Please Like Me oder wie zwei Freunde ihr eigenes Leben verfilmen

03.08.2017 - 08:50 UhrVor 1 Monat aktualisiert
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Durch die 20er mit Josh Thomas: Die hierzulande eher unbekannte australische Comedy-Serie Please Like Me ist nicht nur ein Geheimtipp für Fans von Serien wie Girls, Looking oder Love.

Eigentlich verdiente sich der Australier Josh Thomas mit Stand-Up-Comedy seine Brötchen und hatte hier und da einige Fernsehauftritte bei kleineren Sendern. Doch bald kam ihm die Idee zu einer eigenen Comedy-Serie, in der es vor allem um Ehrlichkeit und Improvisation gehen sollte, die er 2013 zusammen mit dem öffentlich-rechtlichen Sender ABC auf die australischen Fernsehbildschirme brachte. Gemeinsam mit seinem besten Freund und ehemaligen Mitbewohner Thomas Ward schrieb er das Drehbuch für sechs Episoden einer ersten Staffel von Please Like Me. Vier Jahre, weitere 26 Folgen, 3 Staffeln sowie zahlreiche Nominierungen und Preise später ist die Serie abgedreht. Josh Thomas habe alles erzählt, was er wollte - und damit bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Zwei Freunde verfilmen ihr Leben

Please Like Me handelt von dem Mittzwanziger Josh, gespielt von Josh Thomas selbst, seinem besten Freund aus Kindertagen und Mitbewohner Tom, gespielt von Thomas Ward, und Joshs Freundin und Jugendliebe Claire (Caitlin Stasey), die im Melbourne der 2010er Jahre versuchen ihr Leben auf die Reihe zu bekommen. Als Claire mit Josh Schluss macht, weil er für sie und alle in seinem Umfeld offensichtlich schwul ist, gesteht sich Josh seine Homosexualität ein und macht erste Erfahrungen mit Männern. Dabei wird das Thema Coming Out zwar angerissen, doch im Vergleich zu anderen Serien und Filmen ist Joshs Homosexualität weder für ihn, noch für sein hauptsächlich heterosexuelles Umfeld eine große Sache. Die Freundschaft zwischen Josh und Tom, die sich im echten Leben wie auch in der Serie kompromisslos so nehmen, wie sie sind, steht hier im Mittelpunkt.

Please Like Me: Josh und Tom

Mehr als nur das australische Girls
Was HBO-Serien wie Girls oder Looking ausmacht und von Kritikern immer wieder gelobt wurde, sind die authentischen Darstellungen von Sexualität und Körperbildern. Das trifft nicht weniger auf Please Like Me zu. Toms Arbeitskollege Geoffrey (Wade Briggs) scheint nur auf den Moment gewartet zu haben, an dem Josh endlich zu seiner Sexualität steht und so beginnen die Männer bald miteinander auszugehen. Als die beiden ihr gemeinsames erstes Mal erleben möchten, für Josh das erste Mal mit einem Mann überhaupt, macht er vor Verunsicherung und Scham über seinen Körper einen Rückzieher und schafft es nicht sich vor Geoffrey auszuziehen. Josh hat keine durchtrainierten Modelmaße, sondern die vollkommen normale Figur eines durchschnittlichen Mittzwanzigers. Seine Scham ist eine, in die sich viele Zuschauer hineinversetzen können und bei anderen vielleicht eine gehörige Portion Fremdscham auslöst. Auf alle Fälle zeugt sie jedoch von einer bitteren bis komischen Authentizität, die sich durch die gesamte Serie zieht.

Neben dem Zusammenleben mit Tom und Claire sowie deren Liebesleben wird auch die Beziehung zu seinen geschiedenen Eltern intensiv thematisiert. Während Joshs Vater Alan (David Roberts) eine neue thailändische Freundin hat, leidet seine Mutter Rose (Debra Lawrance) an einer manisch-depressiven Störung. Ihr psychischer Zustand stellt ihrem Leben immer wieder Hindernisse in den Weg und Josh hat nicht selten an den Stimmungsschwankungen seiner Mutter teil. Im Laufe der Serie werden verschiedene Figuren aus Rose' Therapie eingeführt, die alle mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen haben. Dabei wird das Thema psychischer Krankheiten stets genauso behandelt wie jedes andere Thema auch - frei von Wertung, mit vollkommener Akzeptanz und Normalität, ohne die Probleme, die damit einhergehen, herunterzuspielen.

Please Like Me: Josh und seine Mutter Rose

I'll be fine
Neben all der Ernsthaftigkeit lässt Josh Thomas in Please Like Me auch seine komödiantische Seite nicht zu kurz kommen. Sein nervtötend bis charmantes Gequassel und die Situationen in denen er und sein Umfeld sich regelmäßig wiederfinden, zeugen häufig von einer absurden Komik. Wenn die Mitbewohner zum Beispiel in der 5. Folge der 3. Staffel ein Essen unter Freunden veranstalten und urplötzlich anfangen, aus vollem Halse Someone Like You von Adele zu singen, fragt man sich unweigerlich, was das Ganze jetzt eigentlich soll. Genau das sind jedoch die Momente, die zu berühren wissen, während sie einem gleichzeitig ein Schmunzeln auf die Lippen zaubern.

Das Intro der australischen Serien-Perle ist zu alldem passend gewählt. Zu Clairy Browne & the Bangin' Racketts singt oder tanzt Josh zu Beginn einer jeden Episode die poppigen Zeilen von I'll be fine mit, während wir ihn mal beim Kochen, mal beim Putzen, allein oder zusammen mit anderen Figuren beobachten. Denn letztendlich geht es in Please Like Me vor allem um alltägliche Dinge: Ums Essen, Fernsehen, Ausgehen, tiefe und belanglose Gespräche führen, die Ungewissheit darüber, was als Nächstes kommt, und einfach in den Tag hineinleben, mit der Hoffnung, dass alles schon irgendwie gut werden wird. Es ist fast, als schaue man sich selbst beim Leben zu.

In Deutschland sind alle vier Staffeln von Please Like Me auf Netflix als Stream erhältlich.

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