Ratchet & Clank - Ein Universum zwischen PS4 und Film

05.05.2016 - 09:25 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Ratchet & Clank (2016)Constantin Film
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Ratchet & Clank ist ein aktuelles Beispiel für das gelungene Wechselspiel zwischen Kino und Konsole. Dabei haben Tie-Ins seit jeher einen schlechten Stand.

Nachdem wir uns das letzte Mal mit der gegenseitigen Beeinflussung von Film und Computerspiel am Beispiel des Egoshooter-Films Hardcore beschäftigt haben, widmen wir uns diese Woche dem Thema Tie-In. Gelingt die transmediale Vermarktung eines Franchise, freuen sich Studiobosse und Fans gleichermaßen. Dass dies allerdings eher die Ausnahme ist, beweist ein Blick in die düstere Vergangenheit.

Verspielte Filme I : Egoperspektive im Film - Mehr Hardcore geht nicht

Der Friedhof der Computerspielverfilmungen ist übersät mit den Gebeinen digitaler Helden. Neben jeder halbwegs ehrbar zu Grabe getragenen Lara Croft reihen sich dutzende Totgeburten, die selbst die Ungetüme eines Uwe Boll wie die kreativen Ergüsse eines Wunderknaben wirken lassen. Ob unsägliche Live-Action-Adaption von Super Mario Bros. oder grenzdebiles Sequel zum an sich schon äußerst fragwürdigen Mortal Kombat, die meisten Games-Verfilmungen stächen selbst aus einer Müllhalde voll Trash lästig heraus. Seit jeher haftet Filmen über Games der süßliche Pestgeruch raffgieriger Selbstverleumdung an.

Dabei muss in einem Tie-In das Ausgangsmaterial nicht zwangsläufig zum Ungeheuer mutieren. Idealerweise ergänzen sich Spiel und Film zu einem Patchwork mit hoher Eigendynamik. So braucht die erfolgreiche Filmumsetzung das Spiel nicht bloß kopieren, sondern kann etwa einen Nebenstrang der Handlung weiter ausbauen oder eine parallele Geschichte erzählen, was viel Raum für kreative Freiheiten schafft. Dieses sogenannte Phänomen des transmedialen Storytellings bezeichnet die Weise, Geschichten über verschiedene Medien hinweg zu erzählen, wobei die Eigenständigkeit jedes Mediums gewahrt bleibt. Als Musterbeispiel kann die Weltraum-Saga Star Wars gelten, von der es mittlerweile unzählige Computerspiele, Romane, Serien und Comics gibt, die die weit, weit entfernte Galaxis mit einem ganzen Universum an zusätzlichem Content füllen.

Endlich wie ein Jedi fühlen: Star Wars Battlefront

Ein weiterer Fall für einen gelungenen transmedialen Kosmos ist die Matrix. Hierbei wurden bereits während der Dreharbeiten zu Matrix Reloaded und Matrix Revolutions zusätzliche Szenen produziert, die nur im dazugehörigen Computerspiel Enter The Matrix  auftauchen. Angesichts der Tatsache, dass sowohl die Filme als auch das Game hinter den Erwartungen zurückblieben, mag es übertrieben sein, gleich von einem Gesamtkunstwerk zu sprechen. Dennoch ergibt gerade das Zusammenspiel beider Medien einen Mehrwert, der einerseits den filmischen Handlungsraum erweitert und andererseits über das Spielerlebnis hinausweist. Ein Tie-In in diesem Sinne stellt dann nicht mehr bloß ein Produkt zur profitabelsten Vermarktung eines Franchise dar, sondern ermöglicht die aktive Teilhabe daran.

Filmreife Spiele - Spielbare Filme?

