einzuhaltenden Pausen und die Anwesenheit am Set auf insgesamt 5 Stunden beschränkt.

Allein das führt zu der Frage: Was dreht man in der anderen Tageshälfte, ohne zu viele Auf- und Abbauten, Motivumzüge und auch Schauspieltage zu generieren? Und dann natürlich überhaupt: solch einen Stoff mit Kindern zu drehen. Auch deshalb haben uns Eltern, Kinder-Coachin und medienpädagogische Fachkraft durch die Vorbereitung und den Dreh begleitet. Wir waren in ständigem Austausch.

Die jungen Stars der Netflix-Serie bekamen Kinderdrehbücher – aus einem wichtigen Grund

Die Kinder-Stars von Liebes Kind

Ihr habt für die Kinderdarstellenden besondere Drehbücher angefertigt. Warum war das notwendig?

Weil das Genre Psychothriller nicht für Kinder in diesem Alter geeignet ist. Wir sind deshalb auf die Idee gekommen, ein zusätzliches, sogenanntes "Kinderdrehbuch" zu schreiben, eine Parallelversion, die kindgerecht ist. Die haben wir dann mit der Coachin und der medienpädagogischen Fachkraft gegengecheckt, ehe die Kinder "ihr eigenes Drehbuch" erhielten. Die Eltern hatten natürlich bereits weit im Vorfeld die eigentlichen Drehbücher bekommen.

Ist das Standard beim Drehen düsterer Stoffe oder eher ungewöhnlich?

Keine Ahnung. Es hat sich für uns auf jeden Fall als extrem hilfreich herausgestellt, auch für das Spiel der Kinder, da wir in dem Kinderdrehbuch genau auf die subjektive Sichtweise und emotionale Haltung eingehen konnten, die Hannah und Jonathan zu dem gesamten Geschehen haben, also ihre innere Welt.

Wussten die Kinder, dass sie andere Drehbücher bekommen haben?

Klar. Wir haben ihnen erklärt, dass es eine Drehbuchfassung speziell für ihre Figuren gibt und eine andere für die Rollen der Erwachsenen und es innerhalb der Serie Bereiche für Erwachsene und Bereiche für Kinder gibt. So wie im realen Leben auch.

Wie haben sich diese Drehbücher konkret von den “normalen” Drehbüchern unterschieden?

Die Dialoge und Handlungen der Kinder sind in der Kinderfassung in einen abgewandelten, altersgerechten Kontext eingebettet, aber dennoch in sich geschlossen und logisch. Ein Beispiel: Der Mann, der seine Familie einsperrt, ist ein Psychopath und ein totaler Kontrollfreak. Wenn er den Raum betritt, müssen sich alle in einer Reihe aufstellen und ihm ihre Hände zeigen. Im Kinderbuch ist er ein extrem ängstlicher Vater, der sich viel zu übertrieben um seine Familie sorgt und um jeden Preis vermeiden möchte, dass sich jemand verletzt. Und darüber hinaus einen ausgeprägten Hygienefimmel hat.

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Naila Schuberth in Liebes Kind

Gab es eine Szene, die euch aus Jugendschutzsicht besonders Sorgen gemacht hat?

Bei heikleren Szenen drehten wir zunächst alles in Richtung der Kinder ab, so wie es im Kinderdrehbuch stand. Und erst nachdem die Kinder das Set verlassen hatten, haben wir die noch offenen Einstellungen gedreht. Das verlangt natürlich, dass man im Vorfeld bereits mit der Auflösung reagiert, also mit dem Aufsplitten einer Szene in einzelne Einstellungen.

Weiterhin haben alle Erwachsenen, die Szenen gemeinsam mit den Kindern hatten, grundsätzlich nur mit der Kinderdrehbuch-Fassung am Set gearbeitet. Auch in der Tagesdisposition haben sich die Ein-Satz-Synopsen der jeweiligen Szenen am Kinderbuch orientiert. Und Gespräche, die nicht für Kinderohren bestimmt waren, sind nicht in Anwesenheit der beiden geführt worden. Ich war überrascht, wie gut das funktioniert hat und beeindruckt, wie sehr alle Rücksicht genommen haben.

Welche Aufgabe hatte die Kinder-Coachin am Set und gab es Momente, in denen ihr besonders glücklich wart, dass sie vor Ort war?

Die Arbeit der Kinder-Coachin begann bereits weit vor den eigentlichen Dreharbeiten. Sie hat in unserem Fall die Kinder vor, während und auch noch nach den Dreharbeiten begleitet. Die beiden Kinder haben Wochen vorher alle Beteiligten kennengelernt, waren auch mal bei Maskenproben dabei, um zu sehen, wie Wunden hergestellt werden, haben den Aufbau des Hauses im Studio verfolgen können.

Dann wurde lange vor Drehbeginn jede Szene geprobt, an der die Kinder beteiligt waren. Genauso wie bei den eigentlichen Dreharbeiten, alles immer gemeinsam mit der wirklich fantastischen Kinder-Coachin. Sie hat auch vor dem eigentlichen Drehtag jede Szene mit den Kindern noch einmal "aufgefrischt" und war beim Dreh gleichzeitig fürsorgende Ansprechpartnerin für alle Belange.

Abseits von konkreten Drehbuchanpassungen: Wie dreht man eine Serie über so düstere Themen mit Kindern, ohne sie dabei zu traumatisieren?

Indem die für Kinder zumutbaren Themen in einem kindgerechten Kontext gesetzt und erklärt werden. Bei den Vorbereitungen, Dreharbeiten und auch bei der Nachbereitung ist durchgehend eine extrem erfahrene medienpädagogische Fachkraft anwesend gewesen, deren Rat eine große Hilfe war, damit das gesamte Umfeld möglichst kindgerecht ist. Sie hat unter anderem darauf geachtet, dass vorgeschriebene Dreh- und Pausenzeiten eingehalten werden.

Auch nach den eigentlichen Dreharbeiten gibt es noch Treffen und Nachgespräche, auch damit der Kontakt für die Kinder nicht einfach so abrupt abbricht. Jetzt, also ein Jahr nach den Dreharbeiten und kurz vor Launch, spricht man mit den Kindern etwas tiefer über die Geschichte. Auch, damit die beiden nach Launch nicht plötzlich mit Kommentaren konfrontiert werden, die sie nicht einordnen oder überfordern könnten. Denn Sehen dürfen die beiden die Serie natürlich noch nicht.

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