Dank moderner Technologien hat die Spieleindustrie inzwischen ein Qualitätsniveau erreicht, das selbst den Vergleich mit großen Blockbuster-Produktionen nicht mehr zu scheuen braucht. Die Games der neuen Konsolengeneration vermögen den CGI-Giganten Hollywoods visuell zwar noch nicht ganz das virtuelle Wasser zu reichen, filmreif sind die Inszenierungen heutiger Computerspiele aber allemal. Ironischerweise ist es inzwischen eher das Ursprungsmedium Film, das sich am Fundus der Computerspiele orientiert, um vor allem beim jüngeren Publikum zu punkten. Sei es gamifiziertes Marketing im Vorfeld der Kinopremiere oder der Vormarsch von 3D und Virtual Reality, das Buzzword der Stunde lautet Interaktivität.

Wie die Symbiose von Film und Game ebenfalls erfolgreich umgesetzt werden kann, zeigt das Reboot von Ratchet & Clank. In der langen und schmachvollen Geschichte der Spieleverfilmungen muss man der Leinwandadaption vor allem zugute halten, dass sie dem Ausgangsmaterial Respekt erweist und dennoch als eigenständiges Werk funktioniert.

Statt einfach bloß die Lizenz an ein externes Filmstudio abzutreten, entschied man sich dazu, das Universum von Ratchet & Clank simultan vom Spieleentwickler Insomniac Games auf die PS4 sowie von Rainmaker Entertainment ins Kino zu verfrachten. Diese enge Kooperation sorgte nicht nur dafür, dass etwaige Ungereimtheiten in Stil oder Erzählung von vornherein vermieden wurden, sondern half ebenso dabei, die Abenteuer von Ratchet und Clank auch einem Publikum näher zu bringen, das womöglich noch nie mit dem seit 2002 existierenden Franchise in Kontakt gekommen ist. Eine Win-Win-Situation für alteingesessene Fans und Neuankömmlinge gleichermaßen.

Ratchet & Clank (2016)

Ebenso wie das spielerische Pendant erzählt der Film die Geschichte des Lombax Ratchet (eine Art Hybrid aus Katze und Fuchs), der sich als tierischer Luke Skywalker auf einem Wüstenplaneten als Mechaniker verdingt. Sein Leben wird aus seiner langweiligen Bahn gerissen, als eines Tages der Roboter Clank auftaucht und Ratchet vor dem bevorstehenden Ende der Galaxis durch den bösen Dr. Nefarious warnt. Gemeinsam schließen sie sich den Galactic Rangers an, einer intergalaktischen Version von Marvel's The Avengers, um dem Schurken das Handwerk zu legen.

Dass für die Geschichte des Spiels und für das Drehbuch des Films derselbe Autor T.J. Fixman verantwortlich war, wird im Spiel für eine angenehme Prise Selbstironie genutzt. Dessen Handlung wird nämlich losgetreten, als ein Fan dem Anführer der Galactic Rangers, Captain Qwark, von den Leinwandeskapaden des Duos Ratchet und Clank erzählt. Dieser rümpft abfällig die Nase darüber, da es ja nur ein CGI-Film sei, um dann seine eigene Variante der Geschichte zum Besten zu geben.

Auch sonst haben die Macher stark darauf geachtet, dass Film und Spiel jeweils eine andere Erfahrung bieten, aber dennoch ein Zusammenhang erkennbar bleibt. Während der Film sich mehr um die Helden selbst dreht, rücken im Spiel vor allem die verrückten Waffen und das Gameplay in den Vordergrund. Die Kollaboration ging sogar so weit, dass Grafiker und Animatoren an beiden Projekten zugleich beteiligt waren. Das erklärt auch, warum die Hintergründe und die Charakteranimationen wie aus einem Guss erscheinen.

Die Bande zwischen Kino und Konsole sind heutzutage enger denn je. Zahlreiche kommende Filme wie Angry Birds, Warcraft: The Beginning oder Assassin's Creed sind hierfür Beleg. Wir dürfen also gespannt sein, ob nun die goldene Ära der Computerspielverfilmungen anbricht.

Nächste Woche schauen wir uns an, wie Computerspiele die Ästhetik von Actionfilmen beeinflussen.

